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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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liebte, wenn an ihren Fingerkuppen Schokostreusel vom
     Gebäck klebten oder Brotrindenkrümel. Daß die Wimperntuscheklümpchen sich in der Wärme des Restaurants auflösten. Daß ihr
     Hals hinter ihren Ohrläppchen so weiß war wie auf den Schulterfittichen von Taubenflügeln, und wenn sie nachgefragt hätte,
     könnte ich ihr die Prager Tauben zeigen, und das Weiß auf den Federn, das man sah, wenn sie ihre Flügel leicht spreizten.
     Daß ich ihre kleinen Lügen liebte, mit denen sie die Männer umgarnte, die in ihr keine Lust weckten, sie log ein bißchen,
     weil sie neugierig war, sie streckte sich nach der hohen Decke, und die Armeslänge, die noch fehlte, um die Zimmerdecke zu
     berühren, war nicht wichtig, und wer ihr vorwarf, daß sie auch auf Zehenspitzen |282| oder auf hohen Absätzen nicht bis zur Decke reichte, kannte ihre Schönheit kaum. Es tat ihr leid. Und ich blickte schnell
     auf ihre Knie.
    Es mußte ja so enden, sagte sie.
    Nein.
    Fangen wir bitte nicht wieder von vorne an.
    Wieso nicht? sagte ich, du kannst keinen Mann einfach ziehen lassen, der … mit dir so viel vorhat.
    Es hat nicht angefangen, sagte sie, also nimmt es auch nicht wirklich ein Ende.
    Das war’s?
    Ja, das war’s, sagte sie, leb’ wohl.
    Nicht! sagte ich, und es war schon zu spät, sie ging mit schnellen Schritten davon, als fürchtete sie, ich würde mich an ihr
     festklammern oder ihr auf offener Straße eine Szene machen, ich sah die Frau, die ich liebte, fliehen vor mir, und ein Tscheche,
     der ihr hinterherstarrte, bis sie im Menschengewühl nicht mehr zu erkennen war, schaute mich erst mit leerem Gesicht an, dann
     lächelte er, er hatte kein Mitleid mit mir, er bezeugte nur meine Niederlage, eine Frau auf der Flucht vor einem Mann war
     keine Frau, die für diesen Mann mehr empfand als für eine Hornisse.
     
    Es ist vorbei, sagte sie, es ist vorbei, sagte ich, und wieso lag ich in ihren Armen, eine Frau hatte mich verlassen, eine
     Frau faßte mich an, berührte meine Lider, leckte meine Lippenmulde, und wieso waren wir beide nackt, eine Frau hatte sich
     durch all die vielen Worte nicht zähmen lassen, eine Frau zähmte mich, weil sie von einem anderen Mann betrogen wurde, vor
     einer Stunde nur, das letzte Mal, daß wir uns trafen, Tyra und ich, die Davongehende, die Fliehende hatte sich kein einziges
     Mal umgedreht, eine Frau verließ mich, eine Frau fand mich, aber das kam erst später, und der lächelnde Tscheche, |283| der mitleidlose Augenzeuge bot mir einen Schluck aus seiner Bierflasche an, ich lehnte ab, da ich hoffte, sie könnte doch
     noch ihren Zorn überwinden, ich lehnte ab und bedankte mich nicht, und weil ich verloren hatte, wurde mir das Herz kalt, jetzt
     aber spürte ich diese Frau, Jarmila, sie flüsterte mir tschechische Worte ins Ohr, die Lichter der vorbeifahrenden Autos brachen
     sich an den Fensterscheiben und glitten als helle Schattenbalken über die Zimmerdecke, und wieso küßte sie und biß sie und
     löste die Härte hinter meinen Augen, hatte ich vor, mich zu schlagen, vorhin, als der Tscheche mich ermahnte, ihn anzusehen,
     plötzlich sprach er auf englisch, und seine Freunde rückten näher heran, sie waren neugierig, sie wollten gerne mehr erfahren,
     ich stand einfach da und wollte mich nicht um sie kümmern, war es eine Provokation, hatte der Tscheche denn nicht den kalten
     Abschied miterlebt, hatte er mich denn nicht derb und düster angelächelt, wieso war ich jetzt verlegen und schämte mich und
     bedeckte meine Blöße, ich lag nackt im Bett, Jarmila lag nackt halb auf mir, halb neben mir, und sie hatte die Decke weggetreten,
     sie drückte mir ihre schöne Brust in den Mund, und ich nahm sie auf und roch und schmeckte sie, war alles wieder gut, eine
     Frau hatte meine große Liebe nicht angenommen, eine Frau wurde betrogen von einem Mann, der vor dem Wahnsinn nicht zurückschreckte,
     der andere Frauen mit seinem Wahnsinn ansteckte, die große langbeinige wunderschöne Tschechin im Nerzmantel lag im Krankenhaus,
     sie hatte nach einem Streit mit ihm ein Wasserglas zerschlagen und mit den kleinen Scherben versucht, ihre Pulsadern aufzuschneiden,
     das war doch eine schöne Stadt, das durfte nicht geschehen in Prag, ich war hergereist, um das Versprechen einzuhalten, das
     ich einer Frau gegeben hatte, aber sie wußte nicht von diesem meinem lächerlichen Schwur, und Jarmila |284| hatte gesagt: Der Verdammte ist an allem schuld, er hat meine Nuttenfreundin in die Enge

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