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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Hände, und auch ihr Haar dürfte schon gepflegter gewirkt haben. Aber sie hatte noch genug intus, um sich deswegen nicht übermäßig zu genieren. »Ich sehe wahrscheinlich aus wie Kaspar Hauser und rieche wie Mutter Courage«, stellte sie fest und kicherte. »Aber das stimmt gar nicht«, korrigierte sie sich. »Mutter Courage hat nicht gesoffen, sie hat nur Schnaps verkauft. Tolle Frau, nicht wahr?«
    »Bit–te?« fragte die Maklerin und bekam einen sehr spitzen Mund.
    »Wie ging das noch gleich, das Lied vom Fraternisieren? Ich haßte ihn am Tage / Und nachts, da liebte ich ihn doch «, krächzte Mathilde. Ihre Stimme konnte es auf jeden Fall mit der von Mutter Courage aufnehmen.
    »Darf ich fragen …«, setzte die Maklerin erneut an, aber Mathilde war nicht in der Verfassung, Erklärungen abzugeben. Sie ließ die drei stehen und strebte zur Haustür. Das Sonnenlicht löste eine neue Kopfschmerzattacke aus. Die Hand über die Augen gelegt, stakste sie durch den Vorgarten und den Gehweg hinunter. Es war ein Zufall, daß sie in die Richtung ging, in der, gleich hinter der nächsten Ecke, ihr Wagen stand. Erfreut erkannte sie ihn und fand nach einiger Mühe auch den Wagenschlüssel in der Handtasche. Sie versuchte sich gerade an der Aufgabe, den Zündschlüssel ins Schloß zu stecken, als sich eine Pranke schwer auf ihre Schulter legte.
    »Mathilde!«
    Langsam drehte sie den Kopf. »Lukas«, stellte sie fest, und endlich schaffte sie es, den Schlüssel im Zündschloß zu versenken. »Laß mich in Ruhe, ich fahre jetzt nach Hause.«
    Er zog sie aus dem Wagen, führte sie um das Auto herum und drückte sie auf den Beifahrersitz. Dann legte er ihr den Gurt an und fuhr los.
    Mathilde machte die Augen zu, preßte die Hände an die Schläfen und ließ ihn fahren, wohin er wollte.
    Gerd Hanke sah aus wie ein Metzger, führte jedoch einen Frisörsalon und ging mit Treeskes Vater zum Angeln. Anfangs nahm Treeske seine schmierigen Komplimente gleichgültig hin. Mit fast fünfzig Jahren war der Mann in ihren Augen schon ein Greis. Eines Nachmittags, als Treeske gerade ihr Fahrrad aus der Garage holen wollte, tauchte er wie aus dem Nichts vor ihr auf. Er drückte sie auf die Motorhaube des Kadetts und schob ihr seine Hand, mit der er sonst den Fischen den Haken aus dem Maul riß, zwischen die Beine. Treeke biß, trat und schlug so vehement um sich, daß er von ihr abließ.
    »Das erzähle ich meinem Vater!« schrie sie außer sich vor Wut.
    Hanke grinste böse. »Tu das. Dann erzähle ich ihm, daß du mit dem jungen Feller rumfickst«, entgegnete er. »Du bist noch lange keine sechzehn, dafür wandert er in den Knast.«
    Treeske starrte ihn haßerfüllt an.
    Er wandte sich zum Gehen.
    »Am Montag um drei Uhr in der Hütte im Schrebergarten«, sagte er zum Abschied.
    Am nächsten Morgen berichtete sie Lukas davon. Sein Gesicht wurde zu Stein. Er wird ihn verprügeln wie seinen Boxsack! Die Zähne soll er ihm ausschlagen, diesem Schwein. Um Lukas’ Zorn anzufachen, schluchzte sie. »Was soll ich denn jetzt bloß machen?«
    »Was schon?« antwortete Lukas. »Willst du, daß ich im Knast lande?«
    Ihre Hände strichen über kühlen glatten Stoff. An ihrer Seite nahm sie das Licht einer Nachttischlampe wahr. Das Fenster war ein schwarzes Rechteck. Es mußte Abend sein. Oder Nacht. Wie war sie in dieses Bett gekommen?
    »Wie geht’s?«
    Sie drehte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Eine heiße Nadel fuhr durch ihren Schädel.
    Lukas beugte sich über sie. Er reichte ihr ein Glas Wasser. Es gelang ihr kaum, es ruhig in den Händen zu halten. Doch sie trank alles aus, und das Hämmern in ihrem Kopf ließ nach einer Weile stillen Liegens und Sinnierens nach. Was immer in dem Wasser gewesen war, es sickerte in ihr Hirn, löste den Schmerz auf, zerfraß ihre Ängste. Sie schloß die Augen. Träume und Trugbilder krochen heran wie Amphibien. Lukas lag neben ihr, auf einem Bett, eine pantherhafte Gestalt, die sich im Erwachen lässig räkelte, seine Blicke ließen heiße Spuren auf ihrer Haut zurück, sie spürte eine Welle des Verlangens auf sich zurollen und verlor sich in ekstatischen Bildern.
    Als sie die Augen wieder öffnete, war das Fenster hellgrau. Ein Sonnenstrahl fiel flach herein und beleuchtete den mannshohen Stapel Hutschachteln, der sich über die gesamte Länge der Wand erstreckte. Neben dem Bett standen Umzugskartons, ein Korb mit Wäsche, eine Schublade voll mit Papieren. Es waren Fotos und

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