Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebeskuenste

Liebeskuenste

Titel: Liebeskuenste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cara Bach
Vom Netzwerk:
ich das Antiquariat betrete. Es befindet sich nur eine Kundin im Laden, die in einer Bücherkiste wühlt und mich keines Blickes würdigt. Hinter dem altmodischen Ladentisch lehnt eine junge Frau, die gelangweilt in einem Magazin blättert.
    »Hi, Karen!«, begrüße ich sie.
    Sie hebt den Blick und starrt mich ungläubig an. Dann lacht sie: »Gina! Wie siehst du denn aus? Ich hab dich im ersten Augenblick gar nicht erkannt. Du hast dich ja völlig verändert. Aber nicht schlecht, das muss ich schon sagen. Was liegt an?«
    Seit unserer gemeinsamen Schulzeit sind Karen und ich unzertrennlich; sie ist meine beste Freundin und das genaue Gegenteil von mir: wohlgerundet, sommersprossig und mit feuerroten Haaren, die aussehen wie explodierte Stahlwolle. Im Gegensatz zu mir ist sie frech, schlagfertig und manchmal ziemlich respektlos. Es ist nicht leicht, Karen zu beeindrucken oder gegen ihren Starrsinn zu argumentieren. Aber als mich das Studium nach München verschlug, beschloss sie ohne nachzudenken, mit mir in die Großstadt zu ziehen. Für ein Kunststudium konnte sie sich nicht erwärmen, Betriebswirtschaft lag ihr und ihrer pragmatischen Art wesentlich mehr.
    »Hast du einen Moment Zeit?«, frage ich leise.
    »Schau dich um! Sieht es hier nach Kundenandrang aus?« Karen seufzt übertrieben laut. »Hier ist es so tot wie auf dem Waldfriedhof. Wenn täglich fünf Kunden in dieses Mausoleum spazieren, kann man schon froh sein. Ich frage mich wirklich, wie der Inhaber auf seine Kosten kommt?«
    Um ihre Eltern finanziell zu entlasten, jobbt Karen seit zwei Jahren in diesem Antiquariat. Der geringe Verdienst reicht allerdings kaum für die Miete, und sie jammert ständig, dass am Ende ihres Gehalts noch so viel Monat übrig bleibt.
    »Du weißt doch, dass ich Onkel Harrys Galerie geerbt habe. Seine Mitarbeiterin hat gekündigt; sie glaubt, sie sei zu alt. Hättest du nicht Lust, ihren Job zu übernehmen?« Der Gedanke ist mir während des Friseurbesuchs gekommen und ich wollte ihn sofort in die Tat umsetzen.
    Karen ist wie elektrisiert: »Du meinst, ich sollte in deiner Galerie arbeiten? Mit dir als Chefin?« Ohne zu überlegen sagt sie: »Das wäre wirklich der Hammer! Du und ich als Galeristinnen! Ich fasse es nicht!«
    Sie umarmt mich stürmisch und strahlt dabei übers ganze Gesicht. »Ich würde heiße Würstchen auf dem Marienplatz verkaufen, wenn ich endlich aus dieser Gruft herauskäme.« Ihr Lachen ist ansteckend. »Aber du weißt ja, dass es nicht so einfach ist, einen Aushilfsjob zu ergattern!«
    »Super! Ich wusste, dass du mich nicht hängenlässt.« Wir grinsen uns verschwörerisch an. »Deine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse kommen gerade recht. Es wird einiges für dich zu tun geben.«
    »Kein Problem! Mir ist alles lieber als das hier!« Mit ausholender Geste deutet sie auf den halbdunklen Raum, der mittlerweile leer ist, nachdem die einzige Kundin den Laden verlassen hat.
    Wir besprechen noch rasch die Details, dann verabschiede ich mich und mache mich auf den Heimweg. Nach einem Tag im Nachlassgericht, der Galerie und meinen anderen Unternehmungen bin ich erschöpft und freue mich auf ein heißes Bad und einen ruhigen Abend auf der Couch.

    Am nächsten Morgen trage ich sorgfältig ein wenig Make-up auf, bürste die neue Frisur, bis sie sich glänzend um meinen Kopf legt und schlüpfe in eine der neuen Blusen. Obwohl ich dazu Jeans und Collegeslipper trage, wirkt das Outfit gepflegt und pfiffig. Meinen Studentenlook habe ich erfolgreich abgelegt. Gut gelaunt steige ich in meinen VW-Käfer und mache mich auf den Weg in die Galerie.
    Dort werde ich bereits von Frau Gubitz und Karen erwartet. Die beiden haben sich in meiner Abwesenheit miteinander bekannt gemacht und plaudern, jede ein Haferl Kaffee vor sich, angeregt übers Geschäft.
    Ich schaue mich in der Zwischenzeit um. Im Ladenlokal muss sich einiges ändern. Im Gedanken mache ich mir Notizen über Malerarbeiten, einen neuen Fußbodenbelag, Halogenstrahler, eine hippe Dekoration und vor allen Dingen die Anschaffung eines Computers. Alles Verstaubte, Altbackene soll schlichter Eleganz weichen. Als einziger Blickfang sollen die ausgestellten Kunstwerke dienen, kein unnötiger Kram soll von ihnen ablenken.
    Während ich meine Ideen in mein Smartphone eintippe, schrillt im Büro das Telefon. Frau Gubitz hebt ab, lauscht und antwortet dann sehr geschäftsmäßig: Einen Moment bitte! Das sollten Sie besser mit der Chefin selbst besprechen!«
    Aufgeregt

Weitere Kostenlose Bücher