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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Sorgen hatten über die Jahre hinweg einen verbitterten Ausdruck in ihrem Gesicht hinterlassen. Torsten Lorenz zeigte vorwurfsvoll auf seine Schuhe.

    „Mensch, Marianne, habe ich dich nicht erst heute Morgen gebeten, die sauber zu machen. Das ist doch nun wirklich nicht zu viel verlangt.“
    „Zieh halt die Schwarzen an“, erwiderte sie ungerührt und verschwand im Wohnzimmer. Missmutig folgte er ihrer Aufforderung, in dem unguten Gefühl, dass diese Schuhe nicht zu seiner Uniform passten. Dann machte er sich auf den Weg zur Sitzung der Freiwilligen Feuerwehr. Heute würden die Wettbewerbsergebnisse bekannt gegeben werden. Torsten war das Resultat bereits bekannt, seine Jungs hatten den zweiten Platz von acht Zügen belegt. Doch so recht darüber freuen konnte er sich nicht, Marianne hatte es wieder einmal geschafft, ihn zur Weißglut zu bringen. Waren sie überhaupt jemals glücklich miteinander gewesen? Dabei lag ihm so viel daran, die Leute genau dies glauben zu machen, und er war bisher sehr erfolgreich damit gewesen. Kein Kumpel im Schützenverein oder bei der Feuerwehr, der ihn nicht um seine schöne Frau beneidete. Torsten Lorenz lachte boshaft in sich hinein. Er würde nachher noch auf ein paar Bier in den Dorfkrug gehen und Marianne daheim auf ihn warten lassen. Am wirkungsvollsten strafte er sie immer noch dadurch, dass er sich ihr entzog.
    Sobald sie Torsten Lorenz aus dem Haus kommen sah, zog Elsa ihren Notizblock hervor und notierte die Uhrzeit. Sein Haar war immer noch voll, sein Gesicht, die ganze Gestalt nicht groß verändert. Doch Torsten trug eine lächerliche Uniform, fast wie ein Soldat in einem Science-Fiction-Film. Nun öffnete er das Garagentor, stieg in einen schwarzen Geländewagen und fuhr die Straße hinunter. Elsa ließ sich Zeit, bevor auch sie ihr Auto startete und ihm langsam, und ohne die Scheinwerfer einzuschalten, folgte. Nachungefähr einem Kilometer schien er sein Ziel erreicht zu haben. Vor einer hell erleuchteten quadratischen Halle machte er Halt und stieg aus. Sogleich trat ein fassförmiger Mann, der die gleiche kindische Uniform wie Torsten trug, auf den Geländewagen zu und begrüßte seinen Kumpel mit lautem Hallo. Dabei fielen die spärlichen, aber lang gewachsenen Haarreste des Dicken, die er sich in einer abenteuerlichen Frisur über den Scheitel bis in die Stirn hineingezogen hatte, in sein feistes Gesicht. Elsa lachte heiser. Wie sehr hatte Torsten dieses Dorfleben früher gehasst. Alles hatte er sich vorstellen können. Zum Beispiel, nach Australien zu gehen mit nichts als ein paar guten Ideen im Kopf. Oder in einem dieser alten Hausboote zu wohnen, in Amsterdam, um mit Hund und Gefährtin die Zeit totzuschlagen und ab und zu ein paar Bilder für bescheuerte Touristen zu malen. Solche wie den Dicken neben ihm. Alles hatte er sich vorstellen können, nur nicht so ein Vereinsmeier zu werden wie schon sein Vater vor ihm. Wie armselig konnte das Leben sein. Elsa blieb noch eine Weile in der Nähe des Feuerwehrhauses stehen, dann wendete sie den Wagen und fuhr ins Hotel zurück. Sie hatte genug gesehen. Hier würde heute nichts mehr stattfinden, außer einem Besäufnis höchstwahrscheinlich und spießigen kleinen Witzen.
    Friedhelm Maier beobachtete das Wendemanöver des dunkelblauen Peugeots, der bis eben noch in einiger Entfernung von ihnen am Straßenrand geparkt hatte. Dann machte er seinen Feuerwehrbruder auf den gerade davonfahrenden Wagen aufmerksam und meinte: „Du, da ist dir jemand gefolgt, Torsten.“
    „Was?“
    „Da war ein Auto. Hat ’ne Frau dringesessen oder so ein Langhaariger.“

    „Blödsinn.“
    „Nee, im Ernst. Als du vorhin auf den Hof kamst, ist er ohne Licht hinter dir her. Hat da hinten gestanden. Hast du etwa ’ne neue Flamme?“
    Torsten sah den Rücklichtern des dunklen Kleinwagens nachdenklich hinterher. Dann sagte er: „Quatsch, komm, lass uns reingehen.“
    Mit einer Motorsäge und zwei Äxten bewaffnet näherten sich die Greves dem riesigen Holzstapel in ihrer Einfahrt. Paul und Ben hatten sich breitschlagen lassen, mit anzupacken. Zuerst schleppten sie Stück für Stück nach hinten in den Garten, wo Anna die Stämme in kleinere Abschnitte sägte und Tom und Ben sie anschließend mit der Axt bearbeiteten. Paul hatte die Aufgabe übernommen, die Holzscheite unter dem Dachvorstand des Hauses aufzustapeln. Der Vormittag war über dieser ungewohnten Arbeit schnell vergangen, und als sich ihre Familie danach über den von ihr

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