LIEBES ABENTEUER
Sophia uns heute keine Gesellschaft?« Ich erinnere ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit an Sophia.
»Sie interessiert sich nicht für Gespräche über technische Dinge«, erwidert er mit seinem harten deutschen Akzent. »Sie ist zu Hause geblieben und schaut sich ihre Lieblings-Dating-Show im Fernsehen an.«
»Ach ja, heute läuft ja Joe Millionaire.« Lächelnd gebe ich Hans zu verstehen, dass ich jetzt auch gerne zu Hause wäre, um mir eine schlechte Show anzusehen. Hans will mir Wein einschenken, und ich halte schnell die Hand über das Glas. »Ich trinke keinen Alkohol, wissen Sie nicht mehr?«
»Natürlich trinken Sie Alkohol. Jeder trinkt Alkohol. Rotwein ist gut fürs Herz«, erklärt er und klopft sich auf die Brust.
»Nein, danke. Ich bekomme davon Verstopfung.« Tolle Ausrede, aber sie funktioniert. Er stellt die Flasche wieder auf den Tisch. Der Ober kommt, und ich bestelle eine Cola Light. »Hans, ich weiß, dass Sie von dem neuen Patent ganz begeistert sind, also lassen Sie uns loslegen. Ich kann heute Abend noch etwas recherchieren und dann morgen eine Patentanfrage entwerfen. Wenn Sie meinen, es ist wirklich eine so große Sache, können wir sie bis Ende der Woche ins Rollen bringen. Wenn man eine heiße Spur hat, sollte man dranbleiben.«
Hans schüttelt den Kopf. »Ihr Amerikaner seid immer so aufs Geschäft aus. Wir Europäer wollen zuerst einmal das Leben genießen. Ohne eine ordentliche Mahlzeit im Bauch fangen wir gar nicht erst an, übers Geschäft zu reden.«
Und deshalb hast du dich wahrscheinlich mit dem Kindermädchen eingelassen. »Ich will nicht unhöflich sein, Hans, aber ich plane meinen Tag. Ich weiß gerne, was als Nächstes kommt und was ich tun muss. Ich bin der Typ, der einen geordneten Kalender braucht.«
»Genau das meine ich. Ihr Amerikaner wollt alles unter Kontrolle haben, auch wenn ihr in einer Sache eigentlich gar nichts zu sagen habt. Das Schicksal hat das letzte Wort.«
»Ich glaube nicht an das Schicksal.« Ich streiche das Tischtuch vor mir glatt. Schicksal heißt, dass du keine andere Wahl hattest, als mit dem Kindermädchen zu schlafen. »Wer ans Schicksal glaubt, kann alles wegerklären. Deshalb glaube ich nicht ans Schicksal.«
Hans schüttelt nur den Kopf. »Sie sind sehr praktisch veranlagt.« Das am allerwenigsten. Im Vergleich zu Hans vielleicht schon, aber eigentlich nicht. Er redet weiter. »Ich hätte das ganze Produkt gerne bis zur Computermesse nächstes Jahr fertig. Das heißt, dass das Produkt fertig und das Patent unter Dach und Fach sein sollte. Mit dieser Sache könnte unsere Firma ein besseres Kurs-Gewinn-Verhältnis erzielen, und unsere Aktien würden steigen.«
»Kein Problem, was mich betrifft.« Ich lächle. Die Computermesse ist erst im September. Bis dahin ist noch fast ein ganzes Jahr Zeit, denke ich voller Freude. Aber meine Freude ist wie immer nur von kurzer Dauer.
Hans schenkt sich noch ein Glas Wein ein. »Ich fliege nächste Woche nach Taiwan, um am Prototyp zu arbeiten. Sie müssen mich begleiten. Wir fliegen am Dienstag.«
Er winkt den Ober her. »Als Vorspeise nehmen wir zwei Mal den Caesar’s Salad.«
Meine Haut fühlt sich klebrig-feucht an. Ich kann nur noch an Doris Day mit Cary Grant in Ein Hauch von Nerz denken, als er sie als seine Geliebte davonträgt. Selbst wenn nichts passiert, werden alle denken, dass etwas passiert ist. Und als Frau, die sowohl für ihre Stelle als auch für ihren guten Ruf hart gearbeitet hat, kann ich mir das nicht leisten.
Cary Grant ist nichts im Vergleich zu Hans. Cary Grant war nur eine Figur, Hans ist echt - höflich, elegant und alles, was es sonst noch zu einer guten Filmfigur braucht. Ich bin erst seit einem Monat in dieser Firma, und schon habe ich das Gefühl, dass meine Welt außer Kontrolle gerät.
»Dienstag?« Ich schüttle den Kopf, damit mir irgendeine Ausrede einfällt. Egal welche. »Mein Verlobter und ich haben nächsten Dienstag einen Termin mit unserem Pastor zu einem Ehevorbereitungsgespräch.« Ich mache die Augen zu und beiße mir fest auf die Unterlippe. Ich habe nicht nur gelogen, sondern auch noch einen Pastor dazu benutzt. Das ist wie die Risiko-Runde beim Quiz-Spiel.
Hans lehnt sich im Stuhl zurück. »Sie wollen heiraten?«
Ich ziehe es vor, nur zu lächeln, statt noch einmal zu lügen. Mir kommt die Geschichte aus der Bibel in den Sinn, wo Abraham Sarah als seine Schwester ausgibt. Bei ihm ist es schiefgegangen, aber ich hoffe immer noch, dass ich
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