Liebeserwachen in Virgin River
ich gebe mir die größte Mühe, alles richtig zu machen und ihr da durchzuhelfen. Sie war erst elf, und das ist ein schrecklich junges Alter, um den Verlust eines Elternteils zu verkraften. Hoffentlich können wir hierherziehen, ehe im September die Schule beginnt, damit sie neu anfangen kann.“
„Da wünsche ich viel Glück und hoffe, dass alles gut geht“, erwiderte Jack. „Übrigens kenne ich einen richtig guten psychologischen Betreuer, der sich auf Jugendliche in dem Alter spezialisiert hat. Ein wirklich netter Kerl. Er hat einem Jungen, den ich seit Jahren kenne und der schon fast wie ein Sohn für mich ist, sehr geholfen, als er aus dem Irak zurückkam, wo er ein Bein verloren hatte. Falls Sie irgendwann mal den Namen brauchen …“
„Wenn wir hier sind, werde ich mich melden. Ich kann jede Hilfe brauchen, die ich kriegen kann.“
Genau in diesem Moment schwang die Eingangstür auf, und im Rahmen stand ein dünnes kleines Mädchen mit schwarzen Haaren, die von rosa, violetten und roten Strähnen durchzogen waren. Die Fingernägel hatte sie schwarz lackiert, und ihre Augen waren von massenhaft schwarzem Eyeliner und Mascara umrahmt. Über einem mikroskopisch kleinen schwarzen Rock trug sie ein kurzes türkisfarbenes Shirt, das über ihrer flachen Brust spannte, dazu eine Netzstrumpfhose und schwarze Schnürstiefel. Die ganze Erscheinung wurde durch ein spöttisches Grinsen ergänzt, das dennoch irgendwie nicht zu ihrem Wesen zu passen schien. „Sind wir hier vielleicht bald fertig?!“
„So gut wie“, antwortete Lief geduldig.
Sie machte auf dem Absatz kehrt und war wieder verschwunden.
Jack wischte kurz über den Tresen. „Ich such Ihnen den Namen und die Nummer dieses Beraters heraus“, versprach er.
Und Lief sagte nur noch: „Danke.“
Lilly Yazhi war dreizehn, als sie in die Gegend zwischen Virgin River und Grace Valley gekommen war, sodass sie mittlerweile fast vierzehn Jahre hier lebte. Aber erst in diesem Jahr hatte sie angefangen, ein Pferd in den Jensen-Stallungen zu halten und nebenbei zusammen mit Annie, der Frau des Tierarztes, Reitunterricht zu geben. Und erst seit sechs Monaten war sie mit dem Veterinärassistenten Clay Tahoma verlobt. Lilly war eine Hopi und Clay vom Stamm der Navajo. Es gab vieles, das sie verband, und ihre Liebe zu den Pferden war nur eins davon.
Sie war im Stall und striegelte gerade ihre Araberstute Blue, als sie spürte, wie er sich leise von hinten näherte. Er schlang ihr die Arme um die Taille und drückte seine Lippen an ihren Hals. Ohne zu erschrecken, blieb sie ruhig stehen, lächelte nur und summte.
„Es gelingt mir nie, dich zu überraschen“, stellte Clay fest. „Du fühlst, dass ich komme, selbst wenn du mich nicht hören kannst.“
„Oh, Clay? Bist du das etwa?“, neckte sie ihn.
Er drehte sie zu sich um und sorgte dafür, dass sie nicht mehr lange über ihn lachen konnte, denn er küsste sie tief und feurig. Seine Hände hatten schnell ihren kleinen Po gefunden, den er fest an sich presste. „Letzte Nacht habe ich dich vermisst“, murmelte er mit heiserer Stimme. „Ich habe vor, mich heute Nacht dafür zu entschädigen.“
„Falls es nur nicht wieder irgendwo ein krankes Pferd gibt, und du wieder rausfahren musst.“
Er machte ein finsteres Gesicht. „Das könnte mir wirklich die Stimmung verderben. Was ich dir sagen wollte, meine Mutter hat heute Morgen angerufen. Sie ist überglücklich, weil du bereit bist, unsere Hochzeit daheim in der Navajo Nation zu feiern.“
„Das freut mich.“
„Es ist großzügig von dir, das für sie zu tun. Die Entscheidung, wo die Hochzeit stattfinden soll, liegt bei dir, und ich weiß, dass du nicht an das Reservat gedacht hast, als du einverstanden warst, mich zu heiraten.“
„Deiner Familie ist das sehr wichtig. Wir sind nur zu zweit, mein Großvater und ich. Du musst mit so vielen Tahomas fertigwerden. Nur gut, dass wir nicht traditionell in der Kirche heiraten, wo die Angehörigen der Braut auf der einen und die des Bräutigams auf der anderen Seite sitzen. Die Seite der Braut würde bei uns jämmerlich leer bleiben.“
„Ich liebe dich dafür, dass du auf sie Rücksicht nimmst, und werde mir etwas einfallen lassen, worüber du dich ebenso freust. Versprochen. Vielleicht hast du ja sogar einen Wunsch …“
Sie wandte kurz den Blick ab. „Darüber werden wir irgendwann reden. Am besten, wenn du ganz erschöpft und wehrlos bist, nachdem wir uns geliebt haben … und bevor wir uns
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