Liebeserwachen in Virgin River
unmöglich vergessen oder deren Platz irgendjemand einnehmen könnte.
Gedankenverloren schüttelte er den Kopf. Colin gehörte nicht zu den Menschen, die sich auf feste Beziehungen einließen. Allerdings galt das auch für Jillian, nach allem, was sie ihm von sich erzählt hatte und wenn man sich ihr bisheriges Leben anschaute. Er war mit vielen Frauen zusammen gewesen, ohne jedoch zu denken, dass eine von ihnen seine Einstellung zum Thema Familie und Heiraten ändern könnte. Jillian hatte ein paar Männer in ihrem Leben gehabt und glaubte zwar irgendwie, eines Tages vielleicht den einen zu treffen, doch wirklich darauf gezählt hatte sie nie. Jedenfalls waren sie beide in ihren Liebesbeziehungen noch nie einem Partner begegnet, der sie gereizt hätte, sich dauerhaft zu binden. Jillian und er waren sich so ähnlich … und doch auch so verschieden.
Allerdings gab es da etwas, das ihm unbewusst zusetzte. Er war dabei, sich in sie zu verlieben. Für ihn war es das erste Mal, und er überlegte, ob ihm das nicht auch vor langer Zeit schon hätte passieren können, wenn er sein Leben etwas ruhiger angegangen wäre. Er durchforstete sein Gedächtnis, konnte sich aber an keine Frau erinnern, die er auf dieselbe Weise begehrt hatte, wie er Jillian begehrte. Seine Jilly. Er verspürte ein unbändiges Bedürfnis, sie zu besitzen. Kein anderer Mann sollte sie je berühren. Sie sollte für immer ihm gehören.
„Kannst du den Laden für heute schließen, Colin?“, fragte Jillian und tippte auf den Laptop. „Kelly hat die Horsd’œuvres fertig, und anschließend wird das Dinner serviert.“
„Unbedingt“, meinte er. „Sie wird unsere Kochkünste wohl ziemlich jämmerlich aussehen lassen, nicht wahr?“
„Oh, schlimmer als das. Sie ist ein Genie.“
In den letzten Monaten hatten Jillian und Colin zur Essenszeit mit vereinten Kräften in der Küche zusammengearbeitet und irgendein Abendessen fabriziert, das zwar immer den Appetit gestillt hatte, jedoch gewiss nichts Besonderes gewesen war.
Nachdem Colin seinen Computer ins Büro gebracht hatte und wieder auf seinem Stuhl saß, standen auf einmal ein Tischset, ein Teller, eine Stoffserviette und ein Wasserglas auf seinem Platz. Er befühlte das Tischset. „Ist das neu?“
„Nein“, antwortete Kelly. „Das stammt aus meinem Koffer. Ich weiß doch, dass Jill sich mit so etwas Umständlichem wie stilvolle Präsentation nicht abgibt. Deshalb habe ich mitgebracht, was ich benötige.“ Sie stellte eine Servierplatte in die Mitte des Tisches, die aussah wie ein Probierteller; ein paar Häppchen von jedem – Mini-Wraps, Fleischbällchen, große gefüllte Pilze, Baby-Birnen und …
„Gefüllte Weinblätter; Lammhackfleisch und Knoblauch-Rindfleischbällchen; Pilze gefüllt mit Brotkrumen, Tomaten, Sellerie und Zwiebeln; kleine gelbe Tomaten direkt von der Veranda; Butterkrebse und gegrillte Calamari. Und …“, sie stellte eine kleine Schüssel mit etwas, das aussah wie eine Salsa, sowie einen Korb mit Brot dazu, „… Nanas süßes Relish mit französischem Baguette in dünnen, leicht gerösteten Scheiben. Sirvate! Greif zu!“
Jillian brachte Colin ein O’Doul’s – ein alkoholfreies Bier – und ein gekühltes Glas, das er aber ablehnte, da Kelly gerade Wein einschenkte, den sie mitgebracht hatte und der zum Essen passte. Das wollte er sich nicht entgehen lassen. Für einen Mann, der sich normalerweise durch nichts beeindrucken ließ, das raffinierter war als ein gegrilltes Steak oder ein Burrito, war das erstaunlich. Plötzlich wollte er alles probieren. Er wollte herausfinden, ob er diese ganze Leidenschaft nachvollziehen könnte … das Mitnehmen besonderer Gewürze und Zutaten, das Schneiden einer Tomate auf bestimmte Weise, dieses Würzen und Sautieren und schließlich das Anrichten der ganzen Geschichte auf einem Teller, der auf einem Platzset stehen musste.
Er beobachtete Kelly und legte ein paar Häppchen auf seinen Teller. Als Erstes schöpfte er ein wenig von diesem süßen Relish auf ein dünnes Scheibchen Brot und biss hinein. „Jesus!“, stieß er hervor. „Was ist das?“
Kelly zuckte nur mit den Schultern. „Nanas süßes Relish. Sie hat alles verwendet, was sie in ihrem Garten anpflanzte. Ihr wichtigstes Anliegen war immer, uns satt zu bekommen, aber darüber hinaus wollte sie auch sehr alte Familienrezepte weitergeben. Ihre Mutter stammte aus Russland, ihr Vater aus Frankreich. Ein paar der Rezepte kannte sie auch von ihrem
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