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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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in das kleine Zimmer eintreten konnte. Hilflos stehe ich vor den Geheimnissen des Rolladens, schon immer hat dieses Zimmer ein beklemmendes Gefühl in mir geweckt, eine Enge im Hals, und jetzt dringt plötzlich ein Wimmern zu mir heraus, ich reiße erstaunt den Mund auf, wie kann das sein, es wohnt doch niemand hier, wie ist dieses arme Lebewesen ins Haus gekommen, die Rolläden sind heruntergelassen und die Türen verschlossen. Wieder gehe ich um das Haus herum, versuche hineinzuspähen, ohne etwas zu sehen, nur aus dem Schlafzimmer dringt wieder das Wimmern einer Katze, schon bin ich überzeugt, daß es meine Schuld ist, ich habe dort ein kleines Kätzchen vergessen, vor vielen Jahren, wunderbarerweise ist es dem Tier gelungen, bis heute am Leben zu bleiben, und jetzt fleht es mich mit letzter Kraft an, es herauszuholen, und vor lauter Schreck laufe ich weg, wieder einmal, ich renne den schmalen Weg entlang, meine Hand tastet schon in der Tasche nach dem Schlüssel, warum bin ich überhaupt hierhergekommen, niemand braucht mich hier, nur zu Hause werde ich gebraucht, Noga macht sich bestimmt schon Sorgen, warum ich noch nicht von der Arbeit zurückgekommen bin, es ist spät, und er schimpft mit ihr, anstatt sie zu beruhigen, und der Gedanke daran, daß sie allein zu Hause sind, ohne mich, bedrückt mich auf der ganzen Rückfahrt.
    Der warme, scharfe Geruch nach gebratenen Zwiebeln empfängt mich, als ich ängstlich die Stufen hinauflaufe, meine Muskeln schmerzen, als hätte ich den ganzen Weg rennend zurückgelegt, schon wieder die Nachbarin von gegenüber mit ihrer Kocherei, denke ich, aber nein, der Geruch kommt aus unserer Küche, verbindet sich mit dem Bild, das mir vor kurzem plötzlich vor den Augen stand, Udi rührt mit einem großen Holzlöffel in der Pfanne, in dieser seltsamen Haltung, die er in der Küche immer einnimmt, auf einem Bein stehend, in Unterhose und diesem zerrissenen blauen T-Shirt, schon seit Jahren dränge ich ihn, das Ding wegzuwerfen, aber er lehnt es ab, mit Recht, er sieht darin sehr schmal und jugendlich aus, um Jahre jünger als ich, und er sieht auch sehr gesund aus, die alte östliche Medizin hat ihm offenbar auf der Stelle geholfen. Noga steht neben ihm, über die Anrichte gebeugt, und schneidet Tomaten, sie hat die Lippen vor Anstrengung vorgeschoben, alles macht ihr Mühe, die Tomaten nicht fallen zu lassen, sich nicht in die Finger zu schneiden, aber ihre Augen sind schmal vor Vergnügen. Erstaunt betrachte ich die beiden, es ist, als wäre ich versehentlich bei einer anderen Familie gelandet, so oft habe ich mich nach diesem Anblick gesehnt, jetzt wirkt er lähmend, fast beleidigend, und statt mich zu freuen, fühle ich mich auch hier überflüssig, was soll das bedeuten, da kehre ich fast widerwillig zu ihnen zurück, und es stellt sich heraus, daß sie ohne mich viel besser zurechtkommen.
    Noga beschwert sich vergnügt, du bist zu früh gekommen, Mama, wir machen dir eine Überraschung, und ich trete zum Herd und schaue in die Pfanne, dir verbrennt was, Udi, sage ich, kleingeschnittener Knoblauch raucht zwischen geviertelten, noch harten Zwiebeln, wie oft habe ich ihm schon zu erklären versucht, daß man den Knoblauch erst in die Pfanne tut, wenn die Zwiebeln schon angebräunt sind, er will es einfach nicht verstehen, er glaubt wohl, seine Sturheit würde siegen und die Zwiebeln würden sich ebenfalls seinen Wünschen fügen, wie ich, wie Noga, und als ich die verbrannten Knoblauchstückchen sehe, werde ich zornig, er lernt einfach nichts, er steht da in seiner Storchenstellung und rührt in der glühendheißen Pfanne, und statt seinen Irrtum einzugestehen, schimpft er schon mit Noga, immer gibt er anderen die Schuld. Was ist mit den Tomaten, fährt er sie an, wie lange brauchst du noch, siehst du nicht, daß alles gleich verbrennt? Sie hält ihm ergeben die wäßrigen Stücke hin, aber ich kann mich nicht beherrschen und sage, Udi, die Zwiebeln sind noch nicht soweit und der Knoblauch ist schon ganz verkohlt, wie oft habe ich dir schon gesagt, daß man die Zwiebel vor dem Knoblauch anbrät, man darf Zwiebeln und Knoblauch nicht gleich zusammen in die Pfanne tun.
    Plötzlich krampft er sich zusammen, als hätte er einen schweren Schlag abbekommen, die Pfanne zittert in seiner Hand, gleich wird er sie schwenken wie einen Tennisschläger, er wird sie auf den Boden schleudern und der fettige Inhalt wird herausspritzen, und schon weiche ich zurück, ziehe Noga mit mir, aber er

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