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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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hatte. Und Mathilde hatte ihren Banknachbarn bei nahezu jeder Klassenarbeit abschreiben lassen oder mit heimlichen Informationen unterstützt. In der elften Klasse hatte jedoch alles nichts mehr geholfen – Laurenz Weizengras verließ das Gymnasium, machte nach einigen Schlenkern auf der schiefen Bahn eine Mechanikerlehre und avancierte als »Lauda« zum bevorzugten Schrauber des Rotlichtmilieus.
    »Muß ich halt so lange mit dem Rad fahren«, meinte Mathilde.
    Er sah sie an wie ein Kind, das einen einfältigen Witz erzählt hat.
    »Du brauchst ein Auto«, widersprach er. »Wie wäre es mit dem da drüben?«
    »Das ist ein Porsche.« Mathilde war seinem Blick gefolgt.
    Lauda ging mit ihr zu dem silbergrauen Wagen hinüber. »Ein Targa 911S. Baujahr 1974, dreißig Jahre alt, hat aber immerhin schon 175 PS. Den richte ich mir gerade her. Das Kunstleder innen ist nicht mehr schön, da muß echtes rein, aber es dauert noch, ehe ich mich darum kümmern kann. So lange kannst du ihn fahren. Umsonst«, fügte er hinzu.
    Mathilde war keine Auto-Närrin, aber der alte Porsche hatte was. »Danke. Das ist sehr großzügig von dir.«
    »Ich bitte dich, Mathilde. Du gehörst doch zur Familie.« Das betonte Lauda jedesmal, und Mathilde nahm es stets mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis.
    Trotz der katastrophalen Unordnung in seinem Büro fand Lauda rasch die Papiere. Er händigte sie Mathilde aus und erklärte ihr die Eigenheiten des Fahrzeugs. Mathilde setzte sich ans Steuer. Lauda sah sie über die Wagentür hinweg an.
    »Falls du Probleme hast …«
    »Keine Sorge, ich bin technisch begabt, ich komme schon klar.«
    »Das meine ich nicht«, sagte Lauda ernst und wies mit dem Daumen auf den Golf. »Bist du sicher, daß das nichts Persönliches ist?«
    »Das waren bestimmt bloß ein paar Jugendliche aus Problemfamilien«, wehrte Mathilde ab.
    Er zog die Stirn in Falten. »Wenn du in Schwierigkeiten steckst, Mathilde, dann komm zu mir. Meine Jungs sind vielseitig begabt.«
    Den Abend verbrachte Mathilde mit der Korrektur von vierundzwanzig Spanischaufsätzen zum Thema Stierkampf. Allerdings gab es dabei nicht viel zu tun, denn die Abhandlungen glichen einander fast aufs Wort. Immerhin kennen sie sich im Internet aus, dachte Mathilde und seufzte. Diese träge, denkfaule Bande! Sie vermißte bei den Gymnasiasten die intellektuelle Neugierde. Sie wünschte manchmal, die Schüler würden aufmüpfiger sein, sie zum Diskurs herausfordern, anstatt im Schlafmodus den Unterricht über sich ergehen zu lassen, um sich nach einer Dreiviertelstunde endlich wieder die Stöpsel ihres i-Pod in die Ohren stopfen zu können. Die meisten Kollegen akzeptierten dieses Verhalten. Phlegmatische Schüler waren immerhin pflegeleicht. Nicht aber Mathilde. Na, wartet! Morgen würde sie diesem Haufen … Das Telefon klingelte. Lukas?!
    Sie meldete sich, aber es kam keine Antwort.
    »Hallo?«
    Stille.
    »Sprechen Sie doch, bitte!«
    Telefonierte er wieder von einem heimlichen Apparat, konnte er gerade nicht reden, weil jemand kam? Sie wartete. Leise Atemzüge waren zu hören. Seine?
    Sie preßte den Hörer ans Ohr und lauschte.
    »Laß deine dreckigen Finger von Lukas. Du wirst es sonst bereuen.« Dann wurde aufgelegt.
    Mathilde hätte nicht sagen können, ob die Stimme männlich oder weiblich gewesen war. Auf jeden Fall war sie verfremdet worden, vielleicht durch ein Rohr geflüstert. Das fängt ja gut an, dachte sie und öffnete eine Flasche Salice Salentino . Zur Beruhigung. Es dauerte ein paar Minuten, bis ihre Hände aufhörten zu zittern, und sie sich ein Glas Wein eingießen konnte.
    Treeske legte den Hörer auf. Peter hatte ihr die Kopfschmerzen abgenommen. Es war nicht einmal gelogen. Sie legte ihre kalten Hände an die Schläfen, bis das Pochen nachließ.
    Es war ihr Fehler gewesen. Und Fehler wurden bestraft. Sie hatte sich überschätzt und die hypnotische Kraft, die nach wie vor von Lukas Feller ausging, unterschätzt. Er gewann leicht Macht über Menschen und benutzte diese, um seine Opfer zu demütigen und zu entblößen. Aber er schaffte es auch, daß man sich schöner und größer als jemals zuvor vorkam.
    Niemand durfte davon erfahren. Denn damit würde sie sich selbst mehr schaden als ihm. Adieu Beamtenstelle. Lukas hatte das sofort erkannt und ausgenutzt. Das Seltsame war, daß sie ihn dafür nicht hassen konnte. Schwäche reizte seinen Sadismus, wie hatte sie das vergessen können? Moral ist nur eine Erfindung, um die Schwachen zu

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