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Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Titel: Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sinclair
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erkundet hatte.
      1 »faisan« heißt im Französischen nicht nur Fasan – dessen Fleisch vor dem Braten sehr lange abhängen muss –, sondern auch Gauner, Betrüger. (A.d.Ü.)

PAUL UND AMERIKA
    P AUL UND AMERIKA , das war in der Tat schon eine lange Geschichte. Er kannte das Land gut, weil er schon sehr früh versucht hatte, sich dort für die Kunst einzusetzen, die ihm am Herzen lag. In den Zwanzigerjahren stand er in Korrespondenz mit John Quinn, einem amerikanischen Anwalt und Sammler, der ihm begreiflich zu machen versuchte, es sei noch zu früh: »Schon vor fünf oder sechs Jahren hat Knoedler eine Cézanne-Ausstellung gemacht, und die Leute haben gelacht, was sie heute nicht mehr täten, aber vor fünf oder sechs Jahren war das eben so.«[ 1 ] Im Mai 1922 versuchte er Paul zu überzeugen, dass »weder Knoedler noch Gimpel, noch Wildenstein oder Durand-Ruel Picasso zeigen werden, weil ihre Kunden für diese Malerei noch nicht offen sind. Die Händler glauben nicht an die moderne Kunst.«
    Aber Paul blieb hartnäckig. Im selben Jahr 1922 war er in Chicago. Von New York bis … Kansas City (!) predigte Paul die zeitgenössische Kunst und war trotz der geringen Begeisterung des amerikanischen Publikums begierig darauf, die ihm teuren Matisses, Picassos und Braques in der Neuen Welt zu zeigen, die sie nicht verstand.
    Am 23. November 1923 organisierte Paul – wahrscheinlichin der Galerie von Georges Wildenstein, mit dem zusammen er damals Picasso vertrat – die erste Ausstellung des spanischen Malers in New York. Er schrieb an Picasso: »Ihre Ausstellung ist ein großer Erfolg, und wie bei allen Erfolgen verkaufen wir absolut nichts! Man muss verrückt sein wie ich, oder erleuchtet wie ich, um etwas Derartiges zu unternehmen.«[ 2 ]
    Er zeigt sich kritisch gegenüber Amerika. Im November 1923 schrieb er Picasso: »Hier herrscht Ordnung, aber die europäische Ungezwungenheit fehlt. Das Goldene Kalb steht noch; das einzige, was hier zählt, ist der Geldadel. Alles ist kolossal, selbst die Museen. Der schlechteste Maler bei uns ist hier der beste. (…) Sie haben hier eine Sammlung von Rembrandts wie ich eine von Picassos, eine ganz unvorstellbare Zahl. Jedes Haus, das auf sich hält, hat seinen Rembrandt oder seinen Tizian. (…) Ich habe Ihre Bilder bekommen, sie sind herrlich, aber ich fürchte, man mag sie hier nicht. Ich rechne mit vielen Leuten, das heißt, mit drei Besuchern pro Tag! (…) Wenn das Heimweh mich packt, spreche ich mit meinen Bildern, dar unter die Ihren. Ach, mein geliebtes Paris, nur dort kann man leben.«
    Ein paar Wochen darauf stimmte das brodelnde Leben New Yorks ihn milder: »Es gefällt mir besser: Hier spürt man Willensstärke und Kraft«, aber über den Geschmack der Amerikaner spottete er immer noch: »Ihre Ausstellung ist ein großer Achtungserfolg. Aber wo man in Paris erdrückt worden wäre, sind hier wenige Besucher. Bei sechs Millionen Einwohnern sechzig Besucher pro Tag! (…) Dabei steht es in allen Zeitungen, was brauchen die Käufer denn noch? Der Neue Kontinent geht nicht zur Neuen Malerei, das heißt zu der Kunst,die ihrem Wesen nach über der Zeit steht. Er hängt an der Malerei der Vergangenheit, das heißt an Konventionen.«
    Von einer anderen Amerikareise schrieb er 1934 nach wie vor skeptisch an Picasso: »Die Bonnard-Ausstellung hat hier gar keinen Erfolg gehabt. Das ist zu subtil für sie. Zu viel Geschmack. Zu viel Geschmack und zu wenig Formen!« Auch im ersten Kriegsjahr, als die Korrespondenz mit Europa noch funktionierte, war er noch streng und kritisierte die Bürger der Neuen Welt. Als er im
Life Magazine
die Porträts von Matisse und anderen französischen Künstlern sah, schrieb er an Matisse: »Reichlich spät, denn die, die hier dargestellt werden, sind seit über dreißig Jahren in der ganzen Welt anerkannt! Aber besser spät …«
    Doch kehren wir zum Anfang der Dreißigerjahre zurück. 1934 beschloss Paul, in New York eine Ausstellung mit den drei Großen, Braque, Matisse und Picasso, zu veranstalten. An Letzteren schrieb er: »Diese Ausstellung wird viel Gutes bewirken, denn sie wird dem Publikum die neue Ausdrucksweise von Malern vor Augen führen, von denen es schon gehört, aber noch nie etwas gesehen hat. Die Reaktion ist geteilt, alle bleiben lange, es quält sie, dass sie nichts verstehen. (…) Meine vorige Ausstellung, die von Ingres bis Cézanne reichte, war eine Pracht, aber eine unnötige Wiederholung. Das war Vergangenheit, und es

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