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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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die Haare in der Dusche, die Brötchenkrümel in der Küche, sein Krempel überall, sein Konsumwahn, sein Seminaristinnen-Harem und seine Anwesenheit, wenn ich lieber alleine wäre«, brach es aus Mathilde heraus. Sie mußte sich eingestehen, daß aus ihren leidenschaftlichen Gefühlen für Lukas etwas Lauwarmes geworden war. So lange er unerreichbar gewesen war, war er ein Held gewesen, nach dem man sich in Sehnsucht verzehren konnte. Aber Helden schrumpfen aus der Nähe betrachtet ganz rasch zu gewöhnlichen Menschen. Schon störten sie Dinge, die sie am Anfang nicht wahrgenommen hatte. Lappalien nur, aber davon täglich mehr. Die Kulisse stimmt nicht mehr, dachte sie. Es häuften sich die Gelegenheiten, bei denen sie sich wünschte, die Zeit zurückdrehen zu können.
    »Es sind immer die Kleinigkeiten, die einen wahnsinnig machen«, sagte Leona.
    »Kleinigkeiten nennst du das?«
    »Im Vergleich zu seiner Vorgeschichte.« Mathilde zuckte die Schultern, und Leona seufzte: »Mörder hin oder her – ich wäre froh, wenn Jens halb soviel Charisma hätte wie Lukas.«
    »Warum bist du dann noch mit ihm zusammen?«
    »Die alte Geschichte vom Spatz in der Hand …«
    »Wie romantisch«, bemerkte Mathilde.
    »Das nennt man erwachsen werden«, versetzte Leona und leckte den Milchschaum von ihrem Löffel. »Es ist doch normal, daß das Ganze nach einer Weile etwas abkühlt.«
    Als ob »normal« ein Trost wäre, dachte Mathilde und sagte: »Ich habe zur Zeit ganz andere Sorgen.«
    »Noch keine neue Stelle in Aussicht?«
    Mathilde schüttelte müde den Kopf.
    Es war inzwischen Juni, und sie war noch zu keinem einzigen Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Von den staatlichen Gymnasien hatte sie schon sechs Absagen erhalten, alle mit dem Hinweis, man würde ja sehr gerne neue Lehrkräfte einstellen, aber man habe keine zusätzliche Stelle bewilligt bekommen.
    »Nein, nichts. Mit zweiundvierzig bist du in diesem Land weg vom Fenster.« Sie sah auf die Uhr und trank ihren Kaffee aus. »Ich habe übrigens Herrn Suong gekündigt. Ich muß jetzt sparen, wo es geht. Es tut mir leid.«
    »Das macht doch nichts.«
    »Doch, es macht was. Aber es muß sein.« Mathilde winkte der Bedienung. »Zahlen, bitte.«
    »Laß mich das übernehmen«, sagte Leona.
    »Siehst du, so weit ist es schon gekommen.«
    Am Abend brachte er ein Bild mit nach Hause. Es war eine Landschaft, vielleicht ein Moor. Himmel und Erde flossen rot ineinander, im Vordergrund streckte ein schwarzer Baum flehend seine verstümmelten Äste in den Himmel.
    »Mein erstes Produkt unter der Anleitung deiner Mutter.«
    Mathilde lächelte tapfer bei dem Gedanken, daß er das Werk bestimmt irgendwo aufhängen wollte. Womöglich neben ihre Franz-Politzer-Radierungen.
    »Mir wollte sie auch immer das Malen und Bildhauern beibringen. Aber ich war völlig untalentiert, zumindest in ihren Augen. Wie ist denn der Unterricht bei ihr?«
    »Sie macht das toll«, sagte Lukas. »Sie ermutigt und motiviert mich, obwohl ihr klar sein muß, daß es bestenfalls mittelmäßig ist, was ich da fabriziere.«
    »Aber nein, es gefällt mir«, log Mathilde.
    »Vielleicht sollte ich sie in meine Seminare einbinden.«
    »Franziska? Nein. Auf keinen Fall! Nicht hier! Sie verbreitet in einer Stunde mehr Chaos als dein ganzer Hühnerhaufen an einem Wochenende.«
    »Das war ein Scherz«, grinste er. »Inzwischen weiß ich genug von euren Animositäten.«
    Mathilde mochte sich lieber gar nicht erst vorstellen, was Franziska so alles vom Stapel ließ, wenn sie und Lukas zusammen im Atelier herumkünstlerten. »Du darfst ihr kein Wort glauben von dem, was sie über mich sagt, versprich mir das!«
    Seit Mathildes letztem Besuch bei ihrer Mutter waren über zwei Wochen vergangen. Regelmäßige Kontrollbesuche zur Abwendung schlimmster Schäden erschienen ihr nun nicht mehr notwendig. Haus und Garten wurden von Erich Kunze in Ordnung gehalten, und auch Franziska selbst machte in letzter Zeit einen aufgeräumten Eindruck. Leider ging mit Franziskas neuer Religiosität eine gewisse Humorlosigkeit einher. Neulich hatte Mathilde gefragt, ob ihre neue Haarfarbe »Assisi-braun« hieße, und schon war sie eingeschnappt gewesen.
    Außerdem war ja Lukas, ihr Meisterschüler, zweimal die Woche zum Malunterricht bei ihr und konnte dabei ein wenig nach dem Rechten sehen. Franziska schien inzwischen völlig hingerissen zu sein von ihrem Schwiegersohn. Das wunderte Mathilde nicht. Es war noch nie eine große Kunst gewesen,

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