LIEBES ABENTEUER
dieser Typ vom arbeitsmedizinischen Dienst uns erklärte, wie man schwere Dinge richtig hebt. Ich höre ihn, wie er uns beschwor, immer aus den Beinen heraus heben. Aber wenn mir nicht plötzlich Oberschenkel gewachsen sind wie Vin Diesel, weiß ich nicht, wie das gehen soll.
»Kann ich Ihnen helfen?« Ein kleiner Teenager, bei dessen Anblick ich mich wie Vin Diesel fühle, bleibt vor mir stehen.
»Wie kriege ich das da in mein Auto?« Und die größere Frage: Wie kriege ich es wieder heraus?
»Sagen Sie mir einfach, was Sie brauchen, dann laden wir es auf einen Hubwagen und bringen es zu Ihrem Auto.«
»Ich glaube, du musst Diät machen«, sage ich zu Rhett. Einen Hubwagen? Nicht wirklich, oder?
Der Teenie schaut mich an. »Welche Sorte wollen Sie?« Lamm & Kalb, fettarm, für ausgewachsene Hunde, für Welpen, Hühnchen-Mischung, biologisch, vegetarisch. Ich gehöre eigentlich nicht zu denen, die bei einer großen Auswahl in Panik geraten. Ich bin entschlussfreudig. Ich kaufe marken- und trotzdem preisbewusst ein. Aber hier stehe ich, meine Gehirnzellen versagen mir jeden Dienst, und ich weiß absolut nicht, was ich meinem Hund kaufen soll. Kommt es überhaupt darauf an?
»Ich weiß noch nicht. Ich rufe dich, wenn ich mich entschieden habe.«
»Ich kann Ihnen helfen, wenn Sie verwirrt sind.«
»Ich bin nicht verwirrt.« Stellt er etwa meinen Geisteszustand infrage? Ich bin nur nachdenklich. »Ich muss einen Augenblick darüber nachdenken.«
»Ich bin in der Reptilienabteilung, wenn Sie mich brauchen.«
Ich schaue mich um, und tatsächlich, es gibt eine Reptilienabteilung. Viele krabbelnde, grüne Viecher. Diesen Anblick vor meinem Kaffee könnte ich mir auch sparen. Inzwischen hat Rhett genug von den Schildkröten und hat voller Interesse die Futterabteilung entdeckt. Ha! Soll der Hund doch wählen! Rhett geht am Regal entlang, schnüffelt an den Tüten und bleibt schließlich ... überall stehen.
»Große Hunde brauchen meistens weniger Eiweiß«, sagt der Junge zu mir, während Rhett genüsslich den Duft einer Lamm- Mischung einatmet.
»Er ist nicht wirklich ein großer Hund«, sage ich hoffnungsvoll.
»Schauen Sie sich nur seine Pfoten an. Er wird einer.«
Ob man einem Hund die Pfoten binden kann, so wie sie es in China mit den Frauen gemacht haben? Wahrscheinlich nicht. »Ich nehme das da.« Dabei zeige ich auf einen Sack, und der Junge schaut mich mit diesem Sind-Sie-sicher?-Blick an.
»Was ist damit?«
»Nichts«, sagt er wenig überzeugend. Dann gibt er nach. »Sie sollten vielleicht etwas mit weniger Fett nehmen, damit er nicht zu schnell wächst. Das ist nicht gut für seine Knochen.«
»Weißt du was, sag du mir, was ich nehmen soll.« Ich überlasse es ganz ihm und gehe an die Kasse, um zu zahlen.
»Brauchen Sie noch einen Vorratsbehälter für das Futter?«
»Reicht der Sack nicht aus?«
»In einem Behälter bleibt es frischer, wie in einer Tupperschüssel.«
»Dann natürlich unbedingt. Der Hund braucht Tupperware.« Das wird Kay gefallen.
»Und einen Scheffel?«
»Ehrlich gesagt braucht mein Hund so ein blaues Glitzerhalsband.« Beim Anblick der mit viereckigen Strasssteinen besetzten modischen Hundehalsbänder bekomme ich ganz große Augen.
»In der Größe haben wir sie nicht. Wie wäre es mit einem Halsband mit Silberbeschlägen in Diamantenform?« Er hält ein Halsband aus blauem Nylon hoch mit Cowboy-Nieten darauf.
Ich nicke. »Perfekt. Ein bisschen Country, ein bisschen Rock ’n’ Roll.«
Wir kommen an die Kasse, und ich höre: »64,53 Dollar.«
»Vierundsechzig Dollar?«, frage ich zurück.
Verdrehte Augen und eine ausgestreckte Hand. »Mit Kreditkarte oder bar?«
Ich schaue hinunter auf Rhett. »Das ist soviel wie für ein gutes Paar heruntergesetzte Schuhe. Bist du das wert?«
Seine braunen Augen schauen mich an, und ich könnte schwören, dass er sagt: Ich habe Mitleid mit dir, Baby. Also halte ich meine Kreditkarte hin und schaue zu, wie sie meinen TT beladen, bis er tiefergelegt ist. Ich rase nach Hause und lasse erst einmal alles im Auto. Der Gottesdienst fängt in fünf Minuten an!
Als ich im Gottesdienst in der ersten Reihe sitze, fühle ich mich, als hätte man mich in eine Daunendecke gehüllt. Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, seit ich das letzte Mal mit anderen Gläubigen zusammen war, und es ist wie Balsam für meine Seele. Die vertraute Musik entführt mich an einen Ort, von dem ich schon fast vergessen hatte, dass er existiert: Ich bin umgeben
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