Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
noch nie einen Betrug, und ich hatte das Gefühl, als teile sich das Bett in zwei Teile, und ich versuchte, eine Hand auf seine Seite zu legen, doch die Mauer stieß mich zurück, und wieder weinte ich, was hast du getan, was hast du getan, denn auch wenn ich ihn manchmal nicht ertragen konnte, weder ihn noch unser Leben, hätte ich doch nie geglaubt, daß ich ihn betrügen würde, größer als die Liebe zwischen uns war immer die Gemeinsamkeit des Schicksals, und ihn zu betrügen bedeutete nichts anderes, als das Schicksal zu betrügen. Manchmal hatte ich mich schon dabei ertappt, von einem anderen Leben zu träumen, aber so, wie man von einem Wunder träumt, von etwas Übernatürlichem, das sich dem eigenen Zugriff und der eigenen Herrschaft entzog, und jetzt war meine Welt in Aufruhr, und ich wußte nicht, wie ich sie beruhigen sollte, und ich versuchte es wie mit Schiras Katze, ich würde es immer ableugnen, und am Schluß würde die Lüge die Wahrheit verdrängen, aber diesmal beruhigte mich das nicht, denn Schiras Kater war tot, doch Arie Even lebte, und solange er lebte, lebte auch mein Betrug, und auch meine Demütigung lebte, und auch die Liebe, die aus mir aufstieg wie bitterer grünlicher Magensaft, ja, warum sollte ich es bestreiten, das war das richtige Wort.
#
3
Nur noch ein einziges Mal, versprach ich mir, dieses eine Mal, das das vorherige auslöschen und die Demütigung in einen Sieg verwandeln wird, wie lange konnte man mit dieser Erinnerung an die erhobenen Hände an der Tür leben, Hände, die sich an den kalten Kleiderhaken festhielten, schließlich gab es keinen Unterschied zwischen einmal betrügen oder zweimal, die beiden Sünden würden im selben Käfig landen, und wenn ich es schon getan hatte, sollte mir wenigstens eine süße Erinnerung bleiben, keine bittere, erstickende.
Komm, lassen wir es so, sagte er, als ich ihn schließlich anrief, zitternd vor Erregung. Was heißt das, so, fragte ich, und er sagte, so, wie es ist, und ich sagte, aber ich muß dich sehen, und er sagte, glaub mir, Ja’ara, besser lassen es wir so.
Was sollte das heißen, so, sollte ich den ganzen Tag mit einem einzigen Gedanken im Kopf herumlaufen, einem Gedanken, der sich im Gehirn festgesetzt hatte und nicht lockerließ, manchmal fiebrig, manchmal klopfend, manchmal sich wendend und manchmal flehend und dann wieder ein bißchen versteckt, doch sobald ich erleichtert aufatmete, überfiel er mich wieder mit orkanartiger Gewalt, wie der Wintersturm, der plötzlich eingesetzt hatte und naß und hungrig die kleinen Fenster aufriß und spöttisch hinter meinem Rücken atmete, und Joni sagte, aber früher hast du den Winter geliebt, und ich antwortete gereizt, aber heute hasse ich ihn, na und, darf ich mich nicht ändern, muß ich etwa bis zu meinem Tod gleich bleiben, und seine Augen sagten, aber du hast mich mal geliebt, mich, mich, mich.
Wie konnte ich ihn wiedersehen, ich war sicher, nur wenn ich ihn wiedersah, würde ich mich von ihm befreien können, und ich trieb mich überall herum, wo ich ihn zufällig treffen könnte, ich ging bei dem Laden vorbei, die Schaufensterpuppe trug schon einen dicken Wintermantel, ich stieg wieder und wieder die Treppe zu meinen Eltern hinauf, rannte mit klopfendem Herzen in das dämmrige Wohnzimmer, wie ruhig hatte er hier, bewirtet von meinem nervösen Vater, in dem großen Sessel gesessen, hatte das Zimmer mit seinem Rauch erfüllt, wie einfach war es gewesen, ihn zufällig zu treffen, ohne Anstrengung, ohne Absicht, und jetzt kam mir alles so hoffnungslos vor, nie wieder würde er die nassen Stufen hinaufsteigen und auch nie wieder vor dem glänzenden Spiegel hin und her gehen und zufrieden seine Rückseite betrachten.
In einer Nacht fiel mir eine Lösung ein, und ich war fast glücklich. Mir wurde klar, daß mein Vater derjenige war, der hier etwas unternehmen mußte, es handelte sich nicht um eine langwierige Anstrengung, sondern um etwas Einfaches, Glattes, nämlich sein Leben abzuschneiden, also zu sterben. Wenn er sterben würde, würde Arie bestimmt zu seiner Beerdigung kommen, und ich würde an seiner Schulter weinen, ich würde mich an ihn drücken, als wäre er mein neuer Vater, und er würde mir nichts abschlagen können. Die Frage war nur, was mein Vater dazu sagen würde, jetzt hing alles von seinem guten Willen ab. Morgen früh werde ich zu ihm gehen und ihn fragen, dachte ich, Papa, die Stunde der Wahrheit ist gekommen, wieviel bin ich dir wert? Vielleicht
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