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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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Gefühl. Marisa hätte niemals zugelassen, dass er sie so anredet.
    Leider.)
    Diesmal versuchte ich mein Glück mit der Frage: »Und welchen fernen Ort der Sinne bewohnen Sie heute?«
    Wenn Blicke töten können, wäre ich heute nicht mehr am Leben. »Ich glaube, Sie verwechseln mich mit jemand anderem«, sagte er. »Sie scheinen eine Unterhaltung weiterzuspinnen, die wir beide nie geführt haben.«
    Â»Es ist schon lange her«, sagte ich. »Damals haben Sie mir von Thanatos erzählt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Thanatos? Näh. Ich doch nicht, Chef.«
    Ich war versucht, ihm zu sagen, mit meiner Frau würde er nicht so dämlich sprechen, aber das hätte meiner Sache geschadet. Interessant nur, unter dem eben diskutierten Aspekt der Homoerotik, dass er sich seine Ernsthaftigkeit für Frauen aufhob. Es sei denn, er hätte mich extra ausgeguckt, um so albern zu reden, und verhielt sich allen anderen Männern gegenüber völlig normal. War in dem Fall also sein Umgangston etwas, das ich provozierte? Wollte ich, dass er mich nicht ernst nahm?
    Â»Und Eros? Erinnern Sie sich daran?«, fragte ich beharrlich weiter.
    Â»Wieder daneben, der Herr. Im West End war ich seit Jahren nicht mehr.«
    Â»Jeder Mensch«, sagte ich heuchlerisch, da mir sein Gestichel nur wenige Möglichkeiten für echte Konversation ließ, »weiß etwas von Liebe und Tod.«
    Â»Bevor Sie weiterreden – wenn Sie jemanden suchen, mit dem sie über Ihre Ehe oder Ihre Liebesaffären sprechen möchten, dann bin ich nicht der Richtige. Ich lebe allein.«
    Â»Aber habe ich Sie nicht schon in Begleitung von Frauen gesehen?«
    Er wandte sich mir zu, das Gesicht angespannt. »Wollen Sie eins aufs Maul haben?«
    Ich lachte, das irre Lachen der Erniedrigten und Beleidigten in den Romanen Dostojewskis. Das Lachen, das besagte: Sie können mich schlagen, Sie können mich verletzen, Sie können mich demütigen, aber Sie werden niemals mein Lachen aus mir herausprügeln. Wahrscheinlich hatte ich Pawel Pawlowitsch vor Augen, den ewigen Gatten in der gleichnamigen Erzählung.
    Â»Ich wollte mich nur nett mit Ihnen unterhalten«, sagte ich. »Sie sehen so aus, als liebten Sie schöne Frauen. Auch ich liebe schöne Frauen, auf meine Art. Ich hatte Lust auf ein Gespräch.«
    Â»Sprechen Sie mit Ihren Freunden. Obwohl, es würde mich nicht wundern, wenn Sie mir sagten, Sie hätten keine.«
    Â»Ich habe keine Freunde.«
    Â»Schätzen Sie sich glücklich. Freunde lassen einen immer nur im Stich. Frauen auch … Reicht Ihnen das als Gespräch?«
    Â»Da habe ich andere Erfahrungen gemacht. Mich hat noch nie eine Frau im Stich gelassen.«
    Er lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und prustete – anders konnte man es nicht bezeichnen – in seinen Schnurrbart. Marius’ Prusten war irritierend, da unvereinbar mit der restlichen Person, als würde ein verrücktes halb aquatisches Säugetier in einem Zoo den Besucher urplötzlich anschnaufen, ein Seelöwe, der infolge des langen Eingesperrtseins durchdreht, ein Walross mit Gespür für das Lächerliche.
    Â»Ich hoffe, Sie erwarten jetzt nicht von mir, dass ich mich nach dem Geheimnis Ihres Glücks erkundige«, sagte er.
    Â»Sich selbst immer ins Unrecht setzen. Wenn man im Unrecht ist, kann einem kein Unrecht mehr geschehen.«
    Â»Dann könnte man genauso gut alle Hoffnung auf ein glückliches Leben aufgeben.«
    Â»Das ist nicht dasselbe. Ich bin glücklich.«
    Â»Warum lauern Sie mir dann auf?«
    Â»Wer sagt, dass ich Ihnen auflauere? Ich habe nur gesagt, dass ich Sie in Begleitung einer schönen Frau gesehen habe, mehr nicht.«
    Â»Und was geht Sie das an? Sind Sie Privatdetektiv?«
    Â»Nein. Aber wenn Sie wirklich wissen wollen, was ich tue, würde ich sagen, ich bin das, was man einen Perversen nennt.«
    Â»Und Sie meinen, wenn Sie mir das erzählen, werde ich lieber mit Ihnen reden? Was würden Sie tun, wenn ich Ihnen sage, Sie sollen verschwinden?«
    Â»Wenn ich den Eindruck hätte, dass Sie es ernst meinen, würde ich verschwinden.«
    Â»Wenn Sie den Eindruck hätten, ich würde es ernst meinen! Machen Perverse das so? Schmeißen sich an Leute ran, die ihnen sagen, sie sollen verschwinden, und überlegen dann, ob sie es ernst meinen oder nicht? Warum sagen Sie nicht gleich, dass Sie

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