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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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mir eine Frist, er nannte mir eine Summe, die man ihm auf sein Konto zu überweisen
     hätte, und er drückte mir einen Zettel in die Hand, auf dem er seine Bankverbindung aufgeschrieben hatte. Wer war also der
     Versager? Wieder zurück bei meiner Tante verschwieg ich den Streit und erzählte ihr das Märchen von den zwei entfernt verwandten
     Männern, die es nicht zum Konflikt kommen lassen, sondern die Angelegenheit auf eine sehr zivilisierte Weise lösen. Dann rief
     ich bei meiner Bank in Deutschland an, bat darum, einen nicht unbeträchtlichen Teil meines über viele Jahre angesparten Geldes
     noch am selben Tag ins Ausland zu transferieren, die Auslandsüberweisung machte den Bankangestellten mißtrauisch, er kannte
     mich persönlich und wußte um meinen gelegentlichen Leichtsinn. Er nahm dann doch schweren Herzens ›die Transaktion‹ vor. Hatte
     ich den Familienstreit geschlichtet? Nein, ich war nach einigen Tagen Aufenthalt in |23| Ankara völlig entkräftet und wütend in den Nachtbus gestiegen, mein Plan sah vor, an der Ägäis eine Woche Urlaub zu machen
     und darüber nachzudenken, wie ich wieder zu mehr Geld kommen konnte. Meine Tante war glücklich, der linke Geschäftsmann war
     zufrieden, ich war am Ende.
     
    Entweder hast du einen Alptraum, oder du kannst ums Verrecken nicht schlafen.
    Das Zweite, sagte ich.
    Der Chef läßt sich Zeit mit der Visite, sagte der Trinker, er schwang sich auf die Bettkante, blieb sitzen und ließ den Blick
     schweifen. Ehe er dazu kam, eine launige Bemerkung über die Menschen im Krankensaal zu machen, stürmte der Pfleger herein,
     er hielt ein Hemd, eine Weste, ein Wintersakko und eine Hose an Drahtbügeln hoch und drehte sich, wie um Applaus bedacht,
     um seine Achse.
    Du hast die Ärzte beklaut, sagte der Trinker.
    Ich schwöre auf das Kantinenessen, daß es nicht wahr ist, rief der Pfleger.
    Ein sehr seltsamer Schwur, stellte der Trinker fest, Rippe, los, zieh’ die Sachen an, Frau Leistenbruch ergötzt sich schon
     die ganze Zeit an deinem Anblick, mach’ sie glücklich und zieh’ dich vor ihren Augen an.
    Die schamhafte Frau richtete sich im Bett auf, die Papierservietten segelten zu Boden, und während sie den Trinker mit Flüchen
     bedachte, stand ich auf, bat den Pfleger, mir die Decke vorzuhalten; dann zog ich mich in Zeitlupe um, die Hose spannte am
     Bauch, ich konnte den Reißverschluß nur zur Hälfte hochziehen, aber wenn ich das Hemd nicht in die Hose stopfte, würde ich
     kein öffentliches Ärgernis darstellen.
    Sie sehen wie ein Kavalier aus, Herr Rippe, sagte der Pfleger.
    |24| Lüg’ nicht, sagte die schamhafte Frau, er sieht aus wie ein herausgeputzter Bauer auf dem Dorffest.
    Ein wahrer Mann schmückt sich nicht, er zieht sich einfach nur an, sagte der Trinker, Rippe, du mußt dir den obersten Hemdknopf
     zuknöpfen, das ist bei uns Männern hier so üblich, sonst denkt man, du wärst ein Schlagersänger oder hättest die Absicht,
     dir einen Mann anzulachen.
    Mir war es egal, was man von mir hielt, aber ich fügte mich, wahrscheinlich hatte der Pfleger die Kleider einem Losverkäufer
     abgeschwatzt, der in einer Ruine hauste, oder er hatte in eine Altkleidertüte des Roten Halbmonds gegriffen und die besten
     Stücke ausgesucht. Ich stolperte dem Trinker hinterher, ich entzog mich dem Griff des Pflegers und trat auf den Vorplatz,
     auf dem Männer in Pyjama und Strickjacke in Gruppen zusammenstanden oder hin und her schlurften, manch einer schob einen Tropf
     am Ständer neben sich her, ich sah einen Mann gedankenverloren mit einem Plastikstäbchen im Kaffee rühren, mit wenigen Schritten
     war der Trinker bei ihm, er winkte mich herbei und drückte den Mann herunter, als er Anstalten machte, aufzustehen.
    Herr Bluterguß, das ist unser Neuzugang, Herr Rippe. Er hat sich tapfer geschlagen und nur ein paar Kratzer davongetragen.
    Hocherfreut, sagte Herr Bluterguß und klopfte auf den freien Platz neben sich auf der Parkbank, der Trinker und ich setzten
     uns, und weil ich aufgefordert wurde, von dem Unfall zu erzählen und kein mir bekanntes Detail auszulassen, schilderte ich
     die Einzelheiten, bald fing mein Gesicht vor Anstrengung an zu brennen, da ich aber meine neuen seltsamen Freunde nicht enttäuschen
     wollte, sprach und sprach ich, bis es tatsächlich nichts mehr zu erzählen gab.
    Rippe hat jetzt einen Kaffee verdient, sagte Bluterguß, |25| es fiel mir auf, daß er nur eine Mundhälfte bewegte, der Trinker sprang auf, eilte

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