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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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noch was?“
    „Ja, wir möchten wissen, woher du es hast.“
    Ben schenkte ihnen einen wütenden Blick, der ihm aber nichts nützte.
    „Rück schon mit der Sprache raus, Ben“, setzte Anna nach.
    „Vergiss es, Mama.“
    Zornig und gleichzeitig auch ein wenig hilflos stand Anna vor ihrem Sohn und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte, als Tom in das Gespräch eingriff.
    „Denk jetzt erst einmal in Ruhe darüber nach, was deine Mutter dir gesagt hat, und überlege dir gut, was du uns dazu zu sagen hast. Wir reden dann morgen weiter.“
    „Nein, wir werden jetzt über die Sache reden!“, beharrte Anna auf ihrem Vorhaben.
    „Papa hat gesagt, ich soll darüber schlafen, also bis Morgen.“
    Daraufhin gab Tom Anna einen Schubs in Richtung Tür und versuchte beim Hinausgehen, seinem Sohn noch einen versöhnlichen Klaps zu geben, aber Ben hatte sich schnell zur Seite gedreht. Jetzt war Anna die Lust auf ein Entspannungsbad vergangen.
    „Tom, es ist wichtig, dass wir Ben gegenüber eine klare Haltung einnehmen. Und dazu müssen wir an einem Strangziehen,“ stellte sie noch immer wütend fest, als sie kurz darauf neben ihrem Mann im Bett saß.
    „Du hast ja Recht, aber mit Gewalt kommen wir auch nicht weiter. Lass uns morgen noch einmal ein Gespräch mit ihm suchen.“
    Anna schwieg. Zwar hielt sie Toms Haltung Ben gegenüber keinesfalls für gut, hatte an diesem Abend aber auch keine Lust mehr, eine Grundsatzdebatte darüber zu führen, wie man am besten damit umging, dass das eigene Kind Drogen konsumierte. Müde schmiegte sie sich daher in ihre Kissen und war kurz darauf eingeschlafen.
    Nachdem Elsa fort war, räumte Robin Hollstein das abgewaschene Geschirr in den Schrank ein, dann zog er seinen Mantel an und machte sich auf den Weg zu seiner Mutter Vera. Das tat er immer an seinen freien Tagen, doch so spät wie heute war er noch nie dorthin gegangen. Er hoffte, noch einen Arzt anzutreffen, mit dem er über die veränderte Situation sprechen konnte. Elsa hatte sich kein bisschen darüber gewundert, dass er heute, an einem normalen Wochentag, zu Hause gewesen war. Eigentlich wusste sie nichts von ihm. Robin hätte ohne einen Job sein können, aber seiner Schwester wäre es nicht einmal aufgefallen. Trotzdem hatten die gemeinsamen Stunden mit ihr Spaß gemacht. Von der Gemüsesuppe war einiges übrig geblieben, sie würde ihm noch mindestens einmal das Herz wärmen. Nun war seine Schwester zwar gegangen, doch sie würde zurückkommen. Ob Vera sich freuen würde, wenn sie Elsa wiedersah? Wahrscheinlich würde sie ihre Tochter nicht einmal mehr erkennen. In letzter Zeit hatte seine Mutter immer häufiger furchtbare, ungebremste Wutanfälle gehabt. Die Ärzte vermuteten, dass diese Wut mit ihrem sich verschlechternden Allgemeinzustand zusammenhing. VerasGeist verweilte immer seltener im Hier und Jetzt, und ihre Aggressionen waren vermutlich ein Ausdruck von Hilflosigkeit und einem ungeheuren Zorn auf sich selbst. Aber auch wenn es schwer werden würde, mussten sie es trotzdem versuchen. Zu vieles war zwischen Mutter und Tochter unausgesprochen geblieben. Robin hatte deutlich gespürt, wie unglücklich Elsa war. Und die Vorstellung, dass seine Schwester ihre Fragen und Gefühle an niemanden mehr richten konnte, wenn Vera gestorben war, machte ihn unendlich traurig. Trotz allem war Robin zuversichtlich; für eine versöhnliche Geste war es nie zu spät. Allerdings konnte er es nach wie vor kaum glauben, dass Elsa ihm nach so langer Zeit tatsächlich ihre Hilfe angeboten hatte. Elsas Härte gegen Vera hatte Robin immer bestürzt, und sie war über all die Jahre keinen Millimeter von ihrer Haltung abgerückt. Miriam, seine jüngere Schwester, schickte wenigstens ab und zu einen Scheck. Robin fühlte sich wie ein Einzelkind, jedenfalls soweit es die Belange seiner Mutter betraf. Ob sich das nun ändern würde?
    Vielleicht hatte Elsa als ältestes der drei Kinder wirklich am meisten unter Vera zu leiden gehabt, Robin erinnerte sich nicht mehr. Aber wer war in dieser Familie nicht ungerecht behandelt oder gekränkt worden? Man musste lernen, so etwas wegzustecken. Dennoch war ihm seine Schwester, auch wenn sie ihm heute eine Freude gemacht hatte, fremd geworden. Vermutlich würde sich daran auch nichts ändern, wenn sie wieder in diese Gegend zog. Warum nahm Elsa immer für sich in Anspruch, von allem verschont zu werden? Selbst wenn es stimmte, dass sie von Vera damals besonders schlecht behandelt worden war, war

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