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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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angewiesen, ihm zu zeigen, wie der Hase bei uns so läuft.”
    Wie eine Verstärkung sah der Mann für Anna nun wirklich nicht aus. Viel eher vermutete sie, dass sie durch ihn noch eine Menge an zusätzlicher Arbeit bekommen würden.
    „Und die da oben meinen, der Fall löst sich solange von allein, oder wie?“
    Weber stellte einen Pappbecher unter den Automaten im Flur, dann reichte er ihr das Wasser herüber.

    „Keine Sorge, ich habe das schon mit dem Chef besprochen. Sie werden den Neuen kaum bemerken. Es sieht übrigens so aus, als wäre er ein ganz cleveres Kerlchen, ich werde das übernehmen.“
    Anna holte sich daraufhin einen weiteren Stuhl aus dem Sekretariat gegenüber, den sie hinter Webers Schreibtisch schob.
    „Einen eigenen Arbeitsplatz können wir Ihnen leider nicht bieten“, sagte sie mit einem Augenzwinkern zu Bertram. Anschließend schlug sie die Akte Herold auf und versuchte, sich zu konzentrieren. Weber und sein Lakai hatten ihr lautstarkes Gespräch über die neue Computersoftware wieder aufgenommen, während sich Anna bemühte, freundlich zu bleiben. Doch bei diesem Geräuschpegel konnte sie beim besten Willen keinen klaren Gedanken fassen. Das Büro bot schon kaum ausreichend Platz für zwei Personen, wie sollten sie da auf Dauer nun auch noch zu dritt klarkommen? Zum wiederholten Mal hatte Anna sich jetzt abgemüht, die lange Nummer in New York zu wählen, die ihr von Rainer Herolds Vater gegeben worden war, und immer war sie dabei an einer der letzten Zahlen gescheitert. Angeblich gab es dort drüben einen Arbeitskollegen von Rainer Herold, der auch privat Kontakt mit ihm gehabt haben sollte. Nach den Informationen, die sie bereits bei einem vorangegangenen Telefonat von der Bank erhalten hatte, war der Mann heute aus seinem Urlaub zurückgekehrt, und die Kommissarin wollte die Gelegenheit nutzen und dem Hinweis nachgehen. Wieder nahm Anna den Telefonhörer zur Hand und stellte sich dabei einen tief verschneiten Winterwald vor. Da war nichts, nur ihre knirschenden Schritte in der Stille. Endlich klappte die Verbindung, doch Anna konnte nur mit Mühe verstehen, wasder Mann am anderen Ende der Leitung sagte. Selten zuvor hatte sie jemanden mit einer derart durchdringenden Stimme erlebt wie Bertram. Und das Wenige, was sie mitbekam, ließ kaum eine Hoffnung auf neue Erkenntnisse zu.
    Wütend drehte sich Anna zu ihren Kollegen um, während sie mit einer Hand die Sprechmuschel zuhielt.
    „Geht das nicht auch etwas leiser? Ich habe hier ein Ferngespräch!“
    Weber und Bertram schauten sich betreten an, dann herrschte endlich Ruhe.
    Von einer Freundschaft könne keine Rede sein, erklärte der Börsenmakler der Kommissarin. Ihr persönlicher Kontakt habe sich auf ein paar Bier ab und zu nach Feierabend und unverbindliche Gespräche beschränkt. Wenn Rainer Herold also tatsächlich auch geschäftlich in Hamburg unterwegs gewesen war, hatte er es verstanden, dies geheim zu halten.
    Nachdem Anna aufgelegt hatte, spürte sie, dass sie nun dringend eine Pause vertragen konnte. Sie überlegte, ob sie Weber bitten sollte, sie zu begleiten, entschied sich aber, als sie ihn noch immer mit dem jungen Bertram im Gespräch vertieft sah, dagegen.
    In der Polizeikantine fielen Anna sofort die vielen unbekannten Gesichter auf, offensichtlich wurde auch in anderen Abteilungen neues Personal eingearbeitet. Sie sah noch einmal genauer hin und registrierte, dass kaum einer von ihnen die zwanzig überschritten haben konnte. Missmutig fragte sie sich, wie dieser Haufen grüner Jungen es ihnen wohl ermöglichen sollte, in Zukunft effektiver zu arbeiten. Der Kaffee vor ihr war mittlerweile kalt geworden, und an seiner Oberfläche hatten sich einige grauweiße Milchflöckchen abgesetzt, die ihn auch nicht einladender machten. Ohne einen Schluck davon probiert zu haben, schob Anna ihreTasse weit von sich fort. Unruhig stand sie auf und trottete in ihr Büro zurück.
    Elsa wartete seit Stunden darauf, dass alles gut werden würde. Mit festem Druck hatte sie nun schon seit einer Weile an den Blutflecken herumgerubbelt, aber es war aussichtslos. Ohne eine vernünftige Maschinenwäsche würden die dunklen Ränder nicht aus dem Kleid herausgehen. Schließlich nahm sie ihre Nagelschere aus dem Etui und begann, den Stoff in kleine Stücke zu zerschneiden, danach warf sie die Fetzen in den Mülleimer. Wenigstens waren die Gläser heil geblieben. Wie zwei kleine Schätze hatte Elsa die Groggläser auf dem kleinen Nachttisch

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