Liebesfilmriss
irgendwas angegriffen. Ich lasse sie besser ins Haus.« Sie sprang auf und lief an Finn vorbei nach unten zur Haustür. »Myrtle? Komm schon, Süße, es ist alles gut. Komm herein.«
Aber obwohl sie ein weiteres Jaulen in der Ferne hörte, materialisierte sich Myrtle nicht aus der Dunkelheit und schoss auch nicht wie ein empörter, schwarzer Fellball an ihr vorbei. Schließlich schloss Ginny die Tür und ging wieder nach oben. Falls Finn eine Taschenlampe hatte, könnten sie nach Myrtle suchen.
Aber als sie am Treppenkopf ankam, sah sie Finn am anderen Ende des Raumes stehen, die Hand auf dem Knauf einer halb geöffneten Tür gelegt, die, wenn sie richtig vermutete, zu seinem Schlafzimmer führte. Seine dunklen Augen versenkten sich einen Moment lang in ihre. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Dann streckte er die Hand aus und winkte sie zu sich. Mit leiser, rau klingender Stimme murmelte er: »Komm her.«
Ooooh
. Ihr ganzer Körper prickelte. Ginny zögerte, hin und her gerissen, ob sie die Katze suchen oder sich in Finn Penhaligons Schlafzimmer ziehen lassen sollte. Andererseits, was hatte Myrtle je für sie getan? Möglicherweise war dies der Moment, in dem sie ausnahmsweise nur an sich selbst denken sollte. Wenn Finn entschieden hatte, dass jetzt ein Jubeljahr war, wer war sie, ihm zu widersprechen?
In einem tranceartigen Zustand ging sie auf ihn zu. Sie stellte sich vor, wie sie Finns weißes Hemd aufknöpfte, ihm den Ledergürtel aus der schwarzen Hose zog, seinen Reißverschluss sinnlich öffnete. O Gott, sie war furchtbar außer Übung. Hoffentlich wurde das nicht allzu deutlich. Sie würde sich völlig zum Idioten machen und …
»Sieh dir das an.« Lautlos öffnete Finn die Schlafzimmertür vollends und zog sie in den Raum. Ginny hielt den Atem an, als ihr klar wurde, dass sie sich doch nicht mit dem Thema Verführung würde befassen müssen.
Zumindest nicht mit Finn.
Klar wurde ihr auch, dass sie mit ihrer geliebten Phantasievorstellung ganz weit weg von der Wirklichkeit lag. Es gab kein Himmelbett, keine cremefarbenen Vorhänge, die sich sanft im Wind bauschten. Das Doppelbett war ultra-modern mit lederner Kopfstütze und einer schweren, teuer aussehenden Überdecke aus dunkelblauem Wildleder.
Nur dass die Überdecke im Moment nicht mehr ganz so edel aussah, angesichts der Schmiere und des Schleims mitten auf dem Bett.
»O …« Ginny presste die Hand auf den Mund.
»
Jiaaaauuuuuu
«, jaulte Myrtle, streckte die Pfoten aus. Ihr Brustkasten hob und senkte sich, als die nächste Wehe ihren Körper erfasste. Noch während sie zusahen, glitt ein silbernes Päckchen aus Myrte heraus auf die Überdecke, nur wenige Zentimeter von dem ersten blinden, wimmernden Kätzchen entfernt. Myrtle drehte sich um, eindeutig froh, dass auch das zweite draußen war, riss mit ihren scharfen Zähnen die Schleimmembran auf und biss –
bäh
– die Nabelschnur durch.
»Ich wusste nicht, dass sie in der Wohnung ist«, flüsterte Finn. »Sie muss vom Baum durch das offene Fenster hereingesprungen sein.«
»Eine echte Fassadenkletterin.«
»Woher wissen Tiere, was sie zu tun haben?«, fragte Finn, als das Kätzchen, ohne zu zögern, eine Zitze ins Mäulchen nahm und hektisch zu saugen begann.
»Woher Myrtle wusste, dass sie die Nabelschnur durchbeißen muss?« Ginny schüttelte erstaunt den Kopf. »Ich bin froh, dass ich das nicht tun musste, als Jem auf die Welt kam.«
Myrtle drehte sich um und blinzelte majestätisch. Ihre Topasaugen erfassten ihr Publikum und ausnahmsweise zischte und fauchte sie nicht. »Vielleicht wird sie jetzt zu einer netteren Katze.« Finn klang nicht allzu hoffnungsvoll.
»Vielleicht hat sie momentan einfach wichtigere Dinge im Kopf, beispielsweise die nächsten Wehen. Wie viel hat übrigens die Überdecke gekostet?«
»Hunderte.« Finn schwieg kurz. »Und noch mehr Hunderte. Tamsin hat sie ausgesucht.« Noch eine Pause. »Ich glaube, annähernd tausend Pfund.«
Tröstend meinte Ginny: »Man kann sie bestimmt chemisch reinigen lassen.«
Da Verführung kein Thema mehr war – falls es je eines gewesen sein sollte –, überließen sie Myrtle ihren anstehenden Aufgaben und gingen wieder ins Wohnzimmer. Finn machte noch mehr Kaffee und tigerte in der Küche auf und ab, während sich Ginny auf einen Hocker vor der Küchentheke setzte und auf seinem Laptop im Internet surfte.
»Setz dich«, beschwerte sie sich, »du machst mich nervös.«
»Ich bin nervös. Ich komme mir vor wie
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