Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)
gescheucht. Die Bestellung von meinem Hochzeitskleid wurde aus Gott weiß welchen Gründen storniert. Ich habe das Geld für die Hypothek für eine ‚Rote-Eier-und-Ingwer-Party‘ ausgegeben, meine Firma hat gerade meinen Exfreund eingestellt und ich haben einen Verlobten, den ich nie zu Gesicht bekomme, und wenn doch, dann schläft er ein. Meine Mutter möchte nicht die Rolle der Brautmutter übernehmen, stattdessen lieber die der Großmutter. Für mich hat das Böse in dieser Woche ein Gesicht bekommen – und es sieht aus wie Emily. Und wenn du nicht wütend auf sie bist wegen ihrer List und Hinterhältigkeit, dann bin ich es eben! Bei Kevin habe ich noch versucht, es höflich auszudrücken, aber Tatsache ist, dass seine Schwester gerade dabei ist, meine Hochzeit zu sabotieren. Und genauso wie mir eines Tages bewusst geworden ist, dass Daves und Mei Lings Hochzeit nicht meine ist, wird Emily auch begreifen müssen, um wessen Hochzeit es hier eigentlich geht.“
Kay atmet tief aus, als sei ich ein Kind, dem der Hintern versohlt werden müsste. Vielleicht ist da sogar was dran, aber ich bin so was von nicht in der Stimmung, das zu hören.
„Was auch immer du tust, tue es nicht vor der Brautparty, Ashley. Wir werden sonst alle zusammen im Wohnzimmer sitzen und niemand von uns wird etwas zu sagen haben. Wenn du nicht mehr wütend bist, beantworte dir selbst die Frage, ob du Emily nicht ein bisschen zu wichtig nimmst. Und bis dahin, geh zur Arbeit und spiel eine Weile mit Patenten herum. Denn Partnervermittlung gehört nicht unbedingt zu deinen Stärken.“
Da ist sie, die Stimme der Vernunft. So was von nicht auf meinem Tagesplan heute. „Ich kann nichts versprechen.“
Das gigantische, zementcontainerartige Gebäude mit den standardmäßig verspiegelten Fenstern, in dem Gainnet sich befindet, ist für einen Samstagmorgen ziemlich still. Nur wenige Autos sind über den Parkplatz verstreut. Seit dem Dot-Com-Absturz kann man den Unterschied zwischen einem Wochentag und dem Wochenende wirklich sehen. Ein großer Vorteil des Crashs ist, dass die Ingenieure die Definition von „Samstag“ gelernt haben: mehr Zeit für die Xbox.
„Hey, Jim“, sage ich, als ich das Gebäude betrete. Ich ziehe meine Karte durch die elektronische Prüfstelle und Jim nickt mir zu. Kein Guten Morgen, kein Schön, dich zu sehen, nur das typische Nicken eines Sicherheitswachmannes, das mich wissen lässt, dass er meine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hat, aber auch, dass er mich rausschmeißen kann, sobald es notwendig werden sollte.
Als ich auf meinen Schreibtisch zugehe, muss ich kurz anhalten, als ich Seth sehe, der über den Großraumbürogang auf mich zusteuert. Ich sehe mich verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit um, aber wo bin ich denn bloß mit meinen Gedanken? Es ist eindeutig, dass er mich sieht, es sei denn, ich hätte plötzlich die Fähigkeit entwickelt, mich unsichtbar zu machen. Er hält auch an, sodass wir nun beide hier stehen wie zwei Idioten, die darauf warten, dass der andere den ersten Schritt macht. Mir wird bewusst, dass ich etwas Übung gut gebrauchen kann, wenn ich Emily Paroli bieten will. Also gehe ich auf ihn zu, meine Schultern gestrafft wie die eines Vogue- Models, was mir zusätzliche Selbstsicherheit verleiht.
„Hey Ash, hast du dich am Rücken verletzt?“, fragt Seth verdutzt.
„Was? Nein.“ Ich entspanne meine Schultern ein wenig. „Es ist schön, dich zu sehen, Seth. Ich habe gehört, dass du den Job hier bekommen hast. Herzlichen Glückwunsch.“
Was habe ich gesagt? Vollkommen professionell. Keine bitteren Angstgefühle, keine Melancholie, kein jämmerlicher Eigentlich-wollte-ich-dich-heiraten-Ton. Aber als ich in seine blauen Augen sehe, spüre ich seine Präsenz. Bei dem Anblick seines kantigen Gesichts, seines glatten Kopfes und seiner tansanitartigen Augen hüpft mein Herz noch immer ein bisschen. Ich zwinge mich, auf den Boden zu schauen. Konzentriere dich auf die Diesel-Sneakers, sage ich mir. Aber all die Erinnerungen überfluten mein Gehirn: Seths Lachen; wie er mir den kleinen, puppengleichen Rhett schenkt. Seine unbedarfte Art. Die eines Informatikers eben. Er führt mich nicht in Versuchung, aber ich vermisse doch seine Freundschaft. Ich wünschte, ich könnte vergessen, dass ich ihn einst geliebt habe. Es ist wie die tägliche Erinnerung an eine Zurückweisung. Ich wünschte, im Silicon Valley gäbe es mehr als, nun ja, vier Christen, sodass die Wahrscheinlichkeit, ihm zu
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