Liebeskind
geklopft und ein uniformierter Polizist trat ein.
„Frau Lorenz wäre jetzt hier“, meldete er. „Soll sie im Flur auf Sie warten?“
„Einen Moment, Kollege, ich übernehme das“, erwiderte Sigrid Markisch und verließ zusammen mit dem Beamten das Büro.
„Ich finde es total unverständlich, Herr Sibelius“, beschwerte sich Hajo Wieland beim Chef der Abteilung, „dass Sie Marianne Lorenz ins Präsidium vorladen. Die arme Frau hat doch wirklich schon mehr als genug durchgemacht. Verdächtigen Sie sie etwa?“
„Wir sind für heute fertig, Herr Wieland. Sie können jetzt gehen“, überging Günther Sibelius seine Frage. Hajo Wieland sprang daraufhin von seinem Stuhl auf und stürmte in den Flur hinaus, wo er die dort stehende Marianne Lorenz sofort in die Arme nahm.
„Soll ich auf dich warten?“, fragte er besorgt.
„Nein, nein, ist schon in Ordnung, Hajo. Ich rufe dich an, sobald ich hier fertig bin“, entgegnete Marianne Lorenz lächelnd und ließ ihren Verehrer auf dem Flur des Polizeipräsidiums zurück.
„Wir haben noch einige Fragen zu Dirk Adomeit an Sie, Frau Lorenz“, begann Anna kurz darauf die Befragung. „Er soll ein guter Bekannter von Ihnen und Ihrem Mann gewesen sein. Können Sie uns sagen, wie gut?“
Marianne Lorenz zog eine ihrer Augenbrauen hoch.
„Herr Adomeit versteht sich bestens mit unseren Kindern und hat daher manchmal auf die beiden aufgepasst. Dirk ist wirklich ein feiner Mensch, schade, dass er keine eigene Familie hat.“
„Und wie ist sein Verhältnis zu Ihrem Mann gewesen?“
„Na ja, in der Schulzeit leider nicht so gut. Schließlichhaben ihm Torsten und Rainer das Leben früher ziemlich schwer gemacht. Das ist aber eigentlich mehr von Rainer ausgegangen.“
„Und wie haben Sie sich in dieser Angelegenheit verhalten?“
„Bedauerlicherweise bin ich damals zu feige gewesen, um Dirk beizustehen, aber ich glaube, er hat mir diese Schwäche längst verziehen.“
„Wie würden Sie also insgesamt Ihr Verhältnis zu Dirk Adomeit beschreiben?“
„Wie meinen Sie das, Frau Kommissarin?“
„Ich möchte wissen, ob es irgendwann einmal Situationen gegeben hat, in denen ihr Verhältnis das einer normalen Freundschaft überschritten hat.“
„Meine Güte, nein. Wir haben von jeher ein kameradschaftliches Verhältnis zueinander gehabt. Rein platonisch, das ist alles.“
„Herr Adomeit könnte das allerdings ganz anders gesehen haben als Sie, Frau Lorenz“, warf Sigrid Markisch ein. „Oder sich zumindest gewünscht haben, dass es anders wäre.“
„Darüber habe ich noch nie nachgedacht.“
„Wie wir wissen, ist Monika Diebach-Meyer früher ebenfalls eine ihrer Mitschülerinnen gewesen“, übernahm Weber. „Wie würden Sie Frau Diebach beschreiben?“
„Monika war sehr gut in der Schule, aber niemals eine Streberin, sie hat damals jeden, der es nötig hatte, von sich abschreiben lassen. Ich habe Monika wirklich sehr gemocht, auch wenn ich nie mit ihr befreundet war.“
„Und wie ist Frau Diebachs Verhältnis zu Ihrem Mann und zu Rainer Herold gewesen?“
„Ähnlich wie bei Dirk haben sie auch an Monika keingutes Haar gelassen“, Marianne Lorenz zögerte. So als wäre es ihr unangenehm, zugeben zu müssen, dass sich ihr Mann Torsten auch im Fall Monika Diebach nicht gerade vorbildlich verhalten hatte.
„Eine letzte Frage, Frau Lorenz, besteht heute noch Kontakt zwischen ihnen beiden?“
„Nein, leider nicht. Zuletzt habe ich ein Foto von Marianne in der Zeitung gesehen und mich sehr über ihren Erfolg gefreut. Aber ich habe sie schon seit Jahren nicht mehr getroffen.“
Als Anna Greve an diesem Abend auf der A 7 in Richtung Süden fuhr, gingen ihr viele Gedanken im Kopf herum. Schließlich hatten sie heute viele Gespräche geführt und verschiedene Hinweise erhalten, die sie für sich noch nicht hatte einordnen können. Anna rief bei sich zu Hause an, doch dort lief wieder einmal nur der Anrufbeantworter. Deshalb beschloss sie, noch auf einen Sprung bei Paula vorbeizuschauen, bevor sie dann ihre letzte Aufgabe für heute, das Gespräch mit Ben, in Angriff nehmen würde.
Wenig später saß Anna in Paulas Küche und schaute ihrer Freundin dabei zu, wie sie aus Pappe und Glitzerfarbe feine Sterngebilde für ihre Weihnachtskarten fabrizierte.
„Wenn der Täter tatsächlich aus der Vergangenheit von Rainer Herold und Torsten Lorenz stammt“, sinnierte Anna, „wird er wahrscheinlich ein Außenseiter gewesen sein. So einer wie Dirk Adomeit
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