LIEBES LEBEN
eingeladen?«
»Irgendein kleines französisches Restaurant in Palo Alto.«
»Aber nicht das L’aime Donia«, sagt sie mit perfektem französischem Akzent. »Ich liebe dieses Lokal.«
Das haut mich um. Ich hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt schon mal dort war. Sie wirkt auf mich nicht wie der Typ, der französisch essen geht. Ich fange an zu begreifen, dass es sehr viel gibt, was ich nicht über Dianna weiß.
»Es war nett«, sage ich ausdruckslos.
»Weißt du, Ashley, du bist klug genug, du brauchst keinen reichen Kerl.«
Ich bin platt. Seit wann heirate ich wegen Geld? Seit wann heirate ich überhaupt wegen irgendetwas, ist die eigentliche Frage.
»Ich weiß, was du jetzt denkst«, fährt sie fort. »Ich bin nicht die Richtige, um dir einen Rat zu geben. Aber weißt du was? Ich bin genau die Richtige, um dir einen Rat zu geben. Ich werde es nie wieder zulassen, dass ein Mann mich in der Hand hat. Ich will die Männer in der Hand haben.« Sie zwinkert und geht wieder zu ihrem Schreibtisch, wo sie schon eine andere Assistentin erwartet, um sich mit ihr zu unterhalten.
Hat man die Männer in der Hand, wenn man sie in den Ausschnitt schauen lässt? Vielleicht hat man sie in der Hand, aber es erinnert sehr an Isebel, die Frau des Königs Ahab, und ich stehe mehr auf das Beispiel von Esther oder Ruth. Aber nicht das der Jungfrau Maria. Dem folge ich jetzt schon einunddreißig Jahre. Ich will einen Mann, und zwar jetzt! Heute morgen ist es mir egal, ob es Kevin oder Seth ist. Der Erste, der sich rührt, mit dem gehe ich vor den Altar. Na ja, vielleicht bin ich doch nicht ganz so verzweifelt. Aber fast.
Purvi stopft mir in letzter Minute noch ein paar Dokumente in die Tasche und verabschiedet mich. »Das ist eine große Sache«, erinnert sie mich noch einmal. »Mit diesen Tantiemen bleiben unsere Aktien oben. Wenn wir sie und unsere Aktionäre verlieren, dann wird sich der Vorstand direkt die Patentabteilung vorknöpfen.«
Ich salutiere. »Das schaffe ich schon.«
»Die nächste Geschäftsreise nach Seattle darfst du machen. Das verspreche ich.«
Ich nicke nur. Eines weiß ich genau: Purvi wird dafür sorgen, dass es sich für mich lohnt. Jedes Mal, wenn ich für die Firma ein Patent an Land ziehen kann, bekomme ich 1.000 Dollar Bonus. Und wenn ich uns Tantieme für ein Patent sichern kann? Womöglich fliege ich dann nach Hawaii! Dann lasse ich mir die Gesichtsmaske dort machen. Ich werde bis zum Umfallen üben, mich zu entspannen.
Als ich in die Stadt fahre, ist kein Verkehr. Natürlich muss ich wieder den einzigen Tag im Jahr erwischen, an dem auf der 101 nach San Francisco kein Verkehr ist. Kennen Sie den Film Der Tag danach? So sieht die Autobahn jetzt aus, und ich habe freie Fahrt bis zum Flughafen und komme rechtzeitig zu meiner schicksalhaften Verabredung, zu der ich ausnahmsweise viel lieber zu spät kommen würde.
Ich weiß, dass ich an meiner Einstellung arbeiten muss. Vielleicht ist Dan Hollings ja mittlerweile ein super Typ, und ich verderbe mir mit dieser Haltung alles. Noch mal von vorne. Ich muss mich neu booten. Er ist nicht mehr hinter den Cheerleadermädchen her. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann hier in der Gegend von San Francisco. Er hat immerhin eine Rufumleitung auf sein Handy. Das zeigt doch etwas Initiative. Na schön, Herr, ich lege die Sache ganz in deine Hand. Es ist das, was du heute mit mir vorhast. Ich nehme es an. Ich will heute deine Botschafterin für Dan Hollings sein.
Ich bin eine Stunde zu früh am Flughafen. Das hat mir gerade noch gefehlt. Noch mehr warten. Aber ich checke meinen Koffer, der jetzt seit fast einer Woche gepackt ist und meinen ganzen Besitz enthält, zu dem ich noch Zugang habe, am Schalter ein.
Ganz gleich, zu welcher Tageszeit man am Flughafen in San Francisco ist, hier ist immer Gedränge. Durch die neuen Glaswände wirken die Menschen so klein, wie wuselnde Ameisen, die in alle Richtungen auseinanderströmen. Ich stürze mich in den Strom und steure mit all den anderen Silicon-Valley-Arbeitsbienen und Touristen auf das Terminal für Auslandsflüge zu.
Ich beschließe, mit meinem PDA noch E-Mails abzurufen, während ich auf Dan warte. Ich warte auf Dan Hollings. Wenn das keine klare Aussage über mein Liebesleben ist, dann weiß ich auch nicht, wie man es besser beschreiben soll. Als ich durch die Eingangshalle hinüber zum japanischen Restaurant schaue, steht Dan da und wartet. Er winkt mir zu, als sei ich quer durch die Staaten
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