Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
koche vor Wut, wenn du stark genug bist, eine Gruppe durch den Negev zu führen, dann kannst du wohl auch mit uns ins Restaurant gegenüber gehen. Er seufzt, widerspricht aber nicht, ich stelle heute Knospen der Nachgiebigkeit an ihm fest, ihm fehlt sein alter Zorn, vermutlich ist das erstrebenswert, aber es weckt in mir einen seltsamen Abschiedsschmerz, wie am Ende des Sommers, denn trotz aller Klagen über die brennende Sommersonne empfindet man doch Bedauern, wenn sie langsam kühler wird. Los, gehen wir ins Restaurant, ruft Noga, aber ihre Begeisterung erlischt, als sie mein besorgtes Gesicht sieht, ich gehe hinter ihm her ins Zimmer, eine verlegene Frage schaukelt auf meiner Zungenspitze, liebst du mich noch, ich sehe, wie er eine kurze Hose über die Unterhose zieht, wie zwei Fahnen hängen sie über seine schmal gewordenen Hüften, flattern bei seinen Schritten hin und her, angespannt verfolge ich seine Bewegungen, seit Wochen hat er das Haus nicht verlassen, er soll es nur nicht bereuen, er soll bloß nicht hinfallen, damit sich diese festliche Gesundungszeremonie nicht vor unseren Augen in Luft auflöst.
Wo sind meine Sandalen, fragt er, und ich fange an, überall in der Wohnung nach ihnen zu suchen, schon lange hat er sie nicht mehr angehabt, wo können sie stecken, sie sind nicht in der Schublade im Schrank, sie sind nicht unter dem Bett, fieberhaft suche ich, als hinge unser aller Leben davon ab, wie sehen sie überhaupt aus, zwei braune glatte Riemen, er wird schon nervös, barfuß kann ich nicht gehen, er lehnt an der Wand, das Stehen scheint ihm schwerzufallen, wie soll er morgen eine Tour führen? Ich gehe gleich wieder ins Bett, droht er, ich muß mich ausruhen, er fährt sich mit den Fingern durch die fettigen Haare, und Noga fleht, warte, Papa, warte, und läuft in ihr Zimmer, wühlt im Schrank, und ich folge ihr, was machst du da, warum sollten seine Sandalen in ihrem Schrank sein? Sie wird rot, ich habe sie mal versteckt, sagt sie, aber du mußt mir schwören, daß du es ihm nicht verrätst.
Ihre Kleidungsstücke fliegen durch die Gegend, ihr Schrank wird leer, und ich sage leise, bist du komplett verrückt geworden, warum hast du sie denn versteckt? Sie wimmert, ich habe geträumt, er würde uns verlassen, vor ein paar Tagen war das, da habe ich seine Sandalen genommen, damit er nicht weggehen kann, ohne es mir zu sagen, aber ich erinnere mich nicht, was ich mit ihnen gemacht habe, es war mitten in der Nacht, ich habe noch halb geschlafen. Hilflos betrachte ich den Kleiderhaufen, da kann man nichts machen, auf uns dreien ruht ein Fluch, denn das sind wir, drei Personen, keine Familie, wir schaffen es noch nicht einmal, zusammen aus dem Haus zu gehen, erschöpft strecke ich mich auf ihrem Bett aus, beobachte gleichgültig ihre Anstrengungen, auch ich bin plötzlich ruhig, ich bin nicht verantwortlich für das, was hier passiert, sage ich mir, ich bin nur eine von dreien, früher, als Kinder, haben wir unsere schmutzigen Hände aufeinandergelegt und gesagt, drei werden eins.
Unbehaglich rutsche ich auf ihrer Matratze hin und her, versuche, die seltsamen Beulen zu glätten, die aus ihr herauswachsen, was ist los mit dieser Matratze, fauche ich Noga an, sie ist ganz neu, und schau nur, was für Buckel sie hat. Ich setze mich auf und versuche, die Matratze anzuheben, Noga, es ist kaum zu glauben, schau, schau, was du getan hast, unter der Matratze lugen braune Riemen und dicke, grobe Sohlen hervor, wie hast du so überhaupt schlafen können, auf seinen Sandalen, und sie wird rot und murmelt, du darfst es Papa nicht sagen, denk dran, und ich sage, mach dir keine Sorgen. Ich schwenke die Sandalen mit gespielter Freude, wir haben sie gefunden, Udi, komm, wir können gehen, aber er antwortet mir mit einem Schnarchen, zwei Sägen, die sich gegenseitig zu winzigen Stückchen zersägen, er hört mich nicht mehr, er hört sich selbst nicht mehr, er ist auf dem Wohnzimmersofa eingeschlafen, sein langer, schmaler Rücken blickt uns zweifelnd entgegen, seine schönen Beine schmiegen sich aneinander wie zwei verlassene junge Katzen.
#
13
Was suche ich hier zwischen den Sträuchern, warum zögere ich vor dem Tor, strecke die Hand aus, um den Code einzutippen, und ziehe sie gleich wieder zurück, ich laufe die Straße entlang zu meinem Auto, als hätte ich etwas vergessen, nur um ihr die Gelegenheit zu geben, mich, falls sie sich irgendwo versteckt, zu rufen, plötzlich aus irgendeiner Ecke zu mir zu
Weitere Kostenlose Bücher