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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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getrieben, für ihn sind wir Frauen
     schöne Spielzeugautos, schöne Plastikpuppen mit aufgemalten Rougewangen, und wenn die Schminke zerläuft oder das Haar in Strähnen
     herunterhängt, fühlt er sich verlacht, ein irrer Mann, und ich hatte gesagt: Ein irrer Mann hat mit mir spielen wollen, hat
     mich einweihen wollen in sein krankes Spiel, my face against your face, rief er mir zu, dann schrie er: face to face, ist
     es ein typisches tschechisches Volksdrama, ein typischer Wettkampf unter Prager Männern, oder glaubte er in Tyra eine Tschechin
     erkannt zu haben, die von mir, einem Deutschen, einem ehemaligen Besatzer und jetzigen Geldtouristen belästigt wird, und Jarmila
     drückte ihre linke Brust in meinen Mund, kein Traum, der mich wachhielt, kein Traum, der meinen Kopf sprengte, und wieder
     sprach sie leise tschechische Worte aus, sie klangen wie ein Text aus einem Stück, vielleicht konnte sie sich spalten in drei
     Teile, ein Teil der Frau legte sich nackt auf einen nackten Mann, ein Teil der Frau besang den verlorenen gelegentlichen Liebhaber,
     ein Teil Jarmilas sagte Sätze auf und probte die Rolle, ich war verrückt, an diese Dinge zu denken, wahrscheinlich war ich
     auf dem besten Wege, vom Wahn verschlungen zu werden, wahrscheinlich hatte der betrunkene Tscheche einen Grund gehabt, mir
     die halbvolle Bierflasche über den Schädel zu ziehen, doch ich wich aus, und das Bier ergoß sich auf sein Hemd und seine Hose,
     und da hatte er etwas gutzumachen, denn die Freunde hatten ihn bei dem mißlungenen Versuch beobachtet, mich zu besiegen auf
     dem Platz des siegreichen Vaclav zu Pferde, und genau in diesem Moment tauchte die freundliche Prostituierte auf und lockte
     sie an, die Schwarzen mischten sich nicht ein in die Angelegenheit der Weißen, alles ein stumpfsinniges Spiel, |285| alles eine Frage von wenigen Stunden, da der Nebel sich verflüchtigen würde, da die Kunden und die Nutten verschwinden würden
     von der Straße, und der Tscheche schrie mich an, und die Freundliche legte ihre Hand auf seinen Arm, es brauchte doch für
     ihn keine große Überwindung, einen blöden leicht verwirrten Touristen ziehen zu lassen, die Hassenden im Nebel aber fingen
     an, an ihr zu zupfen, the majority of the people in the hell are men, sagte die Freundliche plötzlich, auch sie war verwandelt,
     zur Hölle mit den Männern, die an ihr kneifen, sich an sie drängen, ihren Hintern betasten, sie kostenlos berühren, zur Hölle
     mit euch Männern, schrie sie auf englisch, und da tauchte wie aus dem Nichts ein Höllenmann auf, halb weiß, halb schwarz,
     vielleicht hatte er im Hintergrund gelauert und mußte aber eingreifen, der schwarze Teil von ihm rief die Schwarzen herbei,
     es geschah so schnell, daß ich mich wunderte, plötzlich wieder alleine zu stehen, und die Tschechen verstanden, daß sie in
     der Unterzahl waren, Jarmila hörte auf zu flüstern und sagte: Ich habe heute eine Schlagersängerin gesehen, sie ist seit fast
     fünfzig Jahren im Geschäft, sie moderiert im Fernsehen eine furchtbar dröge Gewinnspielsendung, und die einfachen Menschen
     lieben sie dafür, aber ich habe sie nicht gesehen, es war nicht wirklich sie, sondern nur ihre Lungen waren es, den Rest hat
     sie ausgewechselt, sie ist chirurgisch umgestellt, fast alles komplett neu, und weil sie eitel ist, verfolgt sie seit einigen
     Jahren das Ziel, alle älteren Fotos von ihr zu vernichten oder vernichten zu lassen, denn ihre schiefe Nase, um nur ein Beispiel
     zu nennen, hat sie ein dutzendmal richten lassen, man erzählt, daß ihre Nase wegen der Operationen so klein geworden war,
     daß sie sich hat Silikonknorpel in die Nasenflügel einsetzen lassen, und natürlich ist ihr Liebhaber mindestens zwanzig Jahre
     jünger als sie. Ja, sagte ich und bewegte |286| mich in ihr, ihre Haut schimmerte in der Dunkelheit, und die hellen Schatten wanderten von der Decke herunter auf die Wand
     hinter ihr und lösten sich auf, sie wurden abgedrängt von der Straße, die Tschechen, sie wurden dabei getreten, und man schlug
     ihnen die Flaschen aus der Hand, die Freundliche stand neben mir, während ihr Mulattenchef die Schwarzen antrieb, und ich
     bedankte mich bei ihr mit den Worten: I thank you, Madame, Madame sprach ich auf französisch aus, sie nahm meinen Kopf zwischen
     die Hände und küßte mich ein einziges langes Mal auf die Lippen, ihr Mulattenchef scheuchte sie auf die Straße, und ich sagte
     zu ihm: I thank you very much, Sir, und

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