Liebesfilmriss
»Aber sie hat mir gesagt, dass sie nicht …«
»Ihn nicht mag? Sie hat gelogen. Könnten wir jetzt das Thema wechseln?«, bat Ginny. »Meine Tochter ist wieder zu Hause, und nur darauf kommt es mir an. Wir sind hier, um zu feiern.«
»Und uns ein kleines bisschen zu betrinken.« Jem strahlte Finn an, der hinter die Theke ging. »Wir fangen mit ein paar Gläsern des weißen Hausweins an. Eimergroße Gläser, wenn Sie haben.«
»So kann man doch nicht feiern.« Finn nahm eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank und entfernte den Draht, dann öffnete er die Flasche wie ein Profi. »Hier bitte. Geht auf’s Haus.«
»He, mir gefällt es hier!«
»Gewöhnen Sie sich nicht daran. Das bleibt eine einmalige Angelegenheit!«
Jems Lächeln wurde breiter, als er ihre Gläser füllte und die Flasche in einen Sektkübel voller Eiswürfel stellte. »Sie sind netter, als ich erwartet hatte.«
Seine Mundwinkel zuckten. »Sie meinen netter
und
besser aussehend?«
»Ja. Sind Sie Single?«
»Jem!«
»Warum?«, fragte Finn.
Jem schaute unschuldig drein. »Nur so. Kein bestimmter Grund.«
Nach einer Stunde entspannte sich Ginny allmählich, mit Hilfe des restlichen Inhalts der Champagnerflasche – Moët, so viel köstlicher, wenn man nicht dafür bezahlen musste. Auch Lieferant Dan, von allen Dan the Van genannt, war aufgekreuzt und hatte erlesenen Spargel und Artischocken vorbeigebracht, Jems absolutes Lieblingsgemüse.
»Das war so dermaßen lecker, ich würde am liebsten meinen Teller abschlecken«, sagte Jem zum Schluss.
»Besser nicht. Sonst schmeißt dich Finn womöglich raus.«
»Dann führt er also tagsüber den Antiquitätenladen, und abends arbeitet er hier im Restaurant. Ist das nicht ein schrecklich langer Arbeitstag?«
»Es sind seine beiden Standbeine. Er will, dass sie gut laufen. Und die Kunden haben ihn gern in ihrer Nähe.«
Jem sah zu Finn, der an einem Achtertisch mit den Gästen plauderte. »Aber wann hat er Zeit für sich?«
»Wann immer er will.« Ginny dämmerte allmählich, worauf ihre Tochter hinaus wollte. Sie beugte sich vor und wechselte das Thema. »Erzähle mir, was gerade so in Bristol abgeht. Du hast lange nichts von Männern erzählt. Gibt es jemand Aufregendes, von dem du mir erzählen möchtest?«
»Vielleicht habe ich deshalb nicht von Männern gesprochen, weil ich viel zu hart arbeite.« Aber Jems blaue Augen funkelten und ihr Tonfall war spielerisch. Der Champagner hatte ihr die Zunge gelöst, und sie stand eindeutig kurz davor, alles auszuplaudern.
»Ich glaube dir nicht.« Ginny schwenkte ihren letzten Spargel aufreizend über Jems leeren Teller.
»Na ja. Vielleicht gibt es doch jemanden.«
»Und er heißt …?«
Jem sagte: »Bekomme ich dann den Spargel?«
»Kommt darauf an. Vielleicht. Wie heißt er?«
Wäre es nicht sensationell, wenn sie jetzt Davy sagte?
»Rupert«, sagte Jem. Und wurde rot.
Aha. Mist. Tja, es war eigentlich keine große Überraschung.
»Rupert? Meine Güte, was für eine Überraschung! Ihr zwei seid ein Paar.« Ginny schüttelte staunend den Kopf. »So was.«
»Er ist toll«, erklärte Jem begeistert und klaute sich den Spargel von Ginnys Gabel, bevor ihre Mutter es sich anders überlegen konnte. »Tja, du bist ihm ja schon begegnet und weißt, wie gut er aussieht. Wir sind jetzt seit ein paar Wochen zusammen.« Sie kaute energisch und schluckte. »Die Sache ist allerdings die: Wir haben es Lucy noch nicht erzählt. Weißt du, es ist ein bisschen peinlich, wo wir drei doch in derselben Wohnung wohnen. Wir verstehen uns alle so gut, und sie könnte sich wie das fünfte Rad am Wagen fühlen, wenn sie es wüsste. Darum ist es erst einmal unser kleines Geheimnis.«
Déjà-vu. Der Glockenschlag eines Déjà-vu hallte in ihren Ohren. War ihnen das angeboren, fragte sich Ginny. War es Jem und ihr bestimmt, nur Männer zu finden, die ihre Beziehung nicht öffentlich machen wollten?
Vorsichtig erkundigte sie sich: »War das deine Idee oder die von Rupert?«
Jem dachte darüber nach. »Ein bisschen von beidem. Also, Rupert hat es ausgesprochen. Aber ich finde es sinnvoll. Es wäre nämlich furchtbar, wenn sich Lucy ausgeschlossen fühlt. Ich würde es ja auch schrecklich finden, der ungewollte Dritte zu sein.«
Das war ein vernünftiger Einwand – sogar ein sehr vertrauter Einwand –, aber Ginny fühlte sich trotzdem unwohl dabei. Im Grunde schliefen sie also nur hinter Lucys Rücken miteinander. Wie romantisch.
»Bist du
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