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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Läuten des Telefons die Stille durchbrach. Mathilde, um den Schlaf ihres Liebhabers besorgt, hastete an den Apparat.
    Während der vergangenen Tage hatte sie erwartungsvoller als sonst ihren Briefkasten geöffnet. Mit einem Anruf hatte sie jedoch nicht gerechnet. Sie erkannte die Stimme sofort – diese Stimme, die Phantasien in Gang setzte. Nur der Form halber fragte sie: »Mit wem spreche ich, bitte?«
    »Lukas Feller. Sie haben mir ein Buch geschickt. Ich habe mich darüber gefreut und möchte mich bedanken.«
    »Hat es Ihnen gefallen?«
    »Ja. Und Ihnen?«
    »Es ging so.« Für alle Fälle ging Mathilde mit dem Schnurlosen auf den Balkon.
    »Jetzt sind Sie draußen.«
    Mathilde beugte sich über ihre Küchenkräuter, die in Kästen am Balkongeländer hingen. Der Leichenwagen war fort. »Ja, es ist ein schöner, sonniger Tag.«
    Was rede ich für Unsinn? Aus dem Fenster schauen kann er ja wohl auch.
    »Ich höre Vögel zwitschern.«
    »Spatzen. Sie sitzen hier überall in den Bäumen herum.«
    »Gibt es viele Bäume in Ihrer Straße?«
    »Ein paar. Aber mehr Autos als Bäume, wie überall. Woher haben Sie meine Nummer?« Mathilde stand nicht im Telefonbuch.
    »Ich bin zuerst bei Ihrer Mutter gelandet. Die war so freundlich …«
    Das passierte leider öfter. Der Anschluß war unter M. Degen, was eigentlich Merle Degen hieß, im Telefonbuch verzeichnet. Franziska ließ es nicht ändern, weil das M nun ihrer Meinung nach für ihren Seelen- und Künstlernamen Mara stand.
    »O je!« entfuhr es Mathilde. »Ich hoffe nur, sie war einigermaßen höflich und bei Sinnen.« Und nüchtern, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Durchaus. Wir haben uns sehr gut unterhalten. Ich habe mich als Kollege von Ihnen ausgegeben.«
    »Lebt Ihre Mutter noch?« fragte Mathilde, um das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.
    »Ja. Aber wir haben keinen Kontakt. Schon lange nicht mehr.«
    »Haben Sie sonst Verwandte?«
    »Nein.«
    Stille. Mathilde betrachtete gedankenverloren einen Klecks Taubenkot auf der Balkonbrüstung. Sie genoß das Gefühl, mit ihm verbunden zu sein. Aber was redete man mit einem Häftling?
    »Was haben Sie heute noch vor?« Es klang, als wollte er sie zum Essen einladen.
    »Ich werde die Wohnung aufräumen, einkaufen gehen und mir eine Ausstellung im Sprengel-Museum ansehen.« Es kam Mathilde grotesk vor, auf ihrem Balkon zu stehen und mit einem Gefängnisinsassen über ihre Freizeitgestaltung zu reden. »Und was machen Sie heute noch?«
    »Ich werde dreimal ums Haus joggen, dann nehme ich ein Bad und lasse mir vom Zimmerservice das Menü bringen.«
    »Entschuldigung. Ich wollte nicht …«
    »Nein, nein. Ich verstehe das gut. Sie haben keine Ahnung, wie es im Knast ist.«
    »Nein, zum Glück nicht.«
    Unvermittelt sagte er: »Ich möchte Ihnen zu Ihrem Geburtstag gratulieren, Mathilde.«
    »Danke«, sagte Mathilde verblüfft.
    »Ich muß jetzt Schluß machen«, sagte er. Es klang hastig. War telefonieren verboten, gab es Zeitlimits?
    »Woher wissen Sie, daß ich …?«
    Aber er hatte schon aufgelegt, und Mathilde fühlte sich, als hätte man sie gerade um etwas Kostbares betrogen. Die Frage nach seiner Grabsteininschrift hatte er auch nicht beantwortet.
    Marion Klosa saß an ihrem Platz vor dem Monitor und aß blaue Weintrauben. Es war ruhig auf der Station, samstags hatten viele Häftlinge Besuch. Kusak war fort. Seinen Haftraum bewohnten nun zwei Marokkaner, Drogenkuriere, angeblich clean. Sie würde ein Auge auf die beiden haben.
    Marion Klosa wurde das Gefühl nicht los, daß Feller hinter dem Drogenfund in Kusaks Zelle steckte. Wenn schon. Sie würde sich hüten, da nachzuhaken. Bei Kusak paarte sich eine dunkelbraune Gesinnung mit dem Gehabe eines Mafiabosses aus einem billigen Film. Eine unerträgliche Mischung. Zudem hatte er die Russen um sich geschart. Die Rußlanddeutschen waren eine unzugängliche Problemgruppe, die ausschließlich den Gesetzen ihrer mafiös strukturierten Sippschaft gehorchte. Brach einer aus, konnte es ihn das Leben kosten. Nicht auszudenken, was los wäre, wenn so etwas auf ihrer Station passierte. Sofort würde es hintenherum heißen, daß weibliches Vollzugspersonal eben doch ein Sicherheitsrisiko darstellte. Um solches Gerede zu vermeiden, hatte sie auch Karims fadenscheinige Erklärung akzeptiert, die er für den Bruch zweier seiner Rippen bereitgehalten hatte: Er sei ausgerutscht und auf die Toilettenschüssel geknallt. Ein netter Kerl, aber naiv. Weigerte sich, Lesen und Schreiben

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