Liebeserwachen in Virgin River
du dich so oft triffst.“
Darüber musste Kelly nicht nachdenken. „Das war bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung, du weißt schon, so eine Geschichte, bei der das Gedeck tausend Dollar kostet. Und das hat in meinem Restaurant stattgefunden. Unser Chefkoch Durant war als Gast dabei, und Luca, der in der Region nicht nur sehr bekannt ist, sondern auch ein Teilhaber des Restaurants, war einer der Starköche. Ich war ihm vorher schon mal über den Weg gelaufen, allerdings haben wir uns erst bei dieser Gelegenheit näher kennengelernt und angefangen über Speisen und Menüs zu sprechen. Und voilà … schon waren wir Freunde. Das ist jetzt fast sechs Monate her, und seitdem sehen wir uns. Manchmal kochen wir zusammen.“
„Köche sind seltsam“, meinte Jillian. „Ich treffe mich doch auch nicht mit Gärtnern und rede übers Gemüse …“
„Noch nicht“, warnte Kelly lachend.
Vom anderen Ende des Flurs ertönte ein Klingeln. Es war Jillians Handy. Sie warf einen Blick auf die Uhr, es war schon nach neun. „Ich frage mich, wer jetzt noch anruft.“
Sie lief über den Flur und griff nach dem Handy. „Colin? Hast du herausgefunden, wie man ein iPhone handhabt?“
„Ich muss dir einiges erzählen!“
„Ich kann dich kaum verstehen! Warte, bleib eine Minute dran. Ich will mal schauen, ob ich woanders besseren Empfang habe.“ Sie rannte aus ihrem Zimmer und weiter die Treppe hinauf zum Witwen-Ausguck. Als sie die Falltür öffnete, gab es einen Heidenlärm, doch dann stand sie unter dem mit Sternen übersäten Nachthimmel. „Kannst du mich hören?“
„Ich weiß, wo du bist“, sagt er lachend. „Du bist auf dem Dach.“
„Oh, hier ist es so viel besser. Wo bist du?“
„In meinem Wagen, und schon wieder auf dem Weg zurück nach Virgin River.“
„Jetzt schon? Willst du etwa nachts fahren?“
„Ich war nirgendwo anders als in Sedona, Jilly, und dort nur in der Galerie von Shiloh Tahoma. Er nennt sie immer das Geschäft oder den Laden, aber da sind seine Ölgemälde und Druckgrafiken ausgestellt, und die sind einfach fantastisch. Natürlich befasst er sich auch schon sehr lange ernsthaft mit Kunst und hat als Kind angefangen. Das Erste, was er zu mir gesagt hat, war: ‚Lass uns mal rausfahren und ein bisschen Farbe auf die Leinwand werfen.‘ Ich dachte, das sollte so eine Art Test sein, aber ich glaube, er wollte wirklich einfach nur eine Weile malen. Dann hat er sich drei meiner Bilder angeschaut und meinte: ‚Schön.‘ Hinterher hat er mich zu sich nach Hause mitgenommen, und ich habe mit ihm und seiner Familie, also seiner Frau und seinen drei Töchtern, zusammen zu Abend gegessen. Sein Haus ist sehr schlicht, doch die Kunstgegenstände darin sind einfach unglaublich. Der Mann ist ein Meister. Und er sammelt andere Meister. Ich wünschte, du hättest das alles sehen können.“
„Wann war das? Heute?“
„Gestern. Gestern Abend. Er hat mir angeboten, bei ihm zu übernachten, aber ich wollte mich nicht noch mehr aufdrängen. Deshalb hat er mir gesagt, ich sollte gleich nach dem Aufstehen am nächsten Morgen wiederkommen, und ich stand dann um acht wieder vor seiner Galerie. Er hat mir eine Menge Fragen gestellt. Zum Beispiel wollte er wissen, was ich über Lithografie und sonstige Druckverfahren weiß. Solche Sachen halt. Zum Teil konnte ich mich aus dem Kunstunterricht in der Schule noch daran erinnern, über andere Sachen hatte ich im Laufe der Jahre mal was gelesen, allerdings kaum etwas davon verstanden. Jedenfalls alles Techniken, mit denen ich noch nie gearbeitet habe. Er meinte, wenn ich irgendwann mal mehr Bilder habe und auch Grafiken anbiete, hätte er einen Mann an der Hand, der eine Website für mich einrichten kann, wenn ich will. Shiloh verkauft auf seiner Website limitierte Drucke, ohne je das Original aus der Hand zu geben. Um es kurz zu machen, er hat mir gesagt, ich soll mich mit Händlern oder auch Agenten in Verbindung setzen und mir mal ein paar andere Geschäfte anschauen, aber er hat mir angeboten, meine Arbeiten bei sich aufzuhängen. Dazu musst du wissen, Jilly, dass ich ihn gefragt hatte, ob ich überhaupt gut genug bin, meine Bilder in seiner Galerie auszustellen. Und er hat mir geantwortet: ‚Noch nicht ganz. Aber in fünf oder zehn Jahren wirst du hervorragend sein.‘ Jedenfalls glaubt er, dass sich meine Sachen voraussichtlich gut verkaufen lassen und dass es ein Vorteil ist, es als Erster zu tun. Er findet, es könnte doch einfach nur Glück bedeuten,
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