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Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Titel: Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sinclair
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laden mich ein, bei ihnen zu Hause, nur ein paar Schritte entfernt, noch ein Glas Wasser zu trinken. Die Hitze ist drückend. Die Bürgermeisterin, Conchita Lacuey, sozialistische Abgeordnete der Gironde, kommt vorbei, begrüßt mich herzlich lächelnd, staunt über die Zufälle des Lebens und macht ein Foto. »Man kann nie wissen«, sagt sie an diesem Spätsommertag unbefangen und freundlich.
    Ihre eigenen Großeltern, die als Republikaner verfolgt wurden, waren aus Spanien hierher geflüchtet, kurz nachdem meine Familie in die Gegenrichtung floh.
    Schicksale, die sich gekreuzt haben …
      1 Im August 1939 schlossen Deutschland und die Sowjetunion überraschend einen Nichtangriffspakt. (A.d.Ü.)
      2 Zitiert nach Alex Danchev, Braques zuverlässigstem Biografen, in:
Georges Braque, A Life,
New York 2005.
      3 Der Brief wird in den Notizen der Anwälte zitiert, die sich nach dem Krieg um die Rückerstattung kümmerten. Familienarchiv.
      4 Alle zitierten Briefe von und an Matisse befinden sich im Archiv Henri Matisse.
      5 Paul Rosenberg, »French artists and the war«, in:
Art in Australia,
Dezember 1941–Januar 1942
      6 Emmanuelle Loyer,
Paris à New York. Intellectuels et artistes français en exil (1940–1947),
Paris 2005
      7 Der Historiker Marc Bloch, mit Lucien Febvre zusammen Gründer der
Ecole des Annales
und Autor eines der schönsten Bücher über das Ende der III. Republik,
L’Etrange Défaite
(dt.:
Die seltsame Niederlage: Frankreich 1940 – der Historiker als Zeuge,
Frankfurt/M. 1992).
      8 Vgl. Dan Franck,
Minuit,
Paris 2010: Das isolationistische Amerika Roosevelts wollte zunächst gute Beziehungen zur Vichy-Regierung aufrechterhalten und nahm auf dessen Empfindlichkeiten Rücksicht, indem es Flüchtlinge nicht mit offenen Armen aufnahm.
      9 Familienarchiv

IM CENTRE POMPIDOU
    B EI MEINEN NACHFORSCHUNGEN drohen der Krieg, der in unserem Haus in der Rue La Boétie seine Spuren hinterlassen hat, die Umstände des Aufenthalts in Floirac und die verzweifelte Suche nach einer Zuflucht in den Vereinigten Staaten allmählich überhandzunehmen.
    Ich will wieder zu meinem ursprünglichen Vorhaben zurückkehren, das heißt zu meinem Großvater und seinem Beruf, und im Familienarchiv weitersuchen. Aber bevor ich dazu nach New York fahre, wo es lagert, rufe ich in Paris im Centre Pompidou an. Dessen Direktor Alfred Pacquement reagiert eher kühl, doch der Leiter der Kandinsky-Bibliothek, Didier Schulmann, ist sehr freundlich.
    Wir verabreden uns für den zehnten Mai. Der zehnte Mai? Genau neunundzwanzig Jahre nach Mitterrands Wahlsieg … Was für einen Zusammenhang es da gibt? Gar keinen, er besteht nur für mich: So lang war der Weg, der mich von der Politik zur modernen Kunst und dazu gebracht hat, dieses Buch zu schreiben!
    »Wir haben nichts Interessantes über Ihren Großvater«, erklärt mir Didier Schulmann bei unserem Treffen, »außer einigen Fotoplatten, die nicht hier aufbewahrt werden.« Auch Christian Derouet, einer der Konservatoren des Centre Pompidou, empfängt mich liebenswürdig. Er war für die Kandinsky-Ausstellungvor ein paar Jahren verantwortlich, hat lange am Nachlass von Léonce Rosenberg gearbeitet und sei dabei oft, erzählt er, auf Léonces Bruder Paul gestoßen.
    Den kühlen Empfang durch Monsieur Pacquement erkläre ich mir damit, dass er womöglich immer noch einen gewissen Groll gegen meine Familie hegt, die vor etwa zehn Jahren ein Gemälde aus den Kellern des Centre Pompidou zurückgefordert hatte, das den Stempel MNR (Musées Nationaux Récupération«[ 1 ] trug. Das Museum hatte damals Probleme gesehen, dieses Bild, Fernand Légers
Femme en rouge et vert (Frau in Rot und Grün)
, auch
Chevalier à l’armure
genannt, zurückzugeben, weil die Verantwortlichen nicht wussten, ob das Werk Paul oder Léonce Rosenberg gehört hatte – obwohl sie bereitwillig einräumten, dass es in der Rue La Boétie gestohlen worden war. Das Gericht entschied ganz logisch, im Zweifel gehöre das Bild zu gleichen Teilen beiden Familien, und beauftragte die Erben – meine Mutter, ihre Schwester und die Nachkommen Léonces – mit der Aufteilung, die auch problemlos vonstattenging. Das Centre Pompidou konnte sich mit Recht darauf berufen, es wisse nicht, welchem Teil der Familie das Bild zurückgegeben werden müsse, aber es war auch ein gewisses Zögern des Museums herauszuhören, sich von dem schönen Werk zu trennen.
    Da sich nicht alle Rosenberg-Cousins und -Cousinen das

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