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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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sorgfältig, wie man mit einem Kind spricht. »Natürlich ist das mein Ernst, du Idiotin. Wofür hältst du mich denn? Bist du völlig blind? Und was ist mit dir? Bist du dir deiner selbst absolut sicher? Wieso ist das alles so lustig?«
    Die Fragen strömten mir durch den Kopf, aber ich konnte ihr keine Antwort geben. Vor Schreck war mein Mund wie ausgetrocknet. Ich starrte sie an und umklammerte mit beiden Händen mein halbleeres Glas. Die berühmte Carla, blond und verführerisch. Die blaue Sirene, das Generation Girl, der feuchte Traum für ein Dutzend Redakteure in der Fleet Street, das Cover Girl, das mit einem einzigen bösen, aber gesunden Lächeln garantiert Millionen und aber Millionen Hochglanzmagazine verkaufte.
    Ich wußte, wer sie wirklich war. Sie war Charlotte Ball, meine Schulkameradin — die, die zu klein war, um sich meine Sachen auszuleihen und sie dann nie wieder zurückzugeben; die, die beim Krippenspiel immer Engel war, wenn ich einen Hirten spielte. Die, die in dreißig Sekunden eine Flasche Quink-Tinte austrank und dafür mein Taschengeld für eine Woche kassierte. Sie war eine Freundin, ein Kumpel. Eine trinkende, tanzende, Parties feiernde, essende, klönende, juxende, weinende, lachende Busenfreundin. Ich kannte dieses Lächeln. Ich kannte sie. Aber das hier kannte ich nicht. Womit hatte ich sie auf die Idee gebracht, daß sich irgend etwas geändert hätte? Wir hatten viel Zeit miteinander verbracht. Wir waren Freundinnen, richtige Freundinnen, weiter nichts. Meine Güte, aber sie war gewachsen. Ich blickte zu ihr auf, und sie funkelte auf mich herunter mit diesen dunkelbraunen Augen, feucht und glänzend, am ganzen Leibe angespannt, den Mund verzogen vor Wut und Bestürzung.
    »Ich verstehe nicht...«
    Carla verdrehte frustriert die Augen. Sie setzte sich hin, lehnte sich über den Tisch und legte die Hände an die Schläfen. »Ich liebe dich. Du verstehst, was das heißt, ja? Liebe ist nicht bloß eine süße Sache, die zwischen Jungs und Mädchen passiert, weißt du. Herrgott noch mal! Ich kann nicht glauben, daß du es nicht wußtest. Ich dachte, du hättest es begriffen.«
    »Glaub’s nur«, antwortete ich steif und wischte mir die Finger an einem Küchentuch ab. Schweigend saßen wir da. Mir fiel keine einzige Frage ein, die ich ihr hätte stellen können, ohne zu klingen wie eine Kreuzung zwischen Sozialtherapeutin und Voyeurin, keine einzige Bemerkung, die nicht unaufrichtig geklungen hätte. Ich konnte ihr einfach nicht in die Augen schauen. Es war peinlich. Sie gab mir das Gefühl, prüde zu sein. Ich spürte, wie ihr Ärger die Luft zwischen uns zerfraß.
    Carla half mir aus der Klemme, und ihr Tonfall war abgebrüht. »Ich dachte, du hättest die Männer aufgegeben.«
    »Das heißt doch nicht, daß ich jetzt mit Frauen anfange. Ich lasse es bloß mal ’ne Weile sein. Männer machen mich an, das ist mein Problem. Frauen nicht, aber ich wußte bisher nicht, daß das auch eins ist.«
    »Ach, um Himmels willen. Du würdest in alle Ewigkeit deinen flaumigen Nabel betrachten. Was du wirklich nötig hast, ist jemand, der es für dich macht. Ich könnte das. Ich kann in dir lesen wie in einem Buch. Ich weiß, was dir fehlt. George, ich könnte dich anmachen.«
    »Immer voran, Schwester.«
    Das war eine verbale Ohrfeige, und Carlas Gesicht straffte sich, als hätte meine Hand ihre Wange getroffen.. »Ach, ich verstehe! Immer voran, Schwester. Sehr gut. Lesbe sein, das bedeutet Slogans, Schwesternschaft, Feminismus, Kampf gegen sexuelle Stereotype und Männerherrschaft, das bedeutet Latzhosen und militanten Sozialismus, linkes Spinnerinnentum, Kampagne für nukleare Abrüstung, Greenham Common, grüne Themen, rettet die Wale und vielleicht, ganz am Ende der Liste, auch noch Pornofilme... du weißt schon, lesbische Liebe, ja! Das törnt an. Liebe, Leidenschaft und Sex zwischen zwei Frauen kommen da eigentlich gar nicht ins Spiel, denn Lesbe sein ist im Grunde lediglich ein politisches Statement gegen die Geschlechterkonditionierung in einer heterosexuellen Gesellschaft... na, mich kannst du wenigstens ficken, ohne dir was zu holen.«
    »Du li...ieber Gott, Carla.« Ich wollte noch einen Schluck Wein trinken, aber dann drehte ich nur mein Glas in der Hand. Ich merkte, daß meine Wangen brannten.
    Carla fing noch einmal an. »Liebst du mich?« Ihre Stimme klang plötzlich verletzlich und schüchtern, und ihre weiche Hand griff wieder nach der meinen.
    Ich tat das Schlimmstmögliche. Ich

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