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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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sich nicht leisten, einen guten Kunden zu verlieren.
    Anna sah ihrem Mann nach, dann zog sie sich vollends an. Wie schön war es doch, die Kinder langsam flügge werden zu sehen, dachte sie. Anna war gerne Mutter, und doch hatte sie aufgeatmet, als ihr die Söhne nicht mehr ausschließlich am Rockzipfel gehangen hatten. Die ersten Jahre der symbiotischen Beziehung waren vorüber, aber die Kommissarin empfand deswegen keine Wehmut wie so manche ihrer Freundinnen. Mittlerweile waren ihre Jungenzwölf und vierzehn Jahre alt, Ben, der Ältere sogar fast schon ein Mann; jedenfalls körperlich, wobei offensichtlich war, wie wenig Körper und Geist bei ihm zurzeit zusammenpassten. In den letzten Monaten hatte er sich immer mehr zurückgezogen. Früher waren, kaum, dass er nach der Schule in der Tür war, die Ereignisse des Vormittags nur so aus ihm herausgesprudelt. Und Anna hatte in solchen Momenten alles stehen und liegen zu lassen, um mit ihrer ganzen Seele für ihn da zu sein, Ratschläge oder Kommentare geben zu können. Heute erzählte Ben zwar immer noch mehr als die meisten Gleichaltrigen, aber Anna spürte, wie sehr er in seiner eigenen Welt verwoben war. Eine Welt, in der es keinen Platz gab für Mütter über vierzig, erst recht nicht, wenn sie der Polizei angehörten.
    Anna Greve hatte es sich mit ihrer Freundin Paula in deren Küche gemütlich gemacht. Der kleine Ofen bullerte, und es roch nach Zimt.
    „Ich habe heute in der Zeitung über deinen neuen Fall gelesen. Den Toten hab ich übrigens gekannt, ich war sogar mal mit ihm in einer Klasse.“
    Paula schenkte den schweren Rotwein in zwei große, dickbäuchige Gläser.
    „Ich kann nicht sagen, dass er mir sympathisch war. Trotzdem, eine schreckliche Vorstellung, dass ihn jemand aufgeschlitzt hat.“
    „Was für eine Art von Mensch ist er denn gewesen?“
    „Rainer Herold war einer von denen, die immer alles besser wissen. Ein echter Klugscheißer. Schon als Kind ist ihm klar gewesen, dass er einmal viel Geld verdienen wollte. Womit, das war ihm, glaube ich, relativ egal, er hat sich für nichts wirklich interessiert.“

    „Und wie ist sein Verhältnis zu Frauen gewesen? Konnte er sich Hals über Kopf verlieben?“
    Paula rümpfte die Nase.
    „Der doch nicht. Ich glaube kaum, dass er irgendwann jemand anderen als sich selbst geliebt hat. Überhaupt war der Typ ein ziemlicher Angeber.“
    „Trotzdem muss ihm, wenn seine Eltern Recht haben, genau das passiert sein. Ich meine, dass er sich Knall auf Fall verliebt hat. Möglich, dass er sich verändert hat, die alten Schulgeschichten sind lange her.“
    Nun gab Anna ihrer Freundin eine Beschreibung der Frau, nach der sie suchte.
    „Angela?“, fragte Paula, die schon immer einen guten Blick für Menschen gehabt hatte. Und eine Frau mit diesem Äußeren wäre ihr auf jeden Fall aufgefallen, wenn sie ihr über den Weg gelaufen wäre. Aber Paula hatte sie noch nie gesehen, und Anna begann sich langsam über das Verhalten ihrer möglichen Zeugin zu wundern. Denn da bisher nirgends eine unidentifizierte, rothaarige Frauenleiche aufgetaucht war, sprach einiges dafür, dass Angela noch lebte. Vielleicht wollte sie sogar verborgen bleiben, überlegte Anna. Nur, was sollte der Grund dafür sein? Falls sie noch lebte, schien sie jedenfalls weder fernzusehen noch eine Zeitung zu lesen. Jedoch konnte die unbekannte Frau, die sich Angela genannt hatte, möglicherweise auch nur verreist sein. Oder sie war sowieso nur auf der Durchreise gewesen und hatte nach ihrem Treffen mit Rainer Herold in Hamburg ihre Fahrt fortgesetzt. Wie auch immer, sie mussten mehr über den Toten in Erfahrung bringen. Möglicherweise würden sich die Spuren, denen sie nachgingen, an irgendeiner Stelle wieder kreuzen und Anna zum Schluss doch noch zu der Rothaarigen führen.

3
    Rainer Herold hatte für eine Investmentgesellschaft mit dem Namen Hessen Bank, Kleinworth und Benson gearbeitet. Weber schien um einige Zentimeter gewachsen zu sein, nachdem er Anna erzählt hatte, was er herausbekommen hatte. Wie es aussah, war Rainer Herold in seinem Job äußerst erfolgreich gewesen.
    „Er hat sich nur um die großen Fische gekümmert.“
    „Und was soll das heißen, Weber?“
    „Rainer Herold scheint mit allem gedealt zu haben, was es auf dem Markt gab. Besonders mit Futures und Optionen. Er hat nur ein geringes Festgehalt von der Bank bekommen. Das meiste verdiente er sich durch die Provisionen, die er bei Erfolg von seinen Kunden kassiert hat,

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