LIEBES LEBEN
ja, Mama. Ach, ich habe auch kleine Gastgeschenke mit ihren Namen in chinesischen Zeichen darauf. Es sind kleine chinesische Kleidungsstücke und Stäbchen.«
»Ashley, wenn ihre Namen in Chinesisch geschrieben sind, kann es ja keiner lesen.«
Bin ich nicht gerade eben noch durch ganz Taipeh gefahren, um etwas Chinesisches für eine Hochzeit zu finden, die nicht mal meine eigene ist? Habe ich nicht versucht, mich mit einem alten Taiwanesen zu verständigen, der die Namen mühsam auf jedes Stäbchen gemalt hat? Könnte das nicht wenigstens ein klitzekleines bisschen Anerkennung finden?
»Dann sag ihnen in deiner Rede einfach, was die Zeichen bedeuten, Mama. Darum geht es, wenn Menschen aus zwei verschiedenen Kulturen heiraten - man muss die Unterschiede erklären und annehmen.«
»Bei einer chinesischen Hochzeit wird doch auch Alkohol getrunken, oder? Dein Vater hat ein Vermögen ausgegeben für freie Getränke.«
»Ja, Mama, sie trinken Alkohol. Wir müssen ja auch nicht alles so machen wie in China. Wir wollen Mei Ling nur zeigen, dass uns ihre Herkunft bei ihrer Hochzeit wichtig ist. Es ist schon schwer genug für sie, dass ihre Eltern nicht hier sein können.« Ich halte inne. »Hier geht es um sie und Dave, nicht um uns.«
»Die Hochzeit macht so schon genug Arbeit, auch ohne den ganzen chinesischen Kram. Aber wahrscheinlich hast du recht.«
»Ich habe von allem fünfzig Stück mitgebracht. Das müsste reichen, oder?«
»Um Himmels willen, ja«, meint Mama. »Es kommen eigentlich nur meine Tanten. Sie spielen gerne und haben vor, nach der Hochzeit ins Caesars Casino zu gehen. Die Verwandtschaft auf der Seite deines Vaters meint, die Ehe würde sowieso nicht lange halten, so dass es sich nicht lohnt, den Flug nach Las Vegas zu zahlen.«
Typisch. Das war eine schöne Umschreibung dafür, dass Papas Verwandte scheinheilige Fanatiker sind und sich weigern, zu Daves Hochzeit zu kommen, weil er keine Weiße heiratet. Zugegeben, ich habe gelinde ausgedrückt auch leichte Zweifel, wenn ich daran denke, dass Dave heiratet. Aber das hat nichts mit ihrer anderen Hautfarbe zu tun. Es hat ausschließlich damit zu tun, dass Dave Dave ist. Und selbst wenn Dave Christ ist, ist er immer noch Dave. Ein neuer Mensch in Christus? Vielleicht. Aber in jedem von uns lauert irgendwo tief drin noch ein bisschen vom alten Mensch.
»Dann haben wir von allem genug. Hör zu, Mama, ich will mir jetzt eine Wohnung ansehen. Ich ruf dich später noch mal an, ja?« Beklommen schaue ich den Vermieter an. Im Silicon Valley gibt es zwei Sorten von Vermietern. Es gibt die wohlhabenden Unternehmer, die immer neue Häuser kaufen und die alten vermieten, wenn sie ausgezogen sind. Ich nenne sie gerne unsichtbare Vermieter, weil sie nie da sind und man nie wieder von ihnen hört. Nicht einmal, wenn die Abflussrohre verstopft sind.
Und dann gibt es die Griesgrame, die ganze Gebäudekomplexe vermieten. Sie wohnen gewöhnlich selbst in diesem Komplex und beobachten alles, was in ihrem Wohnblock vorgeht, mit Adleraugen. Und es ist ihr Wohnblock; die Mieter sind nur Gäste - vorübergehende Gäste. Das heißt, dass jede Party, jeder Besucher und jedes Haustier kritisch beäugt und anschließend zum Anlass heftiger Diskussionen gemacht wird.
Als ich Mr. Harvey White in seiner Polyesterhose Jahrgang 1957 kommen sehe, die er bis unter die Brust hochgezogen hat (und die für ihn immer noch gut genug ist), erkenne ich, dass er offensichtlich zu Letzteren gehört. Er geht um mein Auto herum und beäugt es kritisch. Ich springe mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht heraus. Ich habe auch Mr. Manger, wenn nicht sogar Mrs. Manger überzeugt. Was soll dieser Kerl an mir finden?
»Mr. White, ich bin Ashley Stockingdale. Schön, sie zu treffen«, begrüße ich ihn zuckersüß. Ich kann es kaum erwarten, meine Hände auf die Granitarbeitsflächen zu legen, die er in der Küche neu eingebaut hat. Ich werde zwar niemals etwas darin kochen, aber sie sehen himmlisch aus.
Er wedelt mit ein paar Formularen. »Haben Sie das ausgefüllt?«
»Ja, ich habe sie Ihnen zugefaxt. Anscheinend haben Sie sie bekommen.«
»Ihre Referenzen sind schlecht. Es hat gar keinen Sinn, dass ich Ihnen die Wohnung zeige, weil ich sie mit diesen schlechten Referenzen nicht an Sie vermieten werde.«
Ich schüttle nur den Kopf. Die Toilette aus Zedernholz ... der Parkettfußboden. Jetzt werde ich nervös. »Mr. White, ich versichere Ihnen, dass ich ausgezeichnete Referenzen
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