Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
Vom Netzwerk:
gekochten Gemüseauflauf hermachte, war es ganz still geworden. Niemand beschwerte sich heute über zu viel oder zu wenig Salz, und Anna freute sich an der Ruhe und dem Appetit ihrer Männer. Für sie war alles genau so, wie es sein sollte.
    „Was haltet ihr von einem gemütlichen Abend“, fragte sie von dem Gedanken erfüllt, diesen Moment noch länger festzuhalten.
    „Nee, ich bin doch auf ’ne Fete eingeladen!“ Ben sah sie beschwörend an. „Und du hast erlaubt, dass ich da schlafen darf.“
    Tom fiel im nächsten Augenblick auch etwas ein, was dem entgegensprach, und Anna sah sich schon allein mit ihrem Jüngsten auf dem Sofa vor dem Fernseher sitzen.

    „Ich habe ganz vergessen, dir zu sagen, dass Jan in der Stadt ist. Er kommt nachher vorbei.“
    Anna schenkte ihrem Mann einen raschen Blick. Nie und nimmer hatte Tom vergessen, ihr das zu mitzuteilen.
    „Auch gut“, erwiderte Anna ruhig. „Machen wir uns eben zusammen mit deinem Bruder einen gemütlichen Abend.“
    Die Kinder waren wieder an die Arbeit gegangen, Tom und Anna blieben für einen Moment allein im Haus zurück.
    „Vertraust du mir nicht?“, wollte Anna wissen.
    Tom sah seine Frau nachdenklich an.
    „Ich wollte mich wirklich niemals zwischen euch stellen“, fügte sie noch hinzu.
    „Ich weiß, trotzdem habe ich ein merkwürdiges Gefühl.“
    Anna erwiderte darauf nichts, sondern streichelte nur Toms Wange. Dann ging sie nach oben, um sich zu überlegen, was sie heute Abend anziehen sollte. Ein Blick in den Spiegel zeigte Anna, dass sie wieder einmal vergessen hatte, zum Friseur zu gehen. Egal, wegen Jan wollte sie sich eigentlich gar keine Umstände machen und war doch gerade dabei, genau das zu tun.
    Torsten Lorenz saß in seinem Büro und gähnte. Sein Versuch, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, fiel ihm schwer. Zum Glück war heute Samstag, sodass er nur noch ein bisschen durchhalten musste. Gestern auf der Rückfahrt vom Feuerwehrtreffen hatte er aufmerksam in den Rückspiegel geblickt, um zu prüfen, ob ihn jemand verfolgte. Doch um diese Zeit war kein einziges Auto mehr auf der Straße zu sehen gewesen. Friedhelm musste sich geirrt haben. Obwohl Torsten die Vorstellung, dass sich eines seiner Häschen eine solche Mühe machen könnte, durchaus gefiel. Claudivielleicht? Hatte sie sich tatsächlich dermaßen in ihn verguckt? Claudi war zwar nicht die Hellste, aber sie himmelte ihn, ganz im Gegensatz zu seiner Frau Marianne, wenigstens an. Seine Alte verhielt sich wirklich merkwürdig in der letzten Zeit. So hatte Marianne gestern Abend nicht wie sonst herumgezetert, als Torsten viel zu spät nach Hause gekommen war. Lange nach Mitternacht war er gut abgefüllt ins Schlafzimmer gestiefelt, aber sie hatte sich nur kurz umgedreht. Ein gleichgültiger Blick hatte ihn getroffen, fünf Minuten später hatte Marianne schon wieder tief und fest geschlafen. Er war derjenige gewesen, der danach keine Ruhe mehr hatte finden können. Warum ließ sie sich nicht mehr aus der Reserve locken?
    Torsten Lorenz verließ sein Büro und ging in die Fabrikhalle hinüber, in der die Garne auf den Spulen schnurrten. Aber weder ihre Farbenpracht noch die Geschäftigkeit um ihn herum vermochten ihn heute aufzuheitern. Auch der Anblick der neuen Arbeiterinnen aus Polen schaffte das nicht. Beide waren jung und ansehnlich und tauschten immer kokette Blicke, wenn er sich näherte. Unwahrscheinlich, dass seine Verfolgerin von gestern eine von ihnen gewesen sein könnte, denn sie besaßen kein Auto. Torsten Lorenz sah auf seine Uhr. Bald war Mittagszeit, aber heute würden Marianne und die Kinder vergeblich auf ihn warten. Im Krug gab es Lendenbraten. Nach dem Essen würde er noch ein bisschen durch die Gegend gondeln und anschließend pünktlich zur Sportschau sein wohlverdientes Wochenende vor dem Fernseher einläuten.
    Elsa sah von ihrem Wagen aus zu, wie sich die Arbeiterinnen vor der Fabrikhalle, die Torsten gehörte, voneinander verabschiedeten. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern, bis auch die anderen Angestellten in ihr Wochenende aufbrechenwürden. Wahrscheinlich würde Torsten als Letzter herauskommen, schließlich hatte es sein Vater auch immer so gehalten.
    Aus den vielen Fragmenten in Elsas Kopf begann sich langsam ein Bild zu formen, ihr Plan fing an, Gestalt anzunehmen. Ja, sie musste in die Fabrik hineinkommen, einen Moment in der Halle unbeobachtet sein und dann ... Aber wie sollte sie sich Torsten unauffällig nähern? Sie konnte sich

Weitere Kostenlose Bücher