Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)

Indien begleiten würde, habe ich es höchstens für zwei Sekunden in Erwägung gezogen. Aber was wäre, wenn wir verheiratet gewesen wären? Die Anweisung aus der Bibel, Vater und Mutter zu verlassen, um sich an den Ehepartner zu binden, hätte sich mir definitiv in den Weg gestellt.
    „Also bist du denn wütend darüber, dass du gehst? Traurig? Oder …?“, frage ich.
    „Im Leben geht es nicht immer nur um Gefühle. Amerikaner denken, dass alles dadurch definiert sein sollte, wie sie sich fühlen. Der Rest der Welt verfügt nicht über diese Art Luxus. Ich bin offen für das, was vor mir liegt. Jetzt bin ich an der Reihe. Sagar hat die letzten zwei Jahre darunter gelitten, ohne seine Familie leben zu müssen. Ein Junge braucht seinen Vater und es ist einfach Zeit, dass wir zurückkehren. Wir wollen, dass Pushpan seine Ausbildung in Indien erhält, bevor er seine eigene Kultur völlig vergisst.“ Sie macht sich daran, Papiere abzuheften, und ignoriert mich dabei, spricht aber weiter. „Es geht vor allem um Kompromisse.“
    Wessen Kompromisse? Mein eigenes Dilemma tritt mir gerade schmerzhaft ins Bewusstsein. „Wenn Sagar also nach Philadelphia ziehen wollte, weil er dort ein tolles Jobangebot bekommen hat, würdest du einwilligen? Auch wenn du wüsstest, dass du mit deinem Abschluss dort nicht arbeiten kannst und dir stattdessen den ganzen Tag lang Jerry Springer ansehen müsstest?“
    Purvi hält inne und sieht mir direkt in die Augen. „Wenn das die richtige Entscheidung für unsere Familie wäre, so wie Indien es ist, dann kannst du dir sicher sein, dass ich nach Philadelphia ziehen würde. Ich kann dir jedoch versichern, dass ich meine Zeit nicht mit Jerry Springer verschwenden würde. Das ist nämlich Amerikas großes Ungemach.“
    Das lässt mich wiederum innehalten. Nicht Jerry Springer, aber ihre Bereitwilligkeit, ihrem Mann zu folgen. Wie kann jemand sich selbst einfach so hingeben, ohne Gottes Willen für sein Leben zu hinterfragen? Wo endet so etwas? Sie hat bereits ihren Schlaf und Unmengen an Freizeit aufgegeben. Und was jetzt? „Wirst du da überhaupt arbeiten können, Purvi?“
    „Ich werde eine Zeit lang nicht arbeiten. Aber ich werde meinen Mann bei seinen Geschäften unterstützen. Die Auszeit wird mir gefallen.“
    Auszeit? Purvi wüsste selbst dann nicht, wie man eine Auszeit nimmt, wenn sie in Form eines Oberschenkelbruchs auftauchen würde.
    „Das kann einfach nicht dein Ernst sein. Du liebst diese Arbeit, Purvi. Ich kann einfach nicht glauben, dass du uns einfach so sitzen lassen wirst.“ Ich verschränke die Arme.
    „Du hast keine eigene Familie, Ashley. Du verstehst das nicht.“
    „Was hat denn eine Familie damit zu tun, dass du deine Träume aufgibst?“
    Sie lacht. „Es hat alles damit zu tun. Die Zeit für meine Träume wird schon noch kommen, Ashley. Aber ich werde niemals eine zweite Chance bekommen, meinen Sohn in Indien aufzuziehen, wie sein Vater es sich wünscht. Man muss mit seinen Entscheidungen leben, und das ist eine, die ich nicht wieder rückgängig machen könnte. Die Kindheit von Pushpan.“
    „Aber was ist, wenn es die falsche Entscheidung ist?“
    „Dann werde ich das Beste daraus machen, Ashley.“
    „Wenn es irgendetwas gibt, das ich tun kann, dann lass es mich wissen, Purvi.“ Ich gehe mit hängendem Kopf zurück in mein Büro. Tracy schwirrt immer noch umher und wir tauschen traurige Blicke aus. Jetzt ist es offiziell. Ich bin ein Unglücksbringer. Genau dann, wenn ich glaube, dass mein Leben komplett in Ordnung ist, muss ich anderen dabei zusehen, wie sie scheitern oder das Gebäude verlassen. Lassen Sie uns die Beweise anschauen:
    Beweise dafür, dass ich ein Unglücksbringer bin
    1. Die hartherzige Kay hat Angst davor, mit dem Weihnachtsmann zu sprechen.
    2. Die feministisch gesinnte Kay geht bereitwillig mit dem Trottel aus, den Emily vorher abgeschüttelt hat.
    3. Purvi ist dabei, ihre Sachen zu packen, um in ein fremdes Land zu ziehen. Und das alles für einen Ehemann, für dessen Existenz ich bis heute nicht den geringsten Beweis erhalten habe.
    4. Seth, der jetzt keine Angst mehr vor mir hat, mir aber immer noch genauso auf die Nerven geht.
    5. Meine zukünftige Schwägerin ist dabei, meine Hochzeit zu sabotieren, während ich untätig danebensitze.
    6. Mein Verlobter ist bei einem Vorstellungsgespräch in einer Stadt, in der ich noch nie gewesen bin. In einem Staat, in dem ich noch nie gewesen bin, verdammt.
    7. Meine Traumhochzeit ist