Liebeserwachen in Virgin River
Geländewagen aber direkt vor einem menschenleeren Felsvorsprung anhielt, der eine fantastische Aussicht bot, sprang Shiloh heraus und öffnete seine Hecktür. Als auch Colin ausgestiegen war, erklärte Shiloh: „Wir haben höchstens ein paar Stunden mit gutem Licht. Holen Sie Ihre Sachen raus, wir werfen einfach mal ein bisschen Farbe auf die Leinwand.“
„Damit Sie sehen können, was ich draufhabe?“
„Ich denke, ich werde schon sehen, was sie draufhaben, wenn ich mir später Ihre Arbeiten anschaue. Ich kann es einfach nicht ausstehen, gutes Licht zu verschwenden.“
Meint er das ernst? fragte sich Colin. Wir trinken einfach kurz Kaffee, fahren in die Wüste und werfen ein bisschen Farbe auf die Leinwand?
Aber er hatte sich über Shiloh Tahoma im Internet informiert und wusste, dass er ein anerkannter Künstler war, der auch gelegentlich an der Universität unterrichtete. Er mochte vielleicht ein wenig seltsam sein, aber er gehörte zur Spitzenklasse. Also spielte Colin mit. Er holte Staffelei, Leinwand, Farben, Palette, diverse Pinsel, etwas Terpentin und ein paar Lappen aus dem Kofferraum und baute auf. Mit Kohle umriss er sein brandneues, völlig ungeplantes und uninspiriertes Gemälde und beschloss, einfach alles zu geben und zu tun, als ob. Er skizzierte die gigantischen roten Felsen, griff dann allerdings nicht nach der Farbe, sondern beließ es bei dem Umriss und der Kohle. Stattdessen zeichnete er einen sehr großen Puma, den er etwas tiefer auf ein Felsplateau platzierte, und eine halbe Stunde später arbeitete er mit Farbe daran weiter.
„Normalerweise male ich allein, aber ich glaube, es gibt einiges, das uns verbindet.“
„Was zum Beispiel?“, fragte Colin.
Der Navajo zuckte mit den Schultern. „Wir haben beide schwere Zeiten durchgemacht und beide die Kunst eingesetzt, um wieder auf die Beine zu kommen. Bei mir waren es andere Probleme. Ich bin nicht abgestürzt oder so etwas. Aber als die Mutter meiner Töchter starb, war das sehr schwer zu verkraften.“
Colin schaute zu ihm hinüber. Der Mann arbeitete weiter, ohne seinen Blick zu erwidern, also sagte er nur: „Mein Beileid.“
„Danke. Jetzt habe ich wieder eine gute Frau in meinem Leben. Meine Töchter mögen sie sehr. Damit ist das Schlimmste überstanden. Ich kenne mich in diesen Dingen nicht besonders aus, doch ich denke, dass man in tiefster Seele Künstler ist, wenn man in Zeiten, in denen das Leben hart wird, anfängt zu malen und zu zeichnen. Achselzuckend fügte er hinzu: „Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Was streben Sie mit Ihrer Kunst an?“
Colin grinste. „Ich will gut darin werden.“
„Verstehe. Um Geld zu machen?“
„Ich habe eine Pension von der Army. Nicht viel, aber es reicht. Ich will einfach gut sein. Was nutzt es, so viel Zeit zu investieren, wenn man nicht gut darin ist?“
„Und Sie sind daran gewöhnt, bei allem, was Sie machen, sehr gut zu sein?“, fragte Shiloh.
„Ich schätze, ja, im Großen und Ganzen.“
„Dann müssen Sie doch auch daran glauben, dass Sie gut malen, sonst hätten Sie mich gar nicht angerufen.“
„Ich war noch damit beschäftigt zu überlegen, wie weit entfernt ich von richtig gut bin, aber die Frau in meinem Leben hat darauf bestanden, dass ich herausfinde, ob meine Bilder etwas wert sind. Sie hält sie für brillant, aber schließlich ist sie voreingenommen.“ Lachend schüttelte er den Kopf. „Sie gärtnert im großen Stil und hat sich auf spezielle Früchte und Gemüsesorten spezialisiert, lauter seltene Sachen, die die erstklassigen Restaurants in begrenzten Mengen für ihre Beilagen kaufen – seltsame Paprika, alte Tomatensorten, Rote Beete, die aussieht wie Kirschtomaten … Ich denke, sie ist ebenfalls eine Künstlerin.“
Shiloh blickte ihn an, hob den Kopf und lächelte. „Ihr glaubt aneinander. Das ist schön.“
Wieder senkte sich für längere Zeit Schweigen über sie, während sie weitermalten. Für Colin war es mit Abstand die denkwürdigste Zeit, die er je erlebt hatte. Nachdem fast zwei Stunden vergangen waren, legte Shiloh schließlich den Pinsel aus der Hand und warf einen Blick auf Colins Arbeit. „Schön. Dann sehe ich mir jetzt gleich auch Ihre anderen Sachen an. Ich nehme an, die befinden sich im Jeep?“
„Ja“, bestätigte Colin. „In Tücher gewickelt und in Kartons verpackt. Ich würde es vorziehen, sie in Ihrem Atelier bei vernünftigem Licht aufzustellen.“
„Dazu kommen wir noch. Holen Sie mir nur ein paar
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