LIEBES ABENTEUER
sexy, wie er aussieht? Die Mädchen und ich haben eine kleine Wette laufen.«
Mein Ruf als gute Christin ist mir ganz offensichtlich nicht bis hierher gefolgt. »Hans hat eine Lebensgefährtin. Wenn Sie das wirklich wissen wollen, sollten Sie sie fragen, auch wenn mir nicht klar ist, wozu Sie das wissen wollen.« Ich lache ein bisschen. Ich will nicht, dass sie denkt, ich verurteile sie. Obwohl ich das schon ein wenig tue. »Übrigens bin ich mit einem Ingenieur verlobt und wir werden bald heiraten.« Autsch! Schon wieder. Wie leicht es mir auf einmal fällt zu lügen. Man sagt, beim ersten Mal sei es am schwersten. Es wird nicht mehr lange dauern, dann erzähle ich ihnen, dass ich früher mal Miss Amerika war und eigentlich nur noch aus Spaß arbeite, weil ich schon längst reich genug bin. Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass ich Dichterin bin, was Brea vehement bestreiten wird.
»Hans gehört zu der Sorte Mann«, dabei zuckt Tracy mit ihren Augenbrauen, die sie dringend wieder mal zupfen sollte, »zu der man einfach nicht Nein sagen kann.« Sie kommt näher. »Wo ist Ihr Ring?«
Ich verstecke meine Hand schnell unter dem Tisch. »Er wird noch angepasst. Die Verlobung war erst kürzlich.« Oh, wie ich mich selbst dabei hasse. Das ist besser als in jeder Realityshow, und ich bin das böse Mädchen, das sie gegen die Freundin hetzen. Ich weiß auch nicht, wie ich je auf den Gedanken kommen konnte, dass ich mit diesem dicken Ding davonkommen würde.
»Wir haben gerade darüber gesprochen, dass wir sofort Ja sagen würden zu Hans. Aber er fährt nur auf so gebildete Frauen wie Sie ab.« Dabei rümpft Tracy die Nase. »Jedem das seine. Außerdem meinen die Mädchen und ich, dass Ihr Gesicht irgendwie etwas Deutsches hat. Vielleicht findet er das attraktiv.«
»Mein Gesicht hat etwas Deutsches?« Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht unbedingt ein Kompliment ist.
»Sie wissen schon, nicht hässlich oder so, sondern einfach ...« Sie hält eine geballte Faust hoch. »Einfach eckiger, kräftiger.« Tracy hat meine Bestürzung offenbar bemerkt. »Nein, nein, das ist nichts Schlimmes. Auf viele Männer wirkt das sexy.«
»Können Sie bitte diese Patente wegheften?« Damit übergebe ich Tracy einen Stapel Aktenmappen. »Legen Sie Verweise nach Produktnamen und Kategorie an. Beides steht auf dem Aktendeckel.« Damit dürftest du eine Weile beschäftigt sein und keinen Unfug mehr anrichten. Ich nehme das Patent, an dem ich die ganze Nacht gearbeitet habe. »Ich bin bei Hand, äh, Hans im Büro, wenn Sie mich brauchen.«
Ich gehe quer durchs Großraumbüro und spüre, dass alle Augen auf mich gerichtet sind, so als ob mein Rock in die Unterhose geklemmt wäre. Es ist ein beunruhigender Moment für mich, weil ich noch nie als »die« Sorte Mädchen bekannt war. Ich bin einunddreißig und Jungfrau, zum Kuckuck! Wenn es nicht so unheimlich wäre, würde ich die Tatsache, dass man mich für eine Verführerin hält, ja lustig finden. Ich klopfe an Hans’ Tür, er öffnet und zieht bei meinem Anblick seine blonden Augenbrauen hoch.
»Ashley«, schleimt er. »Hier ist Ihr Mantel.« Ich drehe mich um und sehe, wie die Assistentinnen im Kreis zusammenstehen und wissend dreinschauen. »An die Arbeit, Mädels!«, schreit Hans, und sie rennen auseinander wie Küchenschaben, wenn man das Licht anmacht.
Ich weiß auch nicht, warum ich bei der Jobsuche so verzweifelt war, dass ich meine Theorie über Assistentinnen bei dieser Firma außer Acht gelassen habe. Wenn in einer Firma halb nackte Sekretärinnen angestellt werden, ist das ein Zeichen dafür, dass der Geschäftsführer ein Problem hat. Ein »normaler« Geschäftsführer würde es nie zulassen, dass seine Firma in den Ruf kommt, käuflich zu sein. Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen und stelle fest, dass Gainnet mich an einen Haufen Politiker erinnert, der um die Gunst der Spielelobby buhlt: schuldbewusst und schäbig.
»Danke für meinen Mantel.« Ich schaue Hans geradewegs in die Augen und hoffe, ihm so zu zeigen, dass ich keine Angst habe und auch nicht zu haben bin. Aber innerlich flehe ich zu Gott. Hilf mir, Herr. Hilf mir, Herr. Ich stecke viel zu tief in Schwierigkeiten. Dabei vermute ich gleichzeitig, dass meine Lügen mich wohl um seinen göttlichen Schutz gebracht haben.
»Rennen Sie nicht gleich wieder weg. Ich muss mit Ihnen über das Patent sprechen. Soweit ich das gestern Abend gesehen habe, ist es genial. Ich weiß, dass wir Sie
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