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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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mit einem Bier für sich und einem klaren, sprudelnden Tonic Water für mich zurückkam.
    »Soll er den Bullen sagen, was wir Vorhaben. Ich glaube, das braucht nicht unsere Sorge zu sein«, sagte er und setzte sich.
    »Tony, hören Sie, ich bin eigentlich nicht mehr daran interessiert. Ich weiß eigentlich gar nicht, weshalb ich Ihnen die Kassette überhaupt gebracht habe. Vielleicht hatte ich eine Story gesucht, vielleicht wollte ich der Ghea eins auswischen, was auch immer — aber ich glaube nicht, daß ich Geld verdienen wollte. Es ist mir nicht mehr wichtig, aber ich will wenigstens eine Untersuchung wegen Carlas Tod.«
    Er sah nicht mitfühlend aus. »Hören Sie, wir können ihnen nichts erzählen, oder? Wir wissen noch gar nichts.«
    »Keith hat eine Theorie«, erwiderte ich.
    »Ach ja?« Die bloße Erwähnung von Keiths Namen ließ eine hohe Mauer der Verachtung emporwachsen, wie sie nur ein East Ender an den Tag legen konnte. »Sie vertrauen diesem Keith?« fragte er, streckte beide Beine vor sich aus und faltete die Hände über dem Schritt.
    Ich sah ihn an. Nichts. Keine Hilfe. »Eigentlich nicht«, sagte ich. »Er ist Journalist, nicht wahr?«
    Tony lächelte, entblößte aber seine Zähne nicht. »Das sind Sie auch, und ich vertraue Ihnen doch, oder?«
    Meine Wangen wurden heiß. »Das ist schmeichelhaft, aber ich bin keine Journalistin mehr.«
    »Yeah. Ich bin auch kein Boxer mehr, aber ich weiß noch, wie man kämpft.«
    Ich schaute weg. Wir hatten endlich mal übereinander gesprochen. Meine Wangen brannten. Sie verrieten mich jedesmal. Wie konnte ich cool sein, wenn mein Gesicht aufglühte wie ein Kaminfeuer? Hatte er mir ein Kompliment gemacht? Wenn er mich nicht leiden konnte, fühlte ich mich sicherer. Da hatte ich etwas, gegen das ich mich stemmen konnte.
    »Sie mögen ihn?« fragte er.
    »Ja und nein. Er kann einem furchtbar auf die Nerven gehen. Ja, ich mag ihn schon, denke ich, und ich will nicht, daß ihm was passiert.« i«
    Wir saßen schweigend da, und Tony musterte mich, j während ich meine Blicke im Lokal wandern ließ. In seinem Zimmer oben hatte ich mich seltsam überflüssig gefühlt, als ich fertiggeredet hatte: Die Sitzung war vorüber, und ich konnte gehen. Hier fühlte ich mich eher ebenbürtig, wie in einer Partnerschaft. Vielleicht jagte er mir keine Angst mehr ein; vielleicht bemühte er sich auch nicht mehr so sehr darum.
    »Okay. Wie lautet die Theorie?« fragte er schließlich. »Also — es klingt vielleicht lächerlich. Ist es aber gar nicht, wenn man darüber nachdenkt, und über das, was passiert ist. Keith schätzt, daß Dexter und St. John von Waits’ und Carlas Tod profitiert haben. Wenn es in den Verträgen nicht ausdrücklich anders vorgesehen ist, können Manager und Plattenfirma nach dem Tod des Künstlers immer weiter kassieren, solange der Vertrag gültig ist, ganz so, als ob der Künstler noch lebte. Keith glaubt jedenfalls, sie hätten sich von dem Sturm der Kunden in die Plattenläden nach Waits’ und Carlas Tod kurzfristig einen höheren Gewinn ausgerechnet, als sie erzielt hätten, wenn die beiden langfristig weiter produziert hätten. Er meint, Waits und Carla sind gestorben, um der Ghea und St. John Profit zu bringen.«
    »Das hat Keith sich ausgedacht?«
    »Ja. Es ist unglaublich, ich weiß — und ich sehe auch nicht, was es mit Tommy zu tun hat — , aber irgendwie ist es auf eine verrückte Weise plausibel. Ich verstehe bloß nicht, wieso Carla. Sie war auf dem Höhepunkt.«
    Tony atmete ein und seufzte wieder aus. »Kommt wohl drauf an, was die Zahlen über sie sagten«, meinte er, und da wußte ich, daß Keith auf einer richtigen Fährte war.
    Tony wollte in Arthurs Pub nicht darüber reden. Ich mußte mitkommen. Ob ich ihm vertraute oder nicht, er hatte einen zu guten Köder am Haken. Jetzt kamen wir wenigstens weiter. Arthur sah, daß wir gingen; er rief uns zu und winkte uns mit goldfunkelnden Fingern fröhlich zu. Der Hund stand auf, als wir gingen. »Frohe Weihnachten, ihr reizenden Leute! Viel Glück«, rief Arthur, als Tony mir die Tür aufhielt.
    »Ja, dir auch viel Glück, Arthur,« rief Tony zurück, als ich in die Kälte hinaustrat. Gute Nacht, Arthur, und vielen Dank für die Unterstützung.
    Tony ließ den Wagen langsam auf die dunkle Hauptstraße hinausrollen; sie führte an einem geschlossenen, verrammelten Tanzladen und einem leeren China-Imbiß vorbei zu einer verkehrsreichen, von Natriumlampen überstrahlten Stadtautobahn, die

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