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Lieber Osama

Lieber Osama

Titel: Lieber Osama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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zittern.
    - Terence? Es ist alles okay. Tut mir leid, ich hab einfach zu tief ins Glas geschaut, aber ich bin gleich wieder auf dem Damm. Geh schon mal raus, ich komme sofort.
    - Sicher?, sagte Terence Butcher.
    - Klar.
    Ich streichelte Jasper übers Haar. Dann ging Terence raus, und Jasper konnte aufatmen.
    - Großer Gott, sagte er. Danke.
    Seine Stirn sank auf meine Schulter, er zitterte am ganzen Leib. Ich streichelte ihn weiter und schob vorsichtig seine andere Hand nach unten, bis sein Daumen aus mir rausflutschte. Ich zog seinen Kopf näher zu mir heran und flüsterte:
    - So ist es gut. Braver Junge. Du warst wohl sehr allein, nicht?
    Jasper erwiderte nichts. Sein Atem an meinem Ohr ging flach und schnell und wurde nach und nach zu einem Schluchzen. Er machte kein Theater mehr, heulte sich nur still bei mir aus und hörte auch so bald nicht damit auf. Man sollte meinen, die ganze Traurigkeit in uns müsste ohrenbetäubend gewesen sein, aber in Wahrheit machte sie weniger Lärm als das Tropf-tropf des Wasserhahns draußen vor der Tür.

 
    Z URÜCK AN UNSEREM T ISCH , lächelte ich Terence Butcher zu – und dem Drink, den er mir hingestellt hatte.
    - Ah. Ein Gin Terence. Wunderbar.
    - Sicher?, sagte er. Hast du nicht eher schon genug getrunken?
    - Ach was. Das war vor zehn Minuten.
    - Na gut, sagte er. Aber dann beklag dich morgen nicht über den Kater.
    Terence Butcher stand auf, und ich trat zu ihm, legte den Arm um seine Hüfte, schmiegte meinen Kopf an seine Brust. Ich schloss die Augen, und die Flammen und Metallsplitter waren verschwunden. Nur mein Junge war noch da und spielte draußen vor dem Wohnwagen im tiefen Gras. Ich machte die Augen wieder auf und sah Terence Butcher an.
    - Du bist schon schwer in Ordnung, Terence, weißt du? Wir tranken unsere Gläser aus, und zusammen gingen wir an die Bar, um noch eine Runde zu bestellen, aber der Wirt meinte, sie würden jetzt dichtmachen. Worauf Terence sagte, er könne ja abschließen, aber wir würden weiterfeiern.
    - Nein, das geht nicht, sagte der Wirt. Die Polizei ist ziemlich strikt zurzeit.
    - Jetzt passen Sie mal auf, sagte Terence. Die Polizei ist gerade so schön angeheitert. Sie hat nämlich eine anstrengende Woche hinter sich, die Polizei, wo sie einmal mehr verhindert hat, dass Leute wie Sie in die Luft gesprengt werden. Und wenn wir uns nicht ab und zu betrinken dürfen, um ein bisschen Dampf ab zulassen, dann werden wir ziemlich ungeschmeidig. Und wenn wir ungeschmeidig sind, können wir unseren Job nicht mehr richtig machen. Und das bedeutet, dass Leute wie Sie bald nicht mehr leben. Mein Vorschlag zur Güte: Ich gebe Ihnen eine schriftliche Anweisung, Ihren Laden aus Sicherheitsgründen noch 10 Minuten länger geöffnet zu halten.
    Der Wirt grinste.
    - Wie Sie meinen, Sir. Ich leiste gern einen Beitrag zur nationalen Sicherheit.
    - Guter Mann, sagte Terence Butcher.
    Das Ganze gab er dem Wirt auch noch schriftlich auf der Rückseite eines Bierdeckels, und wir bekamen dafür 2 Drinks spendiert.
    Endlich, gegen halb 12, wankten wir aus der Tür, und draußen war die Hölle los. Alle wollten noch vor der Ausgangssperre nach Hause. Mehrere Hubschrauber knatterten mit einem Heidenlärm im Tiefflug über die Approach Road stadteinwärts, dorthin, wo sich ein Rest von Abenddämmerung hielt. Niemand wollte in dem Moment an den Tod erinnert werden, deshalb zeigten ihnen die Leute vor dem Pub den Stinkefinger. Die Hubschrauber wirbelten einen wahren Tornado von Müll aller Art auf, der sich dann in sämtliche Richtungen verteilte.
    Burger-King-Tüten, Zigarettenkippen und benutzte Kondome flogen herum.
    Glücklicherweise erwischten wir sofort ein Taxi. Terence winkte uns eins heran und nannte die Adresse: Barnet Grove. Als der Taxifahrer ablehnte, zeigte ihm Terence seinen Dienstausweis und fragte ihn, ob er seine Lizenz verlieren wolle. Wir stiegen also ein, und Terence knallte die Tür zu. Mit einem Schlag schienen die Hubschrauber und der Müll ganz weit weg, alles war still außer dem Fahrer, der sich immer noch nicht einkriegte, von wegen so was müsse immer ihm passieren.
    - Gott sei Dank, sagte Terence.
    Er ließ sich in die Polster sinken und war mir auf einmal näher als nötig. Ich spürte sein Bein an meinem und dann seinen Körper, als wir nach rechts in die Old Ford Road einbogen.
    - Na, das war doch ein netter Abend, sagte er. Du hattest Recht, genau das, was der Doktor verordnet hat.
    Ich sah einfach nur aus dem Fenster. Mir war gar

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