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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Menschen schön und gepflegt. Und die Kinder in den großzügigen Gärten spielten andere Spiele. Jedenfalls kam es Elsa so vor, wenn sie vom Fahrrad aus vorsichtige Blicke auf das Leben warf. Einmal hatte eine Frau in einem dieser Gärten sie sogar zum Mitmachen eingeladen. Sie hatte auf einer hölzernen Gartenliege mit schneeweißem Bezug gelegen und das Spiel ihrer Kinder beobachtet. Elsa hatte das auch getan, vom Fahrrad aus. Fast wäre sie ins Straucheln geraten, weil ihre Augen sich nicht lösen konnten, und genau in diesem Moment hatten sich ihre Blicke getroffen. Die Frau im Garten hatte sie freundlich angelächelt. Möchtest du auch etwas trinken, hatte sie gefragt und dabei ihre Arme einladend weit ausgebreitet. Elsa hatte hinter sich geschaut, aber da stand niemand anderes, da war nur sie. Zuerst hatte sie ein paar Schritte auf den Zaun zu gemacht, dann hatte sie begriffen. Die freundliche Frau hatte nur ihr halbes Gesicht gesehen, ihre grässliche Seite war verborgen geblieben. Und Elsa wollte, dass es dabei blieb. Ich muss nach Hause, hatte sie deshalb gemurmelt und war schnell weitergefahren.
    Das Lachen war immer bei den anderen.
    Viele Male noch war sie zurückgekehrt zu diesem besonderen Haus mit der freundlichen Frau, aber sie achtete darauf, dass man sie nie wieder sah. Sie fuhr nur noch los, wenn es dunkel war oder regnete. Elsa konnte mehrere Stunden unter einem der erleuchteten Fenster stehen, atemlos vor Sehnsucht, vor Gier, sich in ein fremdes Leben zu schleichen. Sie begann, sich Geschichten auszudenken. Über die Menschen, die dort wohnten. Elsa kaufte sich eine große Kladde und schrieb diese Geschichten auf. Es war wie das Erschaffen eines anderen Kosmos, ein Märchen nur für sie. Es war ihre neue Familie. Sie fügte sich ein, wurde ein Teil dieses fremden Lebens, das sie von außen beobachtet hatte, und manchmal wurde es sogar zu ihrem eigenen. Dann war das Lachen auch bei ihr.
    Torsten Lorenz war gerade im Begriff, loszufahren, als er am Straßenrand eine attraktive Frau bemerkte, die ganz nass vom Regen war und ihm aufgeregt Zeichen gab. Er betätigte den Fensterheber.
    „Kann ich Ihnen helfen?“
    „Wenn Sie etwas von Autos verstehen.“
    Torsten sprang aus seinem Geländewagen und schielte auf die schönen Beine der Frau.
    „Wo steht er denn?“
    Elsa deutete in die schlecht beleuchtete Seitenstraße, um diese Zeit war das Gewerbegebiet wie ausgestorben.
    „Ich habe mich total verfranst.“ Zum Beweis schwenkte sie einen aufgeweichten Stadtplan durch die Luft. „Jetzt habe ich auch noch den Motor abgewürgt, da geht nichts mehr.“
    Sie schaute ihn hilflos an, und Torsten Lorenz legte sogleich einen Arm um sie.
    „Na, na, wird schon nicht so schlimm sein. Wir schaffen das schon.“
    So aufgekratzt wie in diesem Augenblick hatte Elsa ihn die ganzen Tage, seit sie ihn beobachtete, noch nicht gesehen. Torsten schien tatsächlich einmal mehr mit dem beschäftigtzu sein, von dem sie wusste, dass er es am liebsten tat. Darauf hatte sie gesetzt und sich nicht getäuscht, ihr Liebster ließ noch immer nichts anbrennen.
    Nun schaute Elsa zur Fabrik hinüber.
    „Arbeiten Sie hier?“
    „Mir gehört der Laden.“
    Gerade hatte er ihren Wagen wieder in Gang gebracht, und Elsa lobte ihn für seine Kompetenz. Jetzt schenkte sie ihm einen Kleinmädchenblick und zupfte mit den Fingern an ihrer Jacke herum.
    „Darf ich Sie vielleicht um einen weiteren Gefallen bitten?“
    „Nur zu.“
    „Ich bin durch das Herumstehen im Regen ganz nass geworden. Ob ich mich wohl kurz bei Ihnen umziehen könnte?“
    Sie nieste.
    „Wenn’s weiter nichts ist. Ich müsste auch noch einen Rum dahaben.“
    Elsa nahm ihre Reisetasche mit den Werkzeugen vom Rücksitz und ging hinter ihm auf das Fabrikgebäude zu. Als er die Eingangstür aufschloss und Licht machte, drehte sie sich so, dass ihr Gesicht weiter im Halbdunkel lag. Sie musste vorsichtig sein, Torsten hatte sie schließlich einmal gut gekannt. Doch er hatte nichts bemerkt, redete stattdessen weiter auf sie ein, was heute wohl seine Art war, einer Frau zu zeigen, dass er sie attraktiv fand. Elsa nickte und bejahte, dann sah sie kurz auf ihre Armbanduhr. Sollte sie es jetzt wirklich wagen? Ja, eine bessere Gelegenheit würde sich wohl nicht mehr ergeben. Und wenn die Leute vom Wachdienst genauso arbeiteten wie an den Tagen zuvor, würde sie auch ausreichend Zeithaben. Gerade zeigte ihr Torsten den Umkleideraum der Arbeiterinnen.
    „Hier können Sie

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