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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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einfügen, den Film belichten und die US-Version an Ort und Stelle drucken.
    »Der digitale Verbund ermöglicht es, daß das Cover an demselben Tag ankommt, an dem es produziert und abgeschickt wird. Da sind ja acht Stunden Zeitunterschied zu berücksichtigen, wissen Sie. Je nachdem, wie umfangreich der Auftrag ist, kann es zehn Minuten oder vier Stunden dauern, alles zu übermitteln. Für die Plattenfirmen ist das ungeheuer praktisch, weil sie ihr Produkt so viel schneller weltweit verbreiten können. Statt sich auf Kuriere zu verlassen, die Tage oder Wochen brauchen können und vielleicht aufgehalten werden, drückt man auf einen Knopf, und... summm! Rauf zum Satelliten und wieder runter. Gleich ist es da, pünktlich, sicher und schnell. Das ist wichtig für Ghea zum Beispiel, die zeitgleich zwei tripleformatige Neuerscheinungen plant — also CD, Kassette und LP — , Johnny Waits und Carla Blue, weltweit am nächsten Freitag, rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft. Das Timing ist sehr wichtig... und nachdem Carla Blue jetzt gestorben ist, wird die Nachfrage enorm sein.«
    Sie war aus einem an der Steilküste in den Fels gehauenen Swimmingpool ins Meer geschwemmt worden, auf den Tag ein Jahr, nachdem Johnny Waits seinen letzten Trip gemacht hatte. Am 22. November. Den Boulevardblättern entging der Zusammenhang nicht. Sie habe allen gehört, behaupteten sie. Sie nahmen ein altes Bild von ihm und das Coverfoto von ihrem Night-Drive-Album für eine Doppelseite. EINE GENERATION TRAUERT, weinte die dicke schwarze Schlagzeile, und, jawohl, eine ganze Generation zog los in die Plattenläden und kaufte deren Ware in großen Mengen. Es hätte nicht besser laufen können, wenn sie einen Wohltätigkeitsauftritt gemacht hätte. Die arme Carla, das Karrieregirl, hatte den ultimativen Karriereschachzug gemacht.
    Und da war sie nun, dauerhaft angetörnt in glänzendem Vierfarbendruck. Als ich auf sie hinunterschaute, hatte ich Mühe, meine Selbstbeherrschung zu bewahren, denn ein wütender Schrei schwoll aus der Tiefe meiner Brust herauf. Ich ballte die Fäuste, lockerte sie wieder, und die Spannung löste sich. Er hatte natürlich recht: Ihre LP würde einen Extra-Umsatz hinter sich her ziehen wie ein Meteor, dessen Schweif sich über das ganze Himmelsgewölbe erstreckt. Sie war vorausschauend gewesen, kurz vor Weihnachten zu sterben und die Kugel ins Rollen zu bringen. Ein schmuddeliger Schneeball wie Halleys Komet, mörderisch eindrucksvoll aus der Ferne, aber ein großer Haufen kosmische Scheiße, wenn man ihn aus der Nähe zu sehen bekam.

    »Hör dir das an! Komm schon, komm schon, laß das mal, hör hier zu...«
    Carla sprang vor lauter Aufregung auf dem Sofa auf und ab. Sie riß sich den Kopfhörer herunter und zog den Stecker heraus, und der Klang eines Radio-Jingle erfüllte den Raum. Es war eine Sendung zum Anrufen, und Carla liebte Anrufsendungen, wenn sie zu Hause war. Sie fand, man lernte eine Menge über die Menschen bei diesen Anrufsendungen. Man lernte eine Menge über die Menschen, die bei diesen Anrufsendungen anriefen, hatte ich darauf bemerkt.
    »Jetzt gleich, wenn das vorbei ist... da hat jemand Hummer!« jauchzte sie.
    »Du meinst wohl Krebs?« fragte ich und legte mein Buch aus der Hand.
    »Nein, du doofe Kuh. Es ist keine Problemsendung. Es ist der Tierpsychologe. Die Leute rufen an, weil sie Probleme mit dem Verhalten ihrer Tiere haben, aber dabei weiß man die ganze Zeit, daß sie selber schuld sind; sie sind das Problem, weil sie verrückt sind. Sie können ihre Tiere nicht als Tiere behandeln, verstehst du? Sie geben ihren Hunden Schokodrops und Zungenküsse und nehmen sie mit ins Bett. Sie stecken ihren Sittich allein in einen Käfig mit Sägemehl auf dem Boden, und dann wundern sie sich, weshalb er sich vor lauter Langeweile die Füße zerkaut. Wenn der Vogel masturbieren könnte, würde er es tun, bloß um sich die verdammte Zeit zu vertreiben. Du mußt dir mal ein paar von denen anhören... Eine Frau in Dagenham hat Probleme mit ihren Hummern. Sie will, daß der Typ ihre gottverdammten Hummer psychoanalysiert.«
    Der Jingle war vorbei. »Hi, Pat, hier spricht Steve Webb. Willkommen in unserer Show. Welche Frage haben Sie an unseren Tierpsychologen Charles Fairweather?«
    »Meinen Hummern geht’s nicht gut. Ich hab’ sie für mein Aquarium gekauft. Der eine hat seine Schale abgeworfen und ist eingegangen, und der andere sieht gar nicht gut aus; er liegt auf dem Rücken und dreht sich im

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