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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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schützen …
    War es die Schuld des Tigers, wenn sich jemand zu ihm in den Käfig wagte und prompt gefressen wurde?
    Sie war müde und fürchtete sich gleichzeitig vor dem Schlaf. Sie träumte von ihm. Träume voller Gewalt und Erotik, ein Kreislauf aus Angst und Lust. Sie fühlte sich wie eine Alkoholikerin, die nach Jahren der Abstinenz wieder zum Glas gegriffen hatte.
    Sie rollte sich auf dem Sofa zusammen und zog die Decke über sich. Trotzdem fror sie.
    Friert’s dich Marie?
    Und doch bist du warm.
    Was heiße Lippen du hast!
    Lukas mochte dieses Stück. Dreimal hatten sie es sich zusammen angesehen. Er hatte sie oft Marie genannt, und ihr in leidenschaftlichen Momenten diese Textstelle ins Ohr geflüstert. Es war die Stelle, kurz bevor Woyzek seine Marie umbringt.
    Leona und Mathilde nahmen noch einen Schluck Sekt.
    »Willkommen im Kanzlerviertel.«
    »Danke für den Tip.«
    Leona strahlte. Gerade hatte sie mit dem Eigentümer die Wohnung der verstorbenen Landtagsabgeordnetenwitwe besichtigt und war mit ihm einig geworden.
    Das Telefon klingelte. Mathilde sprang auf.
    »Mathilde Degen.«
    »Guten Abend, Mathilde.«
    Endlich.
    »Entschuldige mich kurz«, flüsterte sie Leona zu und zog sich mit dem Telefon in ihr Arbeitszimmer zurück.
    »Seit Sie bei mir waren, muß ich oft an Sie denken.«
    Warum rief er dann erst jetzt an? Fünf Tage waren seit ihrem Besuch vergangen. Fünf!
    »Ja, es war …« Ihr fiel kein passendes Wort ein. Sie wünschte sich, er würde weitersprechen, egal was, sie wollte nur seine Stimme hören, diesen samtigen Flügelschlag an ihrem Ohr.
    »Ich störe Sie, Sie haben Besuch. Ich rufe lieber ein andermal wieder an.«
    »Nein«, protestierte Mathilde eine Spur zu heftig. »Ich meine, ja, ich habe Besuch, aber es ist nur meine Kollegin, Sie stören nicht.«
    »Werden Sie mich noch einmal besuchen kommen?« fragte er.
    »Ja«, sagte Mathilde, die sich soeben eingestand, daß sie auf genau diese Frage sehnsüchtig gewartet hatte. Daß sie gefürchtet hatte, sie würde womöglich ausbleiben. Sie verabredeten sich für den Mittwoch der folgenden Woche.
    »Würden Sie etwas für mich tun?« fragte er.
    »Was?«
    »Ich hätte gerne ein Foto von Ihnen.«
    Mathilde überlegte. Wann war in letzter Zeit, in den letzten Jahren, ein Foto von ihr gemacht worden? Das ist einer der wenigen Nachteile des Alleinlebens, dachte sie. Man ist niemandem wichtig genug für ein Foto.
    »Ich weiß gar nicht, ob ich eines habe«, entgegnete Mathilde.
    »Bestimmt haben Sie eines. Auf Wiedersehen, Mathilde.« Das Knacken der Leitung war wie ein Messerschnitt.
    Nachdenklich ging sie zu Leona in die Küche zurück.
    »Hallo Glühwürmchen«, grinste Leona.
    Verlegen berührte Mathilde ihre Wangen. »Das kommt vom Sekt. Ist noch was da?«
    Leona füllte die Gläser nach. »Du verheimlichst mir doch nichts, oder?« fragte sie und drohte mit dem Finger.
    »Nein, aber die Gespräche mit meiner Mutter sind selten erbaulich.«
    »Von wegen, Mutter. Ich durchschaue dich. Wie lange läuft das schon?«
    »Was?«
    »Das mit dir und Florian.«
    »Seit letztem Sommer. Es ist nichts Ernstes.«
    »Nein?«
    »Nein. Wie könnte es? Er ist doch noch ein halbes Kind.«
    »Möchten Sie, daß ich Ihnen von einem meiner Morde erzähle?«
    Mathilde zuckte zusammen. Sie sah sich im Besucherraum um. Es war ruhig dieses Mal. Zwei Paare flüsterten miteinander, die wachhabende Beamtin hinter der Scheibe sah teilnahmslos drein oder tat wenigstens so.
    Ein junger Mann, der auf jemanden zu warten schien, fing Mathildes Blick auf und grinste. Mathilde erschrak. Jemand, der sie erkannt hatte? Strähniges Haar, Pickel, tief in den Höhlen liegende Augen. Sie drehte rasch den Kopf weg und wünschte, sie wären allein.
    Heute war der 6. Oktober, es war ihr dritter Besuch. Es schien sich ein zweiwöchiger Rhythmus einzupendeln, ohne daß sie sich darüber verständigt hätten. Er trug Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Das Schwarz ließ seine ausgeprägten Züge noch schroffer erscheinen. Ihr war, als hätte er abgenommen in den zwei Wochen, in denen sie ihn nicht gesehen hatte. Schon letztesmal hatte er ein T-Shirt getragen, und sie hatte die Tätowierung an seinem rechten Oberarm bemerkt.
    »Es ist das Zeichen der Fremdenlegion«, hatte er erklärt.
    »Ein Leuchter?«
    »Eine sich öffnende Granate, aus der sieben Flammen züngeln.«
    »Aha.«
    »Eine Jugendsünde.«
    »Sie haben mir noch gar nicht erzählt, warum Sie so lange bei der Fremdenlegion

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