Liebesfilmriss
altmodischen Radiogerät auf dem Küchentisch. Nach fünfzehn Minuten war alles vorbei.
»Puh, tut mir leid. Ich bin Rhona«, sagte Davys Mutter. »Davy war noch nie im Radio.« Tief bewegt tupfte sie sich mit einem Taschentuch die Augenwinkel. »Finden Sie nicht auch, dass der Moderator ziemlich hintertrieben war?«
Ginny wusste gleich, was sie meinte. Anfangs war es nur darum gegangen, was für ein Held Davy doch war, aber gegen Ende des Interviews hatte sich der Moderator hinterlistig erkundigt: »Ich habe erfahren, dass Sie noch bei Ihrer Mutter wohnen, was mir doch recht ungewöhnlich vorkommt. Setzt Sie das von den anderen Studenten nicht ab?«
Natürlich hatte Davy das rundheraus abgestritten, aber der Moderator ließ sich nicht überzeugen. »Sie müssen zugeben, dass es unüblich ist. Die meisten jungen Menschen, die mit dem Studium beginnen, können es kaum abwarten, ihre Unabhängigkeit auszukosten. Wollte Ihre Mutter nicht, dass Sie ausziehen? Hat sie Druck auf Sie ausgeübt, bei ihr zu bleiben? Oder war es Ihre eigene Entscheidung? Sind Sie im Herzen ein Muttersöhnchen?«
Jetzt, da das Radio ausgeschaltet war, fragte sich Ginny, wie sie darauf antworten sollte. Sie zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt, ja, ich fand ihn auch etwas hintertrieben. Aber wen kümmert, was er denkt? Wenn Davy zu Hause wohnen möchte, ist das seine freie Entscheidung.«
Rhona nickte langsam, ganz in Gedanken. Dann sah sie Ginny an. »Sie haben Davy einmal von Clifton nach Hause gefahren, nicht wahr? Er hat mir erzählt, dass Sie in Cornwall wohnen. Dann besuchen Sie hier also Ihre Tochter?«
»Nein, Jem ist momentan in Cornwall. Sie hat sich von ihrem schrecklichen Freund getrennt.«
»Rupert.« Rhona schürzte die Lippen. »Ich habe alles über ihn gehört.«
»Jem ist achtzehn. Sie hat einen großen Fehler gemacht. Und jetzt muss sie den Preis dafür zahlen«, erzählte Ginny. »Sie will die Universität aufgeben, wieder nach Hause ziehen und bei mir wohnen.«
»Wie wunderbar! Aber Sie scheinen gar nicht sehr begeistert. Wollen Sie sie nicht bei sich haben?«
Rhona verstand es offenbar nicht. Ginny atmete aus und drehte das Armkettchen an ihrem Handgelenk. »Natürlich will ich sie bei mir haben, das wünsche ich mir sehr. Aber ich will das Richtige für Jem, nicht das Richtige für mich.«
»O Gott«, sagte Rhona, »wie tapfer Sie sind.«
Ginny zuckte mit den Schultern. »Ich fühle mich gar nicht tapfer.«
Sie saßen eine Zeitlang stumm beisammen. Schließlich verkündete Rhona: »Wissen Sie, ich habe vor vier Jahren eine Hirnblutung erlitten. In einem Kaufhaus.«
»Ach ja?« Ginny war entsetzt. »Das wusste ich nicht.«
»Nein? Nun ja, woher auch. Davy findet, es geht niemand etwas an, warum er immer noch zu Hause wohnt. Aber das ist der Grund, auch wenn ich zu den Glücklichen gehörte, die sich relativ gut davon erholt haben.« Rhona klopfte auf ihr linkes Bein. »Abgesehen vom Hinken. Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass mich dieser Vorfall zu Tode erschreckt hat. Ich habe furchtbare Angst, dass es erneut geschehen könnte und dass dann niemand da ist, der mir hilft. Ich bekomme auch Panik in Geschäften, was nicht gerade ideal ist. Darum standen Davy und Lucy für mich an, um Marcus McBride zu sehen. Weil ich es selbst nicht über mich brachte.«
»Das überrascht mich nicht«, rief Ginny aus. »O bitte«, sagte sie, als Tränen in Rhonas Augen aufwallten, »Sie dürfen sich nicht die Schuld für das geben, was Davy passiert ist.«
»Das tue ich nicht.« Rhona fischte in ihrem Ärmel nach dem Taschentuch. »Nun ja, doch, das tue ich, aber das ist es nicht. Ich finde es großartig, Davy bei mir zu Hause zu haben, aber ihm gegenüber ist es einfach nicht fair, oder? Ich bin schließlich kein Invalide. Und er ist ein junger Kerl und sollte sein eigenes Leben leben.«
Ginny nickte zustimmend. »Das stimmt.«
»Ich bin noch nicht soweit.« Rhona schluckte. »Aber bald. Ich weiß, dass ich ihn bald loslassen kann.«
»Das heißt ja nicht, dass er aufhören wird, Sie zu lieben«, versicherte Ginny.
Rhona brachte unter Tränen ein Lächeln zustande. »Wehe, wenn doch.«
Davy kam kurz danach nach Hause. Rhona begrüßte ihn an der Tür, umarmte ihn fest und rief: »Du warst toll im Radio. Ich war so stolz! Es klang ganz nach dir!«
Dann murmelte sie etwas, das Ginny nicht verstehen konnte, und schickte ihn in die Küche, wo sie auf ihn wartete.
»Hallo, Davy.«
»Hallo,
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