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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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weshalb sie allein mit einem Taxi in die Dienststelle zurückfuhr.
    Weber lenkte nun den Wagen und summte dabei eine Melodie, die gerade im Radio lief. Dann bremste er scharf ab und drehte in die Fahrtrichtung, aus der sie gerade gekommen waren.
    „Ich halte noch mal an dem Imbiss an, an dem wir gerade vorbeigefahren sind, ich brauche jetzt unbedingt eine Currywurst.“
    Anna hatte Mühe, sich zu beherrschen, und nur die Tatsache, dass er am Steuer saß, verhinderte, dass sie ihn nicht auf der Stelle fest an sich drückte.
    „Weber, Sie sind ein Schatz.“
    Das Einfamilienhaus der Lorenzens in Maschen wirkte von außen betrachtet steril und unbewohnt. Trotz der kleinen Kinder, deren Anwesenheit durch einen Babyrutschewagen und ein gelbes Fahrrad mit Stützrädern vor der Haustür dokumentiert wurde. Der dazugehörende Garten war peinlichaufgeräumt und sah farb- und leblos aus. Anna fragte sich nicht zum ersten Mal, wie viel Lebenszeit wohl notwendig war, um diese Illusion zu schaffen und tagtäglich aufrechtzuerhalten. Nicht ein verschmierter Händeabdruck klebte auf den vielen Butzenscheiben an der Haustür. Ihr war das nie gelungen. Der äußere Eindruck keimfreier Sauberkeit setzte sich auch im Flur und sogar im Wohnzimmer fort, in das sie anschließend von Marianne Lorenz gebeten wurden. Anna hatte den Geruch von Desinfektionsmitteln in der Nase, wahrscheinlich eine Täuschung. Trotzdem, dieses Haus deprimierte sie, es war an der Zeit, auf den Punkt zu kommen.
    „Wie würden Sie Ihren Mann beschreiben, Frau Lorenz?“
    Wieder einmal wurden Anna Eigenschaften geschildert, die sie schon zur Genüge bei ihren Befragungen in der Fabrik gehört hatte und die sie mittlerweile langweilten. Ehrlich sei er gewesen. Verbindlich anderen gegenüber, ein Kumpeltyp, der sich um alles gekümmert habe und überaus beliebt gewesen sei. Und doch ließ der harte Tonfall in Marianne Lorenz’ Stimme an der Richtigkeit ihrer Aussagen zweifeln.
    „Und wie hat es ihr Mann mit der Liebe gehalten?“
    Marianne Lorenz starrte Anna verächtlich an. Dann presste sie so viel Luft wie nur möglich aus ihren Lungen und stieß unter zusammengebissenen Zähnen hervor: „Fremden Weibern konnte er von jeher schwer widerstehen. Hat sich bei ihnen mehr als nur Appetit geholt. Wir haben schon lange nicht mehr richtig miteinander gesprochen.“
    „Und damit konnten Sie umgehen?“
    „Die Kinder sind doch noch so klein.“
    Konnte das wirklich angehen, fragte sich Anna. Dass man seinen Kindern zuliebe eine ausgelebte Geschichte aufrechterhielt,während man selbst mit jedem Herzschlag unaufhaltsam dem Ende seines Lebens entgegenstolperte? Und würden Kinder ihren Eltern eine solche Entscheidung jemals danken? War es dagegen nicht viel eher nachvollziehbar, dass Kinder solcher Eltern irgendwann zu zornigen kleinen Monstern mutierten, die sich durch nichts und niemanden besänftigen ließen? Das war natürlich kein zwangsläufiger Schluss, aber dennoch ein Verhaltensmuster, das Anna schon in vielen Familien beobachtet hatte.
    „Wir haben ein langes rotes Haar an der Leiche Ihres Mannes gefunden. Außerdem hat die Spurensicherung Reste von Alkohol neben dem Toten entdeckt.“
    „Eine Rothaarige ist unter seinen neuesten Eroberungen nicht dabei gewesen, aber ich kannte bestimmt nicht alle. Kann sein, dass er mit ihr in der Fabrik gewesen ist. Torsten ist an diesem Tag ja nicht zum Essen nach Hause gekommen.“
    Jetzt schaltete sich Weber ein.
    „Sind Sie eigentlich Erbin der Firma Ihres Mannes?“
    „Torsten hat den Kindern und mir alles hinterlassen. Aber ich habe mir deswegen keine rote Perücke aufgesetzt und ihn umgebracht, wenn Sie das meinen.“
    Das war kalt und glatt herausgekommen. Für Marianne Lorenz schien der Tod ihres Mannes Torsten kein großer Verlust zu sein. Anna war die Ehrlichkeit dieser Frau gleichwohl allemal lieber als jene zur Schau gestellte Verzweiflung, die sie in ähnlichen Fällen schon häufig erlebt hatte.
    „Kannten Sie Rainer Herold?“
    „Natürlich, ich bin mit Torsten und Rainer zur Schule gegangen.“
    „Es wäre möglich, dass die Person, die Ihren Mann getötet hat, auch für den Mord an Rainer Herold verantwortlichist. Der Grund dafür könnte ein weit in ihrer Vergangenheit zurückliegender Vorfall sein.“
    Marianne Lorenz war aufgestanden. Sie nahm ein paar vertrocknete Rosen aus der Vase auf dem Tisch vor ihnen und begann dann, die restlichen Blumen neu zu arrangieren.
    „Ich werde darüber

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