schön.«
Wir verabschieden uns. Meine Vorfreude auf die »Überraschung« ist verflogen. Das Leben wird niemals so sein, wie ich es mir vorstelle. Vielleicht sind meine Erwartungen auch zu hoch. Vielleicht sind jegliche Erwartungen zu hoch.
Eines weiß ich. Ich werde die Hälfte von Kays Haus kaufen. Ich will etwas Eigenes, und sei es nur eine Granitarbeitsplatte mit Wasserleitungen aus den 20er-Jahren und einer saftigen Hypothek. Fürs Erste reicht das. Ein Kind würde ohnehin nur mein eigenes Budget für Kleider schmälern.
5
Als ich in mein Büro gehe, komme ich mir vor wie Dolly Parton in Warum eigentlich ... bringen wir den Chef nicht um?. Die Assistentinnen starren mich an, als wüssten sie, dass ich mit dem Chef essen war und wer weiß was sonst noch. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich mich nach dem Gespräch mit Seth schuldig fühle. Wie bei Das verräterische Herz von Edgar Allan Poe. Die Einzelheiten meines Fehlverhaltens von gestern Abend gehen mir durch den Kopf. Ich hätte nicht mit Hans essen gehen sollen. Ich hätte bei Seth sein können. Stattdessen hat Seth mit Arin telefoniert. Außerdem habe ich Hans angelogen ...
Als ich in meinem Büro ankomme, hebe ich das Kinn ein wenig. »Irgendwelche Nachrichten?«, frage ich Tracy, meine neue Assistentin.
»Nein, nichts.« Tracy ist das Bürobienchen. Sie verbringt den ganzen Morgen damit, den Tratsch wie Nektar einzusammeln, und verbreitet ihn dann nachmittags freudig wie Pollen. Sie gehört zu der Sorte Frau, die zwar verheiratet ist, aber nicht so aussieht. Sie trägt einen Ring: ein großes, billiges Ding. Aber sie hat auch große Implantate und eine wilde Dauerwelle. Glänzendes Scharlachrot ist, war und wird für immer ihre Lippenstiftfarbe sein, und flirten gehört zu ihrer Natur.
Tracy ist der Typ Ehefrau, die ohne ihren Mann in Bars geht und bis zum frühen Morgen tanzt. Ich versuche, sie zu verstehen, aber ich kann es nicht. Sie ist lieb, erinnert mich aber ständig an mein eigenes Versagen. Es ist unglaublich, dass ihr Mann sich so ein Verhalten gefallen lässt. Und Seth traut sich nicht mal, mir einen Ring an den Finger zu stecken. Tracys Anwesenheit ist wie ein Schlag ins Gesicht, weil sie mich jeden Tag daran erinnert, dass ich nicht die blässeste Ahnung habe, was Männer wollen.
»Hans hat ein großes Patent in der Mache, deshalb müssen Sie mir heute Nachmittag helfen, ein paar Akten zusammenzusuchen.«
Tracy salutiert und setzt sich an ihren Schreibtisch zu einem fetten Schokomuffin. Die Diskrepanz zwischen Tracys zierlicher Figur und der Größe ihres Schokomuffins erinnert mich einmal mehr daran, dass das Leben ungerecht ist und dass man in Reality- Shows immer nur die Arin-Typen mit ihrer tollen Figur zu sehen bekommt. Was bitte soll daran real sein?
Als Erstes rufe ich meine E-Mails ab, mit der vollen Absicht, mir von meinem Privatleben nicht meine berufliche Karriere vermasseln zu lassen. Ich brauche Kaffee!
Eine E-Mail von Hans, bei deren Anblick ich zusammenzucke. Wahrscheinlich hat er, nachdem ich mir all die Arbeit gemacht habe, das Patent total über den Haufen geworfen. Als ich die Mail öffne, bleibt mir der Atem weg.
An:
[email protected] Von:
[email protected] Betreff: Gestern Abend
Ashley, ich wollte mich nur bei Ihnen für das ruhige Abendessengestern bedanken. Ich glaube, wir sind gut vorangekommen. Ihre abgelegte Kleidung befindet sich noch bei mir. Werde das gute Stück mit ins Büro bringen. Bis dann. H...
Jetzt habe ich ein Problem, ein fettes Problem. Ich kann unmöglich am Samstagabend zu Hans gehen - mit oder ohne Seth. Hans glaubt, dass zwischen uns etwas läuft. Zumindest habe ich den Verdacht, dass er das glaubt.
Bei einem Mann wie ihm weiß man nie. Er strahlt Sinnlichkeit aus wie eine Parfümwerbung, in der alles nur angedeutet, aber nichts wirklich gesagt wird. Für diese Art der unterschwelligen Kommunikation bin ich einfach zu ahnungslos. Ich brauche einen Ingenieur, der kommt und sagt, »Hey, ich will dich verführen.« Was ein Ingenieur natürlich niemals sagen würde. Und das mag ich. Mit Science-Fiction-Filmen und ein bisschen X-Box umworben zu werden, das ist meine Welt. So fühle ich mich wohl.
»Ashley.«
»Ah!« Erschrocken lege ich die Hand auf die Brust. »Was wollen Sie, Tracy?«
»Hans will Sie bei sich im Büro sehen.«
Das glaube ich sofort. »Okay, danke.«
Tracy kommt herein und macht die Tür hinter sich zu. »Ist er... Sie wissen schon ... so