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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen
Autoren: Denise Danks
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jeder andere etwas wußte, ein bißchen wenigstens. Die Frage war, was als nächstes geschehen würde. Es war nach zehn, und Tony hatte sich erboten, mich nach Hause zu fahren. Ich wollte nicht. Ich hätte gern mein eigenes Auto gehabt; dann hätte ich zur Themse hinunterfahren und dort Spazierengehen können, feuchte, kalte Luft atmen und ein bißchen nachdenken, nachdem ich nun einen klaren Kopf bekommen hatte. Aber ich hatte kein Auto; also brachte Tony mich zur Haustür und überprüfte die Wohnung. Dann nickte er höflich und ging den Hausflur hinunter. »Danke fürs Abendessen«, sagte er, und dabei winkte er, ohne sich umzudrehen. Er war auf halbem Weg zum Lift, als ich rief; »Warten Sie mal, Tony, ich habe eine Idee. Bitte, wenn Sie noch einen Moment Zeit haben, dann kommen Sie und sehen Sie sich das hier an. Ich möchte wissen, was Sie davon halten.«
    Tony kam herein, blieb hinter mir stehen und betrachtete die drei Regale über dem Computer mit den staubigen Schachteln, die mein alter Freund Warren mir zusammen mit einem Stoß Handbücher hinterlassen hatte. Alles war etikettiert. Warren war so ordentlich und gründlich — zu ordentlich für mich.
    »Der Typ, dem die Wohnung gehörte, hat mir das alles dagelassen. Er war ein Hacker. Es hat ihm Spaß gemacht, kleine Programme zu schreiben und in große Computer einzudringen. Er war gut in so was. Ist es wahrscheinlich immer noch, wenn er es nicht aufgegeben hat. Er hat genug verdient, um sich zur Ruhe zu setzen... Wo sind sie jetzt? Ah!«
    Tony mußte zurückweichen, damit ich ihm nicht auf die Füße trat, als ich mich umdrehte. Ich pustete und wischte den Staub von der grauen Schachtel in meiner Hand auf seinen dunkelgrauen Cashmere-Pulli. Ehe ich mich versah, klopfte ich ihn mit besorgter Hand die Flusen von der Brust. Er blickte hinunter, faßte mein Handgelenk und hob behutsam meine Hand fort. »Machen Sie schon weiter«, sagte er.
    »Entschuldigung.« Ich fummelte die Schachtel auf. »Schauen Sie, auf dieser Diskette ist >Willy’s Wild Ride<, sagte ich.
    »Ach?«
    »Ja. Und abgesehen von diesem ausgezeichneten Verfolgungsspiel ist da noch etwas anderes.«
    »Ein Virus.«
    »So was Ähnliches. Bloß, daß es sich nicht einfach vervielfältigt und das System verstopft. Es kassiert die System-Software für seine eigenen Zwecke. Betätigen Sie sich auch als Software-Pirat, Tony?«
    »Kann sein.«
    »Tja, Warren hat dieses kleine Programm entweder erworben oder geschrieben. Er hat eine ganze Sammlung sogenannter Logikbomben, Trojanischer Pferde und Viren aufgebaut, damit er diese kleinen Dinger auseinandernehmen und analysieren konnte, falls er mal eins erwischen sollte. Er benutzte häufig Mailboxen, eine riskante Sache heutzutage, wenn man von dort Programme beziehen will, denn ein großer Teil der Public-Domain-Software ist infiziert. Aber man muß ein Virus erkennen können, bevor man es loswerden kann, wissen Sie. Daher diese kleine Bibliothek.«
    »Verstehe.«
    »Nun, Willys kleines Extraprogramm kann so eingestellt werden, daß es Systembefehle verändert. Ursprünglich war es ein Kopierschutzprogramm, eine Software-Vorrichtung zum Schutz vor Programmpiraten. Wenn jemand versuchte, eine Master-Diskette zu kopieren, setzte sich eine kleine Zerstörungsroutine in Gang und löschte die Harddisk des Übeltäters. Das Programm hier ist eine Modifikation davon. Man kann es so einrichten, daß der Computer immer, wenn er einen Löschbefehl erhält, diesen Befehl ignoriert und die zu löschenden Informationen statt dessen auf so viele Computer im Netzwerk kopiert, wie ich möchte. Können Sie sich das Chaos vorstellen, das dabei in einem Netzwerk entsteht?«
    »O ja, wäre nicht nett.«
    »Nein. Aber Gheas ist auch nicht nett, oder? Hiermit kann ich Dexter in die Falle gehen lassen. Wenn das hier in sein System installiert ist, und wenn Dexter dann versucht, seine Dateien zu löschen, ist er erledigt. Mitarbeiter überall im Gebäude werden den Bericht lesen können, und er wird gar keine Zeit mehr haben, das Virus zu analysieren oder zu stoppen, denn es ist schon zu spät. Es wird ihn entlarven und mir Zeit geben, die Polizei hinzuschicken. Ich nehme natürlich an, daß er ein Netzwerk hat. Wenn ja, wird es kein Problem sein, über einen fremden PC sozusagen auf Armeslänge an ihn ranzukommen. Wenn nicht, müssen wir an seinen persönlichen Rechner.«
    Tony sagte nichts. Er war nicht glücklich über die Polizei.
    »Tja, der Johnny-Waits-Bericht wird
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