Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)
mit Gewalt und Ungerechtigkeit.
Es machte mir kaum noch Vergnügen, durch ihre Straßen zu schlendern.
Natürlich bin ich wieder in der 57. Straße gewesen, auf dem Bürgersteig zwischen Fifth und Madison Avenue, an dem sich einst die erste Galerie Rosenberg befand und heute ein Luxusladen an den anderen reiht. Ich war auch in der 79. Straße vor dem Haus der letzten Galerie der Familie in der Upper East Side, die ich heute erstaunlich banal finde.
Ich bin durchs MoMA spaziert, wo im Saal der Impressionisten, der so reich ist an überwältigenden Kunstwerken, jenes Porträt hängt, das ich so liebe: das des Postmeisters Joseph Roulin, van Goghs Freund und Modell mit dem grau gesprenkelten Bart, der an seiner Mütze stolz das Schild »Postes« trägt und den Betrachter unverwandt anblickt. Dieses Bild haben meine Großeltern dem Museum geschenkt, als Dank an das Land, das ihnen Zuflucht geboten und erlaubt hatte, ihre Würde wiederzugewinnen. Soll ich ihm von jetzt an wegen einer besonders leidvollen Episode böse sein?
Das ist eine andere Geschichte, gewiss, aber ich war nichtdarauf gefasst, dass diese Seiten, die mit einer in Frankreich angezweifelten Identität begannen, mit einem traurigen Zwangsaufenthalt in den USA enden würden. Auch nicht darauf, dass die süßen Kindheitserinnerungen mit dem Chaos der Wirklichkeit zusammenprallen. Als Journalistin könnte ich vielleicht ein Buch darüber schreiben …
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Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers
ist für mich eines der schönsten Bücher von Stefan Zweig, sein letztes.
Mein Großvater vor dem Ersten Weltkrieg im Cutaway
Mein Onkel Alexandre Rosenberg, genannt Kiki, bei der Befreiung von Paris, nachdem er vier Jahre als Leutnant in der 2. Panzerdivision General Leclercs gekämpft hatte. Er übernahm nach dem Tod meines Großvaters die Leitung der Galerie »Paul Rosenberg & C O «.
Katalog der Ausstellung von 1926
Mein Großvater 1916 als Soldat
Galerie Paul Rosenberg, 57. Straße, New York 1941–1953
Micheline als Krankenschwester
, Picasso-Zeichnung meiner Mutter. Das Original ist im Krieg verschwunden und nie wiederaufgetaucht.
Die Eingangshalle der Galerie in der Rue La Boétie auf dem Umschlag eines Ausstellungskatalogs von 1935
Innenansicht der Galerie in der Rue La Boétie auf einem Ausstellungskatalog von 1936
Micheline mit dem Häschen
, Zeichnung von Picasso. Das Original ist im Krieg verschwunden und ebenfalls nie wiederaufgetaucht.
Porträt von Madame Rosenberg und ihrer Tochter
von Picasso (1918)
Handschriftlicher Brief meines Großvaters an Picasso 1921, in dem er mit Verve ›seine Harlekine‹ anmahnt
Postkarte, die Picasso 1919 aus London an meine damals zweijährige Mutter schickte
Umschlag des Katalogs der Picasso-Ausstellung in der Rue La Boétie 1927
Fotografie von Picasso mit Widmung für meinen Großvater, Zwanzigerjahre
Treppe des Hauses in der Rue La Boétie, man erkennt Bilder von Picasso und Masson.
Ansicht des Ausstellungsraums in der Rue La Boétie während einer Ausstellung von Picasso und Marie Laurencin
Foto eines Stilllebens von Georges Braque, das als Muster für die in den Boden der Galerie eingelassenen Marmorplatten diente.
Gläserne Fotoplatte einer Braque-Ausstellung 1937, von der Zeit – oder den Besatzern? – beschädigt.
Ausstellung von Zeichnungen Henri Matisses im Juni 1937
Matisse-Ausstellung, Oktober/November 1938
Mein Großvater in den Dreißigerjahren mit einem Matisse-Gemälde
Bei der Einweihung des Instituts zur Erforschung der Judenfragen (IEQJ) in den Räumen der Galerie in der Rue La Boétie. Man erkennt Louis-Ferdinand Céline, der als prominenter Gast geladen war.
Zwei Plakate der Ausstellung »Der Jude und Frankreich« im Palais Berlitz 1941, organisiert vom IEQJ
Aufhängung des Porträts von Marschall Pétain in der Eingangshalle der Rue La Boétie 21 für die Eröffnung des IEQJ im Mai 1941
Céline im Mai 1941 im IEQJ
Antisemitische Propaganda mit »genetischem Stammbaum« im Festsaal des IEQJ
Ein Plakat im Festsaal des IEQJ, auf dem ein »jüdischer Raubvogel« ein ausgeblutetes Frankreich verschlingen will. Man erkennt die Holztäfelungen und das verglaste Dach des Ausstellungssaals meines Großvaters.
Mein Großvater in einer seiner häufigsten Haltungen, beim Prüfen eines Gemäldes.
Telegramm meines Großvaters an die Kommission für die Aberkennung der Staatsbürgerschaft vom 26. März 1942, nachdem er erfahren hatte, dass die Vichy-Regierung ihn
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