Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)

zufallen. Wir machen Netzwerke. Man wechselt nicht einfach so sein Spezialgebiet. Aber im gleichen Moment merke ich, wie ähnlich diese Gebiete einander sind. In meinem Kopf dreht sich alles und mein Schluckreflex hat sich verflüchtigt. Die grausame Wahrheit bricht sich ihre Bahn in mein Bewusstsein. Es gibt keine zwei Seth Greenwoods bei Mitel. Da ist nur einer. Er hat eine Glatze, blaue Augen, und ich liebte ihn einst mit allem, was ich hatte. Das kann nicht gut gehen.

3. Kapitel
    Ich zerknülle das Papier in meiner Hand. „Seth kann warten, glaube ich.“
    Purvi wirft ihre Hand in die Luft. „Ashley, wie du deine Prioritäten setzt, ist mir absolut schleierhaft. Wenn du nicht die beste Patentanwältin da draußen wärst, würdest du mit Sicherheit weggesperrt werden. Du bist wie Howard Hughes: du funktionierst, du kennst dich aus im Business, bist aber sehr, sehr seltsam.“ Mit ihrem trällernden indischen Akzent hört es sich an wie ein Kompliment.
    Ich fange an zu lachen und sammle die Aktenstapel von meinem Schreibtisch. „Ich werde nach Hause gehen. Für Taiwan packen“, sage ich mit einem abschließenden Grinsen. „Sag Debra, sie soll mir einen Flug am Sonntag buchen.“ Mir ist klar geworden, dass es sinnlos ist, sein Schicksal zu bekämpfen. Ich bin die Frau, die nach Taiwan fliegt. Ich muss mein Leben einfach akzeptieren, so wie mein zukünftiger Ehemann das auch tut.
    Ich stopfe die Berichte in meine Aktentasche. „Ich brauche Zeit, um mich auf das Treffen mit dem Vizepräsidenten der technischen Abteilung vorzubereiten.“ Was natürlich absoluter Schwachsinn ist. Auf einem 16-Stunden-Flug habe ich nichts anderes als Zeit. In Wahrheit muss ich hier einfach nur weg und nachdenken. Mein Kopf ist überlastet. Die Hochzeit, ein paar Patente und jetzt auch noch ein Exfreund, der anscheinend nichts Besseres zu tun hat, als immerzu in meine Privatsphäre einzudringen. Gainnet ist mein Territorium. Wenn ich den Hydranten markieren muss, um das zu demonstrieren, dann werde ich das tun.
    Purvi starrt mich an, während ich vor mich hinbrabbele. Sie weiß, dass sie sich nicht mit mir anlegen darf, wenn ich mich gerade wie eine Verrückte aufführe. Und heute bin ich definitiv am Rande des Wahnsinns. Ich denke, Purvi hat mein Verhalten als Teil meiner Genialität akzeptiert. Natürlich ist da in Wirklichkeit gar keine Genialität. Ich bin einfach nur seltsam und exzentrisch. Sie schüttelt mit dem Kopf und geht in ihr Büro.
    „Wir werden dir einen Flug für Sonntag buchen. Denk an deinen Job statt immer nur ans Shoppen. Die Zeit zum Shoppen ist abgelaufen.“
    Meine Gedanken wandern zurück zu Seth, und dass er unerfreulicherweise wieder in meinem Leben aufgetaucht ist. Er und sein Kumpel Sam haben die Gemeinde gewechselt, weil in jeder Gemeinde hin und wieder eine riesige Wolke auftaucht, alle Singles aufsaugt, sie emporhebt, um sie anschließend in einer neuen, angesagteren Gemeinde abzuladen. Ich bin mir bewusst, dass sie alle denken, diese neue Erfahrung würde sie dem wahren Glauben näherbringen, aber eigentlich hoffen sie nur auf bessere Dating-Optionen. Und die Tatsache, dass die Singles ihre Runde alle gemeinsam drehen, sorgt nicht unbedingt für Frischfleisch in diesem Szenario. Im Grunde bleiben immer alle schön beisammen, bis die nächste Wolke kommt, und das Leben in ihrer alten Gemeinde geht unverändert weiter.
    Was ich sagen will: Seth war auf einer dieser Singlewolken davongeschwebt, und seit unserem unglücklichen Zusammenstoß an dem Tag meiner Verlobung habe ich ihn nicht mehr gesehen. Nachdem so viel Zeit vergangen ist, weiß ich jetzt, dass ich auch keinerlei Interesse daran hatte, ihn zu sehen. Hallo Gott, hörst du das? Kein Interesse!
    Es gibt zwei Kategorien, in die ich Exfreunde einordne:
    1. Die womöglich verpasste Chance. (Was wäre, wenn ich dies gesagt und jenes getan hätte? War ich dazu bestimmt, die Mutter seiner Kinder zu werden? Kann es sein, dass er gar nicht auf den Zwilling von Heidi Klum gewartet hat?)
    2. Der Gelobt-sei-Sein-Name-Ex. Du kannst seinen Namen, zum Beispiel Seth, nicht aussprechen, ohne hinterher automatisch zu denken: Danke, Jesus! Danke, dass du mich vor den Folgen meiner Blindheit bewahrt hast.
    Seth gehört definitiv zur zweiten Kategorie. Er ist ein wertvoller und anständiger Mensch, aber blind für die Gedanken und Bedürfnisse anderer. Ich glaube, Seth hat einen Defekt in dem Gen, das für die Emotionen zuständig ist … falls er überhaupt