Liebesfilmriss
nackt gesehen. Und sie hatte ihn nackt gesehen.
»Tamsin weint«, verkündete Evie genüsslich. »Sie wischt sich über die Augen. Haben wir kein Fernglas?«
»Nein, aber Tisch acht muss jede Minute ankommen, darum sollten wir vielleicht …«
»Verdammt, sie gehen weg!«
»Tamsin und das Baby?« Ginny konnte nicht anders, sie musste zum Fenster laufen und hinter Evie Aufstellung nehmen. Sie hoffte zu sehen, wie sie in den Wagen einstiegen, aber sie hatte kein Glück. Als sie Evie über die Schulter schaute, verschwanden alle drei durch die Tür, die zu Finns Wohnung führte.
»Manche Menschen sind unglaublich gedankenlos.« Evie seufzte frustriert. »Keine Rücksichtnahme auf andere. Würdest du nicht auch liebend gern wissen, was da vor sich geht? Ich sage dir, ich würde meinen rechten Arm für ein Abhörgerät geben.«
»Was ist los?« Finn sah die Frau an, die er einmal geliebt hatte, die wunderschöne Frau, mit der er den Rest seines Lebens hatte verbringen wollen. Anders als die meisten Menschen sah Tamsin sogar dann noch wundervoll aus, wenn sie weinte.
»O Finn, du ahnst ja nicht, wie schwer das für mich war. Ich habe den größten Fehler meines Lebens begangen, als ich dich verließ.« Tamsin biss sich auf die Lippen, dann erklärte sie mit bebender Stimme: »Ich war so ein Idiot. Glaube mir, wenn ich die Uhr zurückdrehen könnte, ich würde es tun. Ich wünschte, ich wäre Angelo nie begegnet.«
»Er ist der Vater deines Kindes. Wenn du Angelo nie begegnet wärst, dann hättest du Mae nicht bekommen.«
»Ich weiß, ich
weiß
. Ich will damit nur sagen, ich wünschte, Mae wäre deine Tochter. Ich habe einen einzigen Fehler begangen.« Tamsin hielt ihren nagelstudiomanikürten Zeigefinger in die Höhe. »Einen einzigen. Du warst fort, und dann kam Angelo. Er machte großes Aufheben um mich, hat mich förmlich umgehauen. Ich habe mit ihm geschlafen. Er wollte, dass ich dich verlasse und seine Freundin werde, aber ich sagte ihm, dass ginge nicht, weil ich dich liebe. Ich dachte, damit wäre die Sache erledigt. Als ich sagte, ich könne ihn nie wiedersehen, meinte ich es auch so, ganz ehrlich, denn ich wollte dich heiraten. Also habe ich ihn nicht wiedergesehen und ja, natürlich fühlte ich mich hinterher schuldig, aber es war nur eine einmalige Sache mit Angelo, und ich habe eine wertvolle Lektion gelernt. Ich sagte mir, solange du nichts davon weißt, wäre es in Ordnung.«
»Aber dann hast du festgestellt, dass du schwanger bist.« Finn sprach völlig emotionslos.
»Ja.« Neue Tränen strömten über Tamsins gebräunte Wangen. »Ich redete mir ein, dass du der Vater bist. Ich weigerte mich, auch nur an die Möglichkeit zu denken, dass es Angelo sein könnte. Ich wollte
unbedingt
, dass du es bist.«
Finn sah zu Mae, die auf dem Sofa eingeschlafen war. Er erinnerte sich an jedes Detail der Nacht, in der sie auf die Welt gekommen war. Als sich ihre Blicke zum ersten Mal begegnet waren, hatte ihn ein überwältigendes Gefühl durchströmt; ihm war in diesem Moment klar geworden, dass sein Leben von nun an nicht mehr dasselbe sein würde.
Tja, und so war es dann auch gekommen.
»Aber ich war nicht der Vater.«
»Ich weiß, ich weiß. Und dabei hast du sie so sehr geliebt.« Tamsin wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich dachte, ich käme damit klar, es nicht hundertprozentig zu wissen, aber sobald sie auf der Welt war, ging das nicht mehr. Vermutlich lag es an den Schuldgefühlen. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dich womöglich zu hintergehen. Ich musste einfach die Wahrheit erfahren.« Sie schwieg, schluckte schwer. »Darum ließ ich den Test durchführen. Und dann kamen die Ergebnisse. O Gott, das war der schlimmste Tag meines Lebens. Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass du der Vater bist. Aber ich wusste, dass ich es Angelo sagen musste. Er hatte ein Recht, es zu erfahren. Es tut mir leid, das ist alles so schwierig …«
»Also hast du es ihm gesagt«, ergänzte Finn. Der Tag war auch für ihn nicht leicht gewesen. Als Tamsin und Mae verschwunden waren, hatte sie ihm nur einen Brief hinterlassen. Jetzt hörte er die Erklärung zum ersten Mal aus ihrem Mund.
»Das habe ich. Und er beschloss, dass wir zusammen sein sollten. Er hat mich davon überzeugt, dass es das Richtige wäre. Ich war in einem Zustand, in dem ich einfach nicht nein sagen konnte. Angelo ist eine Persönlichkeit mit starkem Charakter. Er hat alles organisiert, und ich habe mich einfach
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