LIEBES ABENTEUER

diese Frage nicht allzu lange durch den Kopf gehen lassen will.
    »Nein, natürlich nicht«, antworte ich ganz automatisch. »Aber ich will nicht, dass du so tust, als könnte eine schöne Frau wie du sich ihn einfach schnappen. Was die Liebe angeht, ist Seth sehr unbedarft, und er versteht nicht, dass Frauen manchmal nur spielen.«
    Arin schüttelt den Kopf. »Ich spiele nicht. Und außerdem laufen mir nicht zwei Männer gleichzeitig hinterher. Wenn es also einen Grund gibt, eifersüchtig zu sein, dann ...« Sie macht eine weit ausholende Handbewegung.
    Ich vergesse meine guten Manieren. Arin hat schon immer die Aufmerksamkeit aller Männer auf sich gezogen, wenn sie nur in einen Raum kam. Aber so habe ich sie noch nie erlebt, und ich versuche verzweifelt, ihre Motive zu deuten. Das Misstrauen läuft mir wie ein kalter Schauer über den Rücken, und ich versuche, es abzuschütteln, wie ein Hund sein nasses Fell ausschüttelt, aber es gelingt mir nicht.
    »Willst du etwas zu trinken?«, frage ich Arin.
    »Nein.« Arin bekommt große Augen. »Da kommt der Mann der Stunde.«
    Ich drehe mich um und sehe Seth. »Hallo, klasse gemacht heute Abend.«
    Er küsst mich auf die Stirn, lehnt sich gegen die Küchentheke und verschränkt die Beine. »Danke. Wie lange bleibst du diesmal, Arin? Oder bleibst du jetzt endgültig hier?«
    »Das kommt ganz darauf an. Wer weiß? Wenn ich einen Grund finde, hier zu bleiben ... Ich bin wie ein Blatt im Wind.«
    »Was kann ein junges Mädchen, das das Abenteuer sucht, in Silicon Valley schon Spannendes erleben?«, frage ich.
    Sie schaut Seth geradewegs an und dann mich. »Sag du’s mir, Ashley. Du bist die Frau von Welt. Was hält dich hier?«
    Momentan gar nichts. »Ich werde Kay helfen, die Gäste zu bewirten. Ihr beide könnt euch ja weiter unterhalten.« Und weg bin ich. Ich bin seit einunddreißig Jahren Single und werde jetzt ganz bestimmt nicht anfangen, um einen Mann zu kämpfen. Wir sind hier nicht im Fernsehen beim Bachelor, und so verzweifelt bin ich nicht.
    Aber als es klingelt und Dr. Kevin mit einem Blumenstrauß auftaucht, merke ich, dass ich doch verzweifelt bin. Ich bin verzweifelt und erbärmlich und weiß nicht, wohin mit mir.
    Dr. Kevin Novak sieht überwältigend gut aus. Er wuchs unter den Reichen in Atlanta auf und lebt jetzt in der Schlips-und-Kragen-Gesellschaft von San Francisco. Es ist schon Monate her, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe, aber wenn ich ihn so anschaue, gehen mir zwei Dinge durch den Kopf: Zum einen bin ich begeistert, dass er jetzt Christ ist (er geht in eine große Baptistengemeinde). Zum anderen fühle ich mich wie eine Siegestrophäe. Ganz abgesehen von seinen wahren Gefühlen hat ihn offensichtlich der Kampfgeist gepackt. Wir werden zwar alle gern von einem Mann umworben, aber wer will schon seine Siegesbeute sein?
    Kevin streckt Kay die Blumen hin. »Tut mir leid, dass ich so spät komme, aber ich hatte schon seit Monaten nicht mehr mittwochabends frei und wollte noch vorbeikommen und euch sagen, wie viel ihr mir alle bedeutet.« Er nickt mir zu. »Hallo, Ashley.«
    »Hi, Kevin. Schön dich zu sehen.« Würdest du jetzt bitte in die Küche gehen und diese Turteltaube von meinem Freund wegholen? Wie auf Befehl geht die Küchentür auf, und Seth kommt heraus. Er sieht Kevin und wirft mir einen Blick zu. Wie in Beverly Hills, 90210.
    »Ich werde Arin nach Hause bringen«, verkündet Seth.
    »Wie ist sie denn hergekommen?«, fragt eine ungewöhnlich spitze Stimme aus mir heraus.
    »Ich bin gelaufen«, erklärt Arin.
    Zugegeben, jetzt bin ich total verwirrt. Arin ist ein liebes Mädchen. Ihr Herz schlägt für Jesus, und sie weiß, dass ich mit Seth befreundet bin. Sie flirtet ständig, und bisher schien es immer vollkommen harmlos zu sein. Aber das hier ist seltsam, und obwohl mir nicht wohl dabei ist, bin ich nicht eifersüchtig. Jedenfalls noch nicht. Seth würde auch Jack the Ripper nach Hause bringen, und außerdem ist bald Freitag. Mein nackter Ringfinger wird in Platin erstrahlen.
    »Fahr vorsichtig«, sage ich nur und sammle eine leere Bonbonschale ein.
    Beim Rausgehen schaut Arin Kevin direkt in die Augen und sagt nichts. Irgendetwas stimmt nicht im Bundesstaat Kalifornien. Und zwar nicht nur unsere Politik. I want to go to Riu ...

7
    Der letzte heiße Stein wird weggenommen, und Ashley genießt die warme kalifornische Sonne. Von ihrer Bank aus kann sie über ein Tal grüner Weinberge schauen, und der Duft von warmen Trauben und