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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen
Autoren: Denise Danks
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Rache ist süß, Darling, und ich habe keine Angst vor ihm.«
    »Er sagt aber, St. John hat dich überfahren. Er hat seine Nummer.«
    »Ach ja? Schrei mich nicht an, George. Ich sage dir, er war’s. Ich traue ihm nicht, okay? Hast du was zu trinken?«
    In einem Schrank standen ein paar alte Flaschen Schnaps. Ich hatte sie seit einem Jahr nicht mehr angerührt; ich trank Wein, wenn ich allein war. »Gin oder Scotch?« Ich hielt zwei viertelvolle Flaschen hoch.
    »Scotch.«
    Keith hob das Glas an seine verkrusteten Lippen, nahm einen kleinen Schluck und kniff schmerzlich die Augen zusammen. Er wartete einen Moment, bis das Brennen aufhörte, und sagte dann: »Wenn ich an Cheryl rankomme, wird sie mir sagen, wo St. John sein Zeug aufbewahrt. Wir brauchen es gar nicht zurückzuhaben. Wir sagen einfach der Polizei, das es da ist und wo es herkommt. Dann soll die den Rest erledigen. Wir stehen bloß daneben und machen uns Notizen.«
    Ich trank mein Glas leer und schenkte mir noch einen ein. »Kann sie denn noch mehr Druck aushalten? Ich glaube nicht, daß...«
    »Sie kann, wenn sie muß«, sagte er. »Um da rauszukommen…« fügte er hinzu.
    »Okay, aber ich glaube, Tony hat etwas anderes vor.«
    »Hör mal, meine Idee ist kinderleicht, und niemandem wird etwas passieren. Und seine?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Er will St. John. Das liegt auf der Hand. Du weißt schon — >Du hast meinen Bruder ermordet, du dreckige Ratte< und der ganze Scheiß. Na, ich wette mein Geld auf St. John. Der hält den Marquis von Queensberry wahrscheinlich für ’ne Schwuchtel.«
    »Da ist noch was. Mußtest du über seine Boxerkarriere herziehen? Ich dachte schon, wir kriegen gleich eine kurze Demonstration seiner Form, so wie du da geredet hast.« Ich lehnte mich zurück und nahm einen Schluck. Keith machte eine ernstes Gesicht. »Und?« fragte ich.
    »Robbie Slater hat bloß das Augenlicht verloren, Georgina. Und Sandino — wahrscheinlich hast du noch nie von ihm gehört — , na ja, der starb in einem Kampf mit deinem Tony Levi. Danach hat Levi sich zur Ruhe gesetzt. Er war einfach außer Kontrolle geraten. Der Mann hat schon getötet. Er hätte auch mich töten können. Mir gefällt das nicht, daß er mitspielt. Wir müssen ihn loswerden.«
    Das klang nicht so einfach, und ich war auch nicht sicher, daß ich es wollte.

    Dexters Sekretärin führte mich in einen großen, eleganten Raum mit hohen Fenstern im vierten Stock des glasverspiegelten Gebäudes, in dem Ghea Records residierte, eine der größten unabhängigen Plattenfirmen der Welt. Ihr Gründer und Haupteigentümer, Christian Dexter, saß in Jeans und einem modischen Oversized-Pullover hinter seinem Schreibtisch und schnitt viereckige Notizzettel mit einer Stahlschere zu Spiralen.
    Zahlreiche Weihnachtskarten zierten die Regale an den Wänden und das Fensterbrett hinter ihm, während das Büro ansonsten eine geschmackvolle, flitterfreie Zone war. Als ich vor den geräumigen, halbrunden Schreibtisch trat, hörte er auf zu schnippeln und deutete mit einer langfingrigen Hand auf einen spartanischen schwarzen Ledersessel rechts von mir. Sein PC stand leblos auf der schwarzen Eschenholzplatte des Schreibtisches, und irgendwo lief Musik, die ich noch nicht kannte. Er drückte auf einen Knopf, und sie verstummte.
    »Kommen wir gleich zur Sache, okay? Keiths Tape ist von sehr schlechter Qualität. Mick hat anscheinend kein Master. Ich möchte Ihres.« Er verstummte und inspizierte seine Hände. Seine Finger waren außergewöhnlich lang, selbst für einen bedeutenden Mann. Die Nägel waren ordentlich geschnitten, wie bei Tony: sauber und nicht von Arbeit strapaziert. Ich hatte das Gefühl, er erwartete, daß ich verschwunden wäre, wenn er wieder aufblickte, um mich unverzüglich um die Angelegenheit zu kümmern.
    »Das kann ich mir nicht denken. Mick muß es irgendwo gespeichert haben«, sagte ich.
    »Anscheinend nicht. Vielleicht wären Sie also so gut, die Kopie zurückzugeben, die Sie haben. Carlas Kopie«, ergänzte er. Sein nach hinten gekämmtes blondes Haar unterstrich den slawischen Schwung seiner Wangenknochen und das kantige Kinn. Er war ein gutaussehender Mann, aber nicht attraktiv — auf mich wenigstens wirkte er nicht so. Ich wußte noch, wie er mit Carla gesprochen, wie er sie mit seinen Augen durchbohrt hatte wie ein Zauberer in einer Pantomime. Es war eine Nummer gewesen, genau wie diese lässige Sitzhaltung hier eine Nummer war. Jedes Opfer mußte man ein kleines
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