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Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Titel: Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sinclair
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ich schleppe Steine vom Strand hierher, die manchmal über 20 Kilo wiegen.«[ 2 ] Die Niederlage traumatisierte ihn, 120.000 Tote und 200.000 Verletzte in ein paar Wochen, ein gedemütigtes Volk: »Hitler hat in sieben Wochen getan, wovon die Deutschen siebzig Jahre geträumt hatten.«
    Als die deutschen Truppen nach Dieppe kamen, zehn Kilometer von seinem Anwesen in Varengeville entfernt, suchte Braque mit seinen schönsten Bildern – eine sehr provisorische – Zuflucht bei den Rosenbergs in Floirac. Seine Frau Marcelle und er brachten auch das bisschen Gold mit, das sie besaßen. Auf den Rat meines Großvaters hinterlegte Braque alles bei derselben Bank in Libourne, in einem benachbarten Schließfach.Natürlich wurde auch dieses gewaltsam geöffnet und der Inhalt wie Pauls Bilder von den Deutschen gestohlen.
    1942 erhielt Braque von der Bank einen fast schon komischen Brief, in dem es um das von den Nazis aufgebrochene Schloss ging, das auf Kosten der Bank hatte ersetzt werden müssen: »Wir wären Ihnen sehr verpflichtet, wenn Sie uns den Betrag der so verursachten Auslagen erstatten würden, das heißt 1.000 Francs für die Sachverständigenkosten und 200 Francs für unsere Mühe.«!![ 3 ]
    Matisse hatte sich in Nizza niedergelassen.
    Am 16. Juli 1939 verlängerte er den 1936 mit Rosenberg geschlossenen Vertrag, mit der Einschränkung, dass er im Konfliktfall unwirksam würde. Am 10. Oktober schlug Matisse Paul einen dritten Vertrag vor, einen »Kriegsvertrag«, der am 30. Oktober unterzeichnet wurde. »Bei der ungewissen Entwicklung des Marktes erscheint mir ein einjähriger Vertrag vernünftig (…). Ich sah schon das goldene Zeitalter der Künste wiederkehren, das heißt eine Zeit, in der es gar nicht infrage kam, dass ein Künstler seine Freuden und Qualen zur Schau stellte (…) eine Zeit, in der er seine Werke nicht schon zeigen musste, wenn sie gerade erblüht waren, sondern erst nachdem er eine Zeit lang mit ihnen zusammengelebt hatte, bis sie reif waren (…) Unmöglich bei unserem Stand der Zivilisation, und man muss sich damit abfinden, seine Kinder zu verlassen, bevor man sie hat heranwachsen sehen«, schreibt er über seine Bilder. »Und nun holt mich Ihre unbezähmbare Aktivität aus diesem Zustand, der, obwohl von den Umständen aufgezwungen,der Meditation so förderlich ist. Ich lasse mich in Versuchung führen: das goldene Kalb steht immer noch!«[ 4 ]
    Die Verlängerung des Exklusivvertrags zeigt, dass beide trotz allem ein gewisses Vertrauen in die Zukunft hatten. Paul schrieb ihm, er wolle von Tours nach Bordeaux ziehen, damit sein Sohn Alexandre »nicht ganz dem Müßiggang verfällt«, sein Studium fortsetzen (Tours war damals keine Universitätsstadt) und seine vormilitärische Ausbildung beginnen könne. Bei der Lektüre dieser Briefe aus der ersten Hälfte des Jahres 1940, vor der Katastrophe, scheint die Leidenschaft für die Kunst die politischen Ereignisse in den Hintergrund zu drängen, deren Ausgang zu der Zeit ja auch noch ungewiss war.
    Der Ernst der Lage entging vielen. Für April 1940 hatte das Art Institute of Chicago für Paul und seine Bilder eine Tournee durch Amerika geplant, die natürlich in Chicago beginnen sollte: eine Vortragsreihe über die französische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts anhand der entsprechenden Gemälde.
    Schon während des »drôle de guerre« fuhr Paul sogar zu einem Besuch in Matisses Atelier nach Nizza und kehrte mit einigen Gemälden unter dem Arm zurück. Glücklich über den Besuch, schrieb er, kaum angekommen, einen Brief an Matisse. Offenbar hatte er es eiliger, die Bilder seines Freundes aufzuhängen, als seine Familie zu begrüßen: »Ich fand Sie in großartiger Verfassung (…) ich habe Ihre neuen Werke gesehen, die, je länger ich darüber nachdenke, die glücklichsten sind, bester Matisse. (…) Diejenigen, die ich hierher mitgebracht habe, wurden gleich bei meiner Ankunft im Castel um 2.30 Uhr an den Wänden des Salons aufgehängt. Nachdem ich sie noch einmalbetrachtet hatte, bin ich zu meiner Familie gegangen, um Guten Tag zu sagen. Ich war recht müde nach der achtzehnstündigen Fahrt, der Anblick Ihrer Bilder hat mir neue Kraft gegeben (…) Ich fühle mich sehr geschmeichelt und geehrt, Ihre Wertschätzung und Ihr Vertrauen zu genießen (…). In der kommenden Woche fahre ich nach Paris und öffne die Galerie wieder, mit fünf neuen Matisses, fünf Braques und fünf Picassos: Was für eine schöne Wiedereröffnung!« Paul

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