Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)

Gelegenheit für die Erteilung weiterer Anweisungen zu geben, die ich sowieso nicht befolgen kann. Ich bin Anwältin und keine Verwaltungsfachangestellte oder Sekretärin. Sie wollen vernünftige Hilfe am Telefon? Dann sollten Sie Sprachmitteilungssysteme vermeiden, die den Großteil Ihres Kundenservices übernehmen.
    Ich schaue in Purvis Büro und dort stapeln sich noch mehr Pappkisten als in meinem. Purvi, die mal wieder ihren indischen Salwar trägt, schwirrt in dem Büro umher. Dabei wühlt sie durch die Papiere, als handle es sich um Konfetti von einem Festzug. Das ist nicht annähernd die Purvi, wie man sie kennt, die sich üblicherweise lediglich kleinen stimmlichen Übungen (mich anschreien) widmet, wenn sie etwas bewerkstelligen will.
    „Was tust du da?“, frage ich sie.
    „Ich packe meine Sachen. Ich kehre nach Indien zurück.“ Sie knallt ein Buch auf ihren Tisch. „Wo habe ich nur diese Akten hingelegt?“
    „Halt die Klappe. Was tust du wirklich?“
    Sie sieht auf und fragt sich offensichtlich, ob ich gerade wirklich das gesagt habe, was sie denkt, dass ich gesagt habe. „Mein Mann ist bereit für unseren Aufbruch nach Indien. Ich versuche, vorher noch so viel wie möglich zu erledigen. Und ich werde ein Gespräch mit deinem neuen Chef führen und ihn einarbeiten, bevor ich gehe. Aber es könnte sein, dass eine Zeit lang zusätzliche Arbeit auf dich zukommt. Das tut mir leid.“ Mit beiden Händen streicht sie sich die Haare aus dem Gesicht. „Auch noch kurz vor deiner Hochzeit. Es tut mir leid, Ashley.“
    „Zusätzliche Arbeit? Purvi, ich werde nicht hier sein. Meine Flitterwochen, weißt du noch? Du kannst nirgendwo hingehen. Du hast doch gerade erst hier angefangen. Ich mache deine Arbeit ganz furchtbar, erinnerst du dich? Das war der Grund, warum sie dich eingestellt haben.“
    „Ashley, was soll ich dir sagen? Ich gehe. Du wirst es schon hinbekommen. Du bist zu viel mehr in der Lage, als du dir selbst eingestehst. Hinter der Powershopping-Fassade steckt ein helles Köpfchen. Setz es einfach geschickt ein.“
    „Du kannst nicht einfach so gehen. Wenn ich deine Arbeit gut gemacht hätte, wärst du jetzt nicht hier. Ich bin eine routinierte Patentanwältin. Sie werden sich davor hüten, mir die Aufgaben des Managements zu überlassen.“
    „Das musst du nur übergangsweise. Du bist nicht schlecht darin. Du bist einfach nur zu sozial und dir gefallen die Überstunden nicht. Wenn du mehr Zeit im Büro verbringen würdest als in deinem Cabrio auf dem Weg zu Shoppingtouren und entspannenden Spa-Behandlungen, würdest du wirklich gut zurechtkommen.“
    Da hat sie wohl recht.
    „Willst du denn wieder zurück?“ Ich kann einfach nicht anders. Ich fühle mich sitzen gelassen. Alle, die mir etwas bedeuten, scheinen nach Indien zu flüchten. Was auch Sinn ergibt, schätze ich, denn Indien ist definitiv eine Ashley-freie Zone. Taiwan andererseits … Aber ich schweife ab. Purvi ist die einzige Chefin, die ich jemals wirklich geliebt habe, sogar trotz ihres Geschreis. „Hör auf, mich auf den Arm zu nehmen, Purvi. Ich höre ja schon auf mit den Hochzeitsvorbereitungen. Du hast deinen Standpunkt deutlich gemacht.“
    „Ashley, das ist kein Scherz. Ich werde das Land verlassen.“
    „Du kannst nicht gehen, Purvi. Du blühst und gedeihst in der Hektik vom Silicon Valley. Was wirst du denn in Indien stattdessen tun?“
    Purvi lässt sich auf ihrem Stuhl nieder. „Ich werde dir jetzt etwas sagen. Es wird dir nicht gefallen, aber eines Tages wirst du dir selbst eingestehen: Purvi hatte vollkommen recht. An diesem Tag, Ashley, wirst du mich verstehen.“
    „Das bezweifle ich. Vor allem, wenn du mich wirklich verlässt. Ich neige dazu, nachtragend zu sein.“
    „Die Ehe ist keine ewige Herrschaft der Prinzessin. In der Ehe geht es darum, Opfer zu bringen. Und manchmal bist du am Zug. Manchmal er. Aber weißt du was? Es ist immer einer von beiden am Zug. Was euch verbindet, ist, dass ihr nicht wollt, dass euer Kind Opfer bringen muss. Also geht man vor und zurück im Leben und wechselt sich ab. Oder man endet vor dem Scheidungsgericht, aber dann haben alle verloren.“
    Ich hatte sie eigentlich nach Indien gefragt, wo kommt auf einmal diese Traupredigt her? Ich habe noch nie erlebt, dass Purvi über Persönliches spricht. Ich weiß, dass es sie beschäftigt, obwohl sie es wahrscheinlich niemals zugeben würde. Sie ist eine Märtyrerin durch und durch. Als Seth mich damals gefragt hatte, ob ich ihn nach